EU-Recht: Frontex ist laut Urteil haftbar zu Gunsten von Grundrechtsverletzungen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass die europäische Grenzschutzagentur Frontex für Grundrechtsverletzungen bei Abschiebungen haftbar gemacht werden kann. Nach EU-Recht sei Frontex verpflichtet, während sogenannter Rückkehraktionen die Grundrechte der betroffenen Asylsuchenden zu schützen, urteilten die Richterinnen und Richter. Dazu gehört unter anderem, dass geprüft wird, ob für alle Betroffenen gültige Rückkehrentscheidungen vorliegen.

In einem konkreten Fall muss nun das Gericht der Europäischen Union (EuG) – eine Instanz unterhalb des EuGH – erneut prüfen, ob eine syrisch-kurdische Familie Anspruch auf Schadenersatz hat. Die Eltern und ihre vier Kinder waren nur wenige Tage nach ihrer Ankunft auf einer griechischen Insel im Rahmen einer von Frontex koordinierten Rückkehraktion in die Türkei abgeschoben worden – trotz der Ankündigung, Asyl beantragen zu wollen. Aus Angst vor einer möglichen Abschiebung zurück nach Syrien floh die Familie später in den Irak.

Die betroffene Familie sah in der Rückkehraktion eine rechtswidrige Zurückweisung und forderte von Frontex Schadenersatz in Höhe von fast 140.000 Euro. Im Jahr 2023 wies das Gericht der Europäischen Union die Klage ab. Es begründete dies damit, dass kein direkter Zusammenhang zwischen einem möglichen Fehlverhalten von Frontex und dem geltend gemachten Schaden festgestellt werden konnte.

Erstes Gericht urteilte anders

Der EuGH sieht das anders: Er hält die Entscheidung des EuG für fehlerhaft, weil es davon ausgegangen war, dass Frontex den Mitgliedsstaaten nur technische und operative Unterstützung leiste und nicht prüfen müsse, ob eine gültige Rückkehrentscheidung für die Betroffenen vorliegt. Der EuGH hob außerdem hervor, dass mögliche Grundrechtsverletzungen während eines Rückführungsflugs nicht allein dem beteiligten Mitgliedsstaat, in diesem Fall Griechenland, zugerechnet werden können. Auch Frontex könne für solche Verstöße haftbar sein. Das erste Gericht habe daher die Rolle der Agentur bei der Rückkehraktion nicht richtig bewertet.

Darüber hinaus muss das Gericht der EU eine zweite Schadenersatzklage gegen Frontex erneut prüfen. Dabei geht es um einen syrischen Mann, der behauptet, Opfer eines Pushbacks geworden zu sein, und von der Grenzschutzagentur 500.000 Euro fordert. Seine Klage war zunächst abgewiesen worden, weil er den Schaden angeblich nicht nachweisen konnte. Der EuGH stellte nun klar, dass das erste Gericht hätte sicherstellen müssen, dass Frontex alle relevanten Informationen bereitstellt, die der Agentur zur Verfügung stehen.

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