Italien hat nach mehr als 40 Jahren den Weg für eine Rückkehr zur Atomkraft geebnet: Die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni stimmte für einen entsprechenden Gesetzentwurf, der die Grundlage für den Bau neuer Atomanlagen schaffen soll. Bis 2027 sollen detaillierte Verordnungen ausgearbeitet werden. Meloni sprach von einer wichtigen Maßnahme für „saubere, sichere und billige Energie“, der die strategische Unabhängigkeit Italiens stärken werde.
Das Land setzt dabei auf sogenannte Advanced Modular Reactors (AMR), die kleiner und flexibler als herkömmliche Kernkraftwerke sind. Der Anteil der Atomkraft am Energiemix soll zunächst auf elf Prozent steigen, langfristig sind bis zu 22 Prozent geplant. Laut Regierung könnte die Atomkraft den Weg zur Klimaneutralität bis 2050 um 17 Milliarden Euro günstiger machen.
Kombination mit erneuerbaren Energien geplant
Energieminister Gilberto Pichetto Fratin sagte, dass Italien mit modernen Atomkraftwerken in Kombination mit erneuerbaren Energien seine Klimaziele erreichen und gleichzeitig „volle und umfassende Energiesicherheit“ erlangen könne. Die Finanzierung neuer Reaktoren kann demnach über private Investoren oder staatliche Subventionen erfolgen.
Kritiker warnen jedoch, dass die Energiegewinnung mit Atomkraftwerken wesentlich teurer ist als andere Energieformen mit niedrigem CO₂-Ausstoß. Zudem würde der Bau neuer AKW viele Jahre dauern: In Frankreich dauerte der Bau eines modernen Reaktors zuletzt 17 Jahre und war viermal so teuer wie ursprünglich geplant.
Mehrheit gegen Rückkehr zur Atomkraft
Italien gehörte einst zu den Pionieren der Atomkraft, entschied sich nach Tschernobyl 1987 jedoch per Referendum für den Ausstieg. 2011 bestätigten die Italiener diesen Kurs nach der Katastrophe von Fukushima in einer weiteren Volksabstimmung. In einer Umfrage vom November lehnten 81 Prozent der Italiener eine Rückkehr zur Atomkraft ab. Trotz der Bedenken führt Italien bereits Gespräche mit Unternehmen aus Frankreich und den USA, um den Wiedereinstieg in die Kernenergie voranzutreiben.