EU-Digitalgesetz: Apple gerät in Brüssel weiter unter Druck

Dem amerikanischen Digitalkonzern Apple drohen voraussichtlich am schnellsten direkte Konsequenzen aus dem neuen EU-Digitalgesetz (Digital Markets Act, DMA). Die EU-Kommission hat Apple als erstem Unternehmen überhaupt mitgeteilt, dass es vermutlich gegen das DMA verstößt. Als Begründung nennt die EU-Wettbewerbsbehörde, dass die Auswahlregeln (Steering Rules) für Apples App Store Konkurrenten unverändert benachteiligen. Die Mitteilung folgt auf die Eröffnung eines DMA-Verfahrens gegen Apple, Alphabet (Google) und Meta (Facebook/Instagram) im März.

Sie entspricht der Verschärfung eines Kartellverfahrens, bedeutet also, dass das betroffene Unternehmen eine Strafe noch abwenden kann, aber nur wenn es das von der Kommission beanstandete Verhalten erheblich ändert. Ein Kartellverfahren dauert aber wesentlich länger, weil die Voraussetzungen dafür, einen vermuteten Verstoß gegen die EU-Wettbewerbsregeln zu verfolgen, deutlich höher sind als jene nach dem DMA.

Die im März eröffneten DMA-Verfahren gegen die anderen Digitalkonzerne laufen weiter, sind aber noch nicht verschärft worden. Zugleich werden auch schon früher eröffnete Kartellverfahren gegen Apple fortgesetzt, die auf ähnlichen Vorwürfen basieren wie das DMA-Verfahren.

Torwächter-Rolle soll nicht missbraucht werden

Das seit März von der Kommission angewendete Digitalgesetz soll dafür sorgen, dass die großen Digitalkonzerne ihre Position als „Torwächter“ (Gatekeeper) ihrer Plattformen nicht mehr missbrauchen, um Konkurrenten zugunsten ihrer eigenen Dienste zu benachteiligen. Im schon im März eröffneten Apple-Fall erinnert die Wettbewerbsbehörde daran, dass Entwickler, die ihre Apps über Apples App Store vertreiben, ihre Kunden kostenlos über günstigere Angebote informieren, sie im App Store dorthin leiten und ihnen ermöglichen können müssen, ihr Angebot zu erwerben. Nach den vorläufigen Kommissionserkenntnissen erlaubten dies Apples Auswahlregeln gerade nicht. So könnten die Entwickler im App Store keinerlei Preisinformationen veröffentlichen oder anders mit ihren Kunden kommunizieren.

Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sagte, angesichts der erstmaligen Verschärfung eines DMA-Verfahrens handle es sich um einen „sehr wichtigen Tag für die wirksame Durchsetzung des Digitalgesetzes“. Die Auswahlregeln seien für die App-Entwickler entscheidend, um weniger abhängig von den App Stores der Torwächter zu sein. Thierry Breton, der französische Industriekommissar, fügte hinzu, Apple müsse lernen, sich anders als bisher zu verhalten.

Ferner hat die EU-Behörde noch ein ganz neues DMA-Verfahren gegen Apple eröffnet. Sie bezweifelt, dass Apples sogenannte Kerntechnologiegebühr verhältnismäßig ist. Der Konzern führte im März mit neuen Geschäftsbedingungen unter anderem diese jährliche Gebühr ein. Sie beträgt 50 Cent für jede Erstinstallation einer App nach Überschreiten der Schwelle von einer Million Downloads in einem Zwölfmonatszeitraum.

Apple müsste alle kritisierten Praktiken ändern

Zugleich können Entwickler auch in dem bisherigen Modell bleiben, bei dem sie ihre Anwendungen weiterhin nur über den App Store von Apple vertreiben. Dann zahlen sie wie bisher eine Abgabe von 15 oder 30 Prozent von digitalen Erlösen innerhalb der App. Um dem Kommissionsvorwurf abzuhelfen, müsste Apple wohl alle beanstandeten Verhaltensweisen beenden.

Die Kommission will alle DMA-Verfahren grundsätzlich binnen zwölf Monaten abschließen, das wäre deutlich weniger als bei normalen Kartellverfahren. Für das Gebühren-Verfahren wäre der nächste Schritt eine Verschärfung, wie sie am Montag für die App-Store-Regeln erfolgt ist. Sollte die Kommission generell zu dem endgültigen Schluss kommen, dass Apple gegen den DMA verstößt, drohen Strafen von bis zu 10 Prozent des jährlichen Umsatzes – und bis zu 20 Prozent im Falle wiederholter Verletzungen. Als letzte Option steht auch eine Zerschlagung der Unternehmen im Raum. Am Ende könnten Gerichte über mögliche Strafen entscheiden.

Apple hatte erst am Freitag bekanntgegeben, seine jüngst angekündigten neuen KI-Funktionen vorerst nicht in die EU bringen zu wollen. Der Konzern hatte ausdrücklich auf „Unsicherheiten“ wegen des DMA verwiesen. Vor allem sei man besorgt, dass die DMA-Vorgaben zur Öffnung für andere Hersteller und Diensteanbieter den Schutz der Nutzerdaten beeinträchtigen könnten, hatte Apple am Freitag mitgeteilt. Zugleich gibt es eine Ausnahme, wenn dadurch die „Integrität“ der Dienste beeinträchtigt werden könnte.

Neue Funktion soll auch in Europa verfügbar sein

Es ist aber nicht klar, ob die Europäische Kommission Apples Sorgen um die Datensicherheit als Grund für eine solche Ausnahme akzeptieren würde. Der US-amerikanische Konzern betont, man sei in Gesprächen mit der EU-Kommission über eine Lösung und wolle die Funktionen auch in Europa verfügbar machen. In diesem Jahr werde es wohl aber nicht mehr dazu kommen.

Zur aktuellen Brüsseler Entscheidung teilte das Unternehmen am Montag mit, es habe schon in den vergangenen Monaten schon „eine Reihe von Änderungen vorgenommen, um dem DMA zu entsprechen“. Dies sei eine Reaktion auf das Feedback der Entwickler und der Kommission. „Wir sind zuversichtlich, dass unser Plan dem Gesetz entspricht, und schätzen, dass mehr als 99 Prozent der Entwickler mit unseren neuen Geschäftsbedingungen gleich viel oder weniger Gebühren an Apple zahlen werden“.

Alle Entwickler, die in der EU im App Store tätig seien, könnten die von Apple eingeführten Funktionen nutzen, darunter die Möglichkeit, App-Nutzer zum Abschluss von Käufen zu „sehr wettbewerbsfähigen Bedingungen“ ins Internet weiterzuleiten. Das Unternehmen werde der Kommission weiterhin „zuhören und mit ihr zusammenarbeiten“.

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