Europäische Zentralbank: Thronanwärter z. Hd. die EZB

Früher pflegte man zu sagen, eine öffentliche Bewerbung für die Präsidentschaft einer Zen­tralbank sei ein sicherer Garant für die Wahl eines anderen Kandidaten. Nun ist heute manches anders als früher, aber auffällig bleibt die öffentliche Bekundung von EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel, sie würde die Präsidentschaft übernehmen, zumal die Amtszeit Christine Lagardes noch rund zwei Jahre läuft.

Als ein Argument für eine frühe Positionierung wird gerne das Ende der Amtszeit von Vizepräsident Luis de Guindos im kommenden Jahr genannt, denn das Land, dessen Vertreter den künftigen Vizepräsidenten stellt, kann nicht auch noch die Präsidentschaft beanspruchen.

Es mag aber noch einen zweiten Grund für eine frühe Positionierung geben: In Frankfurt kursieren seit geraumer Zeit Spekulationen, Lagarde plane schon vor dem Ende ihres Vertrags zu gehen. Diese Spekulationen werden gelegentlich mit der Überlegung angereichert, Lagarde könnte versucht sein, in der kommenden Präsidentschaftswahl in Frankreich als eine Kandidatin der Mitte eine Präsidentschaft aus den Reihen der Rechtspopulisten zu verhindern. Zwar besäße Lagarde keinerlei politische Hausmacht in der französischen Parteienlandschaft, aber heutzutage ist ja manches anders als früher.

Das Interesse Schnabels ist zudem pikant, weil auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel ein reges Interesse an der EZB-Präsidentschaft nachgesagt wird. Als Sozialdemokrat dürfte Nagel auf die Unterstützung des Bundesfinanzministers bauen, aber vielleicht gelingt es ja Schnabel, den Bundeskanzler von ihrer Kandidatur zu überzeugen. Geeignet für die EZB-Präsidentschaft wäre Schnabel ebenso wie Nagel.

Dabei steht überhaupt nicht fest, dass es der Bundesregierung gelingen wird, eine deutsche Kandidatur durchzusetzen. Wer immer Lagarde eines Tages nachfolgt, wird vor erheblichen Herausforderungen stehen. Die in vielen Ländern stark gestiegene Staatsverschuldung dürfte sich früher oder später als eine erhebliche Herausforderung für die Unabhängigkeit der Geldpolitik erweisen. Belastbare Regeln für eine geordnete Staatsinsolvenz fehlen immer noch. Da hat sich im Vergleich zu früher leider nichts geändert.

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