
Gegen den Immobilienpleitier René Benko wird in vier Ländern ermittelt.
Nach der Festnahme des österreichischen Immobilieninvestors René Benko hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Untersuchungshaft für den Gründer der insolventen Signa-Gruppe beantragt. Das teilte die Justizbehörde in Wien mit. Das Wiener Landgericht hat nun 48 Stunden Zeit, um über den Antrag zu entscheiden.
Benko wurde nach seiner Festnahme verhört, hieß es von der WKStA. Die Behörde ordnete auch an, dass er in eine Justizanstalt überstellt wird. Benko stehe im Verdacht, Vermögenswerte gegenüber Gläubigern und Behörden verheimlicht zu haben. Es ist von Waffen, Uhren und einer Villa die Rede. Grund für die Festnahme sei sowohl Tatbegehungsgefahr als auch Verdunkelungsgefahr.
Die Signa-Insolvenz und ihre Folgen
Drei Staatsanwälte gegen Benko
Konzertierte Justizaktion: Bei den Ermittlungen gegen die Verantwortlichen des zusammengebrochenen Handels- und Immobilienkonzerns Signa haben sich jetzt drei Staatsanwaltschaften aus zwei Ländern zusammengeschlossen. Sie haben ein sogenanntes Joint Investigation Team (JIT) gegründet. So lauten die Vorwürfe.
Benkos Büros durchsucht
Es habe auch mehrere Hausdurchsuchungen in Benkos Büroräumen gegeben, zudem in einem Nobel-Chalet in Lech am Arlberg sowie an seinem Wiener Wohnsitz, schreibt die Kronen Zeitung, die als erstes Medium über die Festnahme Benkos berichtet und den Bericht mit der Formulierung „Es hat sich ausjongliert für Österreichs Rekordpleitier“ eingeleitet hat. In Anspielung auf den vielfach ausgesprochenen Vorwurf, dass Benko ein Finanzjongleur sei.
In Deutschland wird ebenfalls gegen den einstigen Milliardär ermittelt. Laut WKStA geht es um einen Verdachtsfall rund um das sogenannte Projekt Franz am Bahnhofsplatz in München. Benko und ein weiterer Verdächtiger sollen einen ausländischen Staatsfonds dazu gebracht haben, mit Anleihen in das Büro-, Wohn- und Geschäftshaus zu investieren. Der Erlös der Anleihen soll jedoch großteils zweckwidrig verwendet worden sein, so die Ermittler.
Mindestens 130 Insolvenzanträge in elf Monaten
Das sind die insolventen Signa-Gesellschaften
Signa-Pleiten: Die TextilWirtschaft stellt die Konzerngesellschaften vor, die sich in einem Insolvenz-, Sanierungs-, Gläubigerschutz- oder Konkursverfahren befinden. Neueste Entwicklungen: Signa Development muss in ein Konkursverfahren wechseln.
Mit jungen Jahren Aufstieg zum Milliardär
Die WKStA hat jüngst ein Ermittlungsteam mit den Staatsanwaltschaften Berlin und München I gebildet. Dadurch sei es möglich, unbürokratischer und effizienter grenzüberschreitend zu ermitteln, hieß es von der österreichischen Behörde.
Der 1977 in Innsbruck geborene Benko begann schon als Teenager, Dachböden zu sanieren. Er verließ das Wirtschaftsgymnasium ohne Abschluss und stieg in das Immobiliengeschäft ein. Das war der Auftakt eines spektakulären Aufstiegs zum mehrfachen Milliardär, der auch von der Politik hofiert wurde.
Forderungen an Benko über 2,4 Milliarden Euro
Der österreichische Unternehmer hatte mit seiner Signa-Gruppe ein großes Portfolio aufgebaut, zu dem auch die deutschen Kaufhausgruppen KaDeWe und Galeria sowie der Elbtower in Hamburg gehörten.
Im Zuge steigender Zinsen, Energiepreise und Baukosten brach das verschachtelte Firmenkonstrukt zusammen. Nach Angaben des Insolvenzverwalters summiert sich die Summe der Forderungen an Benko auf etwa 2,4 Milliarden Euro.
Benkos Liste: Diese Signa-Objekte stehen zum Verkauf
Benko ist nach eigenen Angaben zahlungsunfähig, doch immer wieder erregten Berichte über seinen luxuriösen Lebenswandel Aufsehen. Die Staatsanwaltschaft war ihm auf den Fersen: Seine Telefonate wurden überwacht, sein Nachrichtenverkehr wurde ausgewertet, und seine Geschäftspartner und Mitarbeiter wurden befragt.
Laut WKStA ergaben die Ermittlungen, dass Benko im Rahmen seines persönlichen Insolvenzverfahrens verheimlicht habe, dass er faktisch die Kontrolle über eine Familienstiftung habe.
3, 2, 1 … nicht mehr seins: Diese Objekte hat Benkos Signa-Gruppe bereits verkauft
Benko soll demnach auch eine Rechnung gefälscht haben, um drei wertvolle Schusswaffen vor dem Zugriff von Gläubigern, Insolvenzverwaltern und Behörden zu entziehen. Auch Uhren und andere Vermögenswerte seien verborgen oder ohne angemessene Bezahlung verkauft worden.
Investoren seien mittels eines „Geldkarussells“ im Rahmen einer Kapitalerhöhung getäuscht worden. Benkos Anwalt äußerte sich zunächst nicht zu den aktuellen Vorgängen. Bisher hat der Anwalt alle Vorwürfe gegen Benko bestritten.
Weitere Ermittlungen in Deutschland und Italien
Jüngst hatte bereits die italienische Justiz einen Haftbefehl gegen Benko erlassen. Die Staatsanwaltschaft der norditalienischen Stadt Trient begründet dies mit Ermittlungen zu Immobilienspekulationen in der Region Trentino und der Nachbarregion Südtirol. Die Festnahme steht jedoch nicht im Zusammenhang mit dem italienischen Haftbefehl.
Vorwurf des Subventionsbetrugs in Berlin
Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt im Zusammenhang mit Signa unter anderem wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug, Geldwäsche oder Insolvenzverschleppung. Die zahlreichen Tochtergesellschaften sollen Kredite untereinander hin und her transferiert haben, um die wirtschaftliche Lage zu beschönigen.
Die Ermittlungen richten sich gegen Benko und gegen die Geschäftsführungen der verdächtigten Töchter. Es ist nach Angaben der Behörde das größte Ermittlungsverfahren, das dort jemals geführt wurde. Mit der Festnahme in Wien steht es allerdings nicht in direktem Zusammenhang. Dieser Text enthält Informationen von dpa
Lesen Sie dazu auch:
- Die Pressemitteilung der WKSta zur Festnahme von René Benko
- Die Übersicht „Diese Signa-Gesellschaften sind insolvent„
- Die Bildergalerien „Diese Signa-Objekte stehen zum Verkauf und „Diese Objekte hat Benkos Signa-Gruppe bereits verkauft“
- Das ist der aktuelle Stand der Immobilienprojekte von Signa
Das wird Benko vorgeworfen
Gegen Benko wird nicht nur in seinem Heimatland Österreich ermittelt, sondern auch in Deutschland, Liechtenstein und Italien. Die Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen Benko und eine weitere Person wegen des Verdachts, bei der Verlängerung eines Bankkredits eine Zahlungsfähigkeit vorgetäuscht zu haben. Das heißt: Benko und Signa haben sich zu einem Zeitpunkt Geld geborgt, zu dem die Signa-Gruppe bereits insolvent war, sagte der Rechtsanwalt Johannes Zink im April vergangenen Jahres dem Radiosender Ö1.
Darüber hinaus untersucht die WKStA der Nachrichtenagentur dpa zufolge, ob Benko versucht hat, einen hochrangigen österreichischen Finanzbeamten zu bestechen. Ferner wirft die WKSta dem 47-Jährigen vor, im Zusammenhang mit der Pleite seines Firmenimperiums eigene Vermögenswerte verschleiert zu haben. Obendrein habe er das in einer Stiftung vorhandene Vermögen dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern entzogen, berichtet dpa.
Gegen den Tiroler wird auch wegen mutmaßlichen Betrugs im Zusammenhang mit staatlichen Corona-Hilfen ermittelt. Dabei geht es um Hilfsgelder für das luxuriöse Chalet N im Skiort Lech am Arlberg. Untersucht wird, ob die Corona-Gelder als wirtschaftliche Unterstützung während der Pandemie genutzt oder für andere Zwecke missbraucht wurden.
In Berlin ermittelt die dortige Staatsanwaltschaft gegen Verantwortliche der Signa-Gruppe wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug im Zusammenhang mit der Insolvenz des Department Store-Betreibers KaDeWe. Es wird untersucht, ob das Unternehmen staatliche Zuschüsse, Fördergelder oder Kredite durch falsche Angaben oder das Verschweigen relevanter Tatsachen erschlichen hat. Die Ermittlungen betreffen auch Signa-Gründer René Benko.
In München ermittelt die dortige Staatsanwaltschaft seit Mitte März 2024 gegen die Signa-Gruppe. Es bestehe ein Verdacht auf Geldwäsche, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft damals der dpa mit. Zahlreiche Medien und Experten gehen davon aus, dass Signa-Gründer René Benko im Mittelpunkt der Ermittlungen steht. In Liechtenstein ermittelt das Landgericht wegen des Verdachts der Geldwäsche und des betrügerischen Konkurses gegen Benko.
In Italien wurde sogar ein europäischer Haftbefehl gegen Benko erlassen, und zwar von der Staatsanwaltschaft der norditalienischen Stadt Trient. Als Grund wurden Ermittlungen in Zusammenhang mit Immobilienspekulationen in der Region Trentino und der Nachbarregion Südtirol genannt.
Die Republik Österreich wollte den Haftbefehl jedoch nicht vollstrecken. Sie kündigte im Dezember an, zu prüfen, ob sie selbst ein Ermittlungsverfahren in der Causa einleitet. Benkos Anwälte weisen all diese Vorwürfe strikt zurück.
Mitte Januar wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaften in München und Berlin sowie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien ein sogenanntes Joint Investigation Team (JIT) gegründet hat. Diese soll „den Austausch von Informationen und die gegenseitige Unterstützung bei den Ermittlungen deutlich erleichtern“, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I dem Handelsblatt. Ziel sei es, die Erkenntnisse der Behörden zusammenzuführen.