Ob Anbiederung an Diktatoren oder Relativierung der Hamas-Gräueltaten: Der UN-Generalsekretär demonstriert mit seinen Auftritten nicht nur, dass er persönlich auf der falschen Seite der Geschichte steht. Er verspielt auch das letzte bisschen Glaubwürdigkeit der UN.
Als António Guterres zur Ukraine-Friedenskonferenz Mitte Juni in die neutrale Schweiz eingeladen worden war, hatte der UN-Generalsekretär abgesagt. Dabei hätte die Konferenz eigentlich ein Pflichttermin sein müssen.
Schließlich ging es darum, dem Land, das Opfer einer illegalen Aggression ist, den Rücken zu stärken, die Unverletzlichkeit seiner Grenzen und seine nationale Souveränität zu bestätigen. Schließlich sind die Vereinten Nationen und ihr Chef der oberste Hüter des internationalen Rechts und der multilateralen Weltordnung. Eine Selbstverständlichkeit, eigentlich.
Drei Monate später nahm Guterres eine andere Einladung an: Er reiste zum Brics-Gipfel nach Russland und nahm dort an Wladimir Putins Propaganda-Show teil. Guterres machte einen artigen Diener vor dem Mann, der vom Internationalen Strafgerichtshof mit Haftbefehl gesucht wird wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Ausgenommen herzlich ließ er sich auch vom dienstältesten Diktator Europas umarmen, dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko. Der UN-Chef hat es auch tunlichst unterlassen, Russland als Aggressor zu benennen. Deutlicher kann man eigentlich nicht machen, dass Guterres auf der falschen Seite der Geschichte steht und gerade dabei ist, das letzte bisschen Glaubwürdigkeit, das die UN bei manchen noch haben mag, zu verspielen.
Anstatt in Kasan deutliche Worte über den Gastgeber zu sagen, frönte der UN-Chef einer seiner seltsamen Obsessionen und setzte seine üblichen israelkritischen Tweets ab. Am Donnerstag betrauerte er dann den Tod eines UNRWA-Mitarbeiters in Gaza, obwohl seit einiger Zeit bekannt ist, dass es sich um einen Terroristen handelte, der am Massaker an israelischen Zivilisten teilgenommen hatte.
Und das war kein Ausrutscher, sondern beispielhaft für die Haltung von Guterres und vieler UN-Unterorganisationen im seit mehr als einem Jahr anhaltenden Konflikt. Sie haben inzwischen jegliche Neutralität aufgegeben und sich faktisch auf die Seite von Terroristen und Iran-Klienten gestellt statt auf die Seite eines angegriffenen UN-Mitglieds.
Nützliche Idioten
Guterres und die UN-Unterorganisationen etwa kritisieren stets nur Israel, wenn es sich etwa gezwungen sieht, militärische Stellungen der Hamas in Schulen oder Krankenhäusern anzugreifen, ohne jemals Kritik zu üben daran, dass die Terroristen diese Einrichtungen militarisieren und damit deren Schutzstatus aufheben.
Hamas und Hisbollah kommen in den Tweets der UN und ihres obersten Chefs auch kaum vor, werden äußerst selten überhaupt namentlich benannt und kritisiert. Die Organisation schert sich auch wenig darum, dass die UNRWA durchsetzt ist mit Terroristen und Terror-Sympathisanten und vom Design her darauf ausgelegt, den Konflikt zu perpetuieren, weil jede neue Generation von Palästinensern zu Flüchtlingen erklärt wird, statt sie zu integrieren.
Nachdem der erste Schock über das Massaker vom 7. Oktober 2023 verflogen war, agierten die UN und ihr Chef in vielerlei Hinsicht als nützliche Idioten von mit dem Iran verbündeten Terrororganisationen. António Guterres hat die Vereinten Nationen zu einer moralisch verlotterten Organisation gemacht, und es war richtig, dass Israel ihn zur Persona non grata erklärt hat.
Höchste Zeit für Guterres, zurückzutreten. Und höchste Zeit für Deutschland, seine Milliardenzahlungen an eine Organisation zu überdenken, die zur Spielwiese von Autokraten und Diktatoren geworden ist.
Clemens Wergin ist seit 2020 Chefkorrespondent Außenpolitik von WELT. Er berichtet vorwiegend über den Ukraine-Krieg, den Nahen Osten und die USA.
Source: welt.de