Grüner Kopfsalat, knackiger Kohlrabi, daneben pralle Erdbeeren und Kirschen. „Mein Gemüse ist so frisch, wie es nur geht – einen Tag nach der Ernte liegt es in der Theke“, verspricht Jochen Groß. Der 42-jährige Landwirt baut seine Produkte im Kölner Vorort Pulheim an. Mit seinem Hofladen „Stadt Land Gemüse“ kommt er der Kundschaft einige Kilometer entgegen. 2019 hat er den Laden für biologisch-dynamisch erzeugte Waren in den Kölner Szene-Stadtteil Ehrenfeld verlegt.
Zu nachhaltiger Ernährung bekennen sich immer mehr Deutsche. Laut Ernährungsreport des Bundeslandwirtschaftsministeriums sagen 74 Prozent der Befragten an, dass ihnen beim Lebensmittelkauf eine umwelt- und ressourcenschonende Produktion wichtig sei. Der Preis spielt demnach für 57 Prozent eine Rolle, regionale Herkunft ist 87 Prozent der Befragten bei Obst und Gemüse wichtig.
Jochen Groß kann solche Bekenntnisse nüchtern einordnen: „In der Theorie wollen alle zwar saisonales und regionales Essen haben, in der Praxis ist die Versuchung aber groß, doch im Supermarkt Produkte aus anderen Ländern oder dem Gewächshaus zu kaufen.“
Zum Saisonhöhepunkt gibt es das meiste Angebot
Weil zuletzt auch Energie, Dünger und Futtermittel deutlich teurer geworden sind, kletterten die Preise für Obst und Gemüse erheblich. Von 2020 bis 2024 legte der Verbraucherpreisindex für Gemüse um 31 Prozent und für Obst um 17 Prozent zu. Für Sparfüchse eignet sich allerdings eine saisonale Einkaufsstrategie, die das spezifische Erntedatum berücksichtigt. Denn die Preise für Obst und Gemüse mögen zwar insgesamt gestiegen sein. Sie hängen allerdings auch vom Erntezyklus, der Wetterlage und den damit verbundenen jeweiligen Erntemengen ab.
Das Prinzip ist einfach. Zum jeweiligen Saisonhöhepunkt einer Frucht ist das Angebot auch auf dem Markt am größten. Wer gleich im April den ersten weißen Spargel genießen will, zahlt teilweise mehr als 25 Euro je Kilo. Im Mai kommt man je nach Erntelage auch mal für weniger als zehn Euro zum Zuge. Ähnlich ist es bei Erdbeeren. Im Mai zu Saisonbeginn zahlt man bis zu zehn Euro je Kilo, zur Höchstzeit im Juni weniger als die Hälfte. Es lohnt sich also gerade bei beliebten, hochpreisigen Produkten, den ersten Ansturm abzuwarten. Aber auch Kohl und Kartoffeln sind zu ihrer Erntezeit im Oktober am günstigsten.
Dass gutes Timing einige Euro bringen kann, wissen Besucher von Wochenmärkten schon lange. Kurz vor Feierabend schalten einige Händler in den Sonderangebotsmodus, gerade bei leicht verderblicher Ware. Manche Marktgänger schätzen auch das mitunter Unvollkommene und Natürliche am dort erhältlichen Obst und Gemüse. Krumm gewachsen, leicht schrumpelig, mit Druckstellen hier und da? Wer das mag, der kann über solche Faktoren ins Feilschen kommen.
Auch in Supermärkten gilt der Grundsatz von Angebot und Nachfrage, sowohl in Bezug auf Saisonfragen als auch auf Tageszeiten: Kurz vor Feierabend und gegen Ende der Woche werden teilweise Lebensmittel reduziert, damit sie nicht weggeschmissen werden müssen. Das gilt besonders für Obst, Gemüse und Brot.
Der Ort des Einkaufs spielt freilich ebenfalls eine Rolle: Gemüse und Obst sind im Supermarkt meist teurer als im Discounter. Vollsortimenter wie Edeka und Rewe rechtfertigen die Preisaufschläge mit ihrem breiteren Sortiment und dem damit verbundenen höheren Risiko, dass einzelne Sorten nicht verkauft werden.
Gemüsekisten abonnieren
Auch auf Wochenmärkten variieren die Preise stark. Bauern, die ihre Ware ökologisch produzieren und selbst verkaufen, verlangen naturgemäß mehr. Auf vielen Wochenmärkten gibt es aber auch Händler, die ihre Ware vom Großmarkt beziehen und sie entsprechend günstiger anbieten.
Wer seinen Einkauf nicht so akribisch planen mag, kommt auch über das Abonnement sogenannter Gemüsekisten gut an saisonale Frischeprodukte. In vielen Städten findet man einige Anbieter, die meist im wöchentlichen Rhythmus frisches Gemüse nach Hause liefern oder an bestimmten Plätzen zur Abholung bereitstellen. Hinter den Gemüsekisten-Angeboten stehen häufig genossenschaftlich organisierte „Solidarische Landwirtschaften“, deren Konzept auf ehrenamtlichem Engagement und nach Zahlungskraft gestaffelten Abopreisen beruht.
Daneben gibt es über 50 Bio-Betriebe, die sich im Verband „Ökokiste“ zusammengeschlossen haben. Das Grundprinzip bleibt stets gleich: Gegen einen monatlichen oder jährlichen Beitrag gibt es eine saisonal ausgerichtete Obst- und Gemüsekiste, die meist regionale Produkte enthält. Während die Ausbeute im Sommer oft üppig ausfällt, zahlt man im Winter für weniger Auswahl den gleichen Preis. Insgesamt kosten Gemüsekisten meist mehr als Ware aus dem Supermarkt, aber mit Obst und Gemüse von regionalen Erzeugern auf dem Wochenmarkt können sie preislich mithalten.
Welche Frischeprodukte gerade Saison haben, lässt sich gut mit Obst- und Gemüsekalendern überblicken. Gut geeignet ist etwa der „Saisonkalender Heimisches Obst und Gemüse“ der Verbraucherzentrale, der im Internet oder als App kostenlos zur Verfügung steht. Differenziert wird darin erklärt, welche Sorten gerade woher zu bekommen sind, etwa aus dem Gewächshaus, frisch vom Feld oder aus der Lagerung.
Auch im Winter gibt es Regionales
Auch unter Klimaaspekten sind Herkunft und Timing nicht egal. „Bei saisonalem Konsum von Obst und Gemüse wird das Klima geschont, weil der Verzicht auf lange Transporte Emissionen und Energie einspart“, sagt die Agrarwissenschaftlerin Carmen Feller, die am Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) forscht.
Auch Importprodukte sollte man möglichst dann kaufen, wenn sie im jeweiligen Land Saison haben, also zum Beispiel Tomaten aus südlichen Ländern in den Wintermonaten von Dezember bis März. Hierzulande beginnt die Ernte in beheizten Gewächshäusern im Frühjahr, wobei immer öfter alternative Heizmethoden zum Einsatz kommen.
Selbst in den kalten Wintermonaten Dezember bis Februar liefern heimische Bauern Frisches aus dem Freilandanbau, etwa Porree, Blumen-, Rosen- und Grünkohl. Im Frühjahr zwischen März und Mai gibt es Brokkoli, Kohlrabi, Rhabarber oder Spargel. Von Juni bis August ist die Auswahl am größten. Sie reicht von Kirschen, Beeren, Pflaumen und Mirabellen bis zu Gemüse wie Sellerie, Mangold, Salaten, Möhren, Kartoffeln, Radieschen, Rettich und vielem mehr. Im Herbst sind Äpfel, Birnen, Trauben und Quitten erntereif. Im Gemüsebeet finden sich dann unter anderem Knollensellerie, Zwiebel, Spinat, Rote Beete und Kürbis.
Wer auf dem Wochenmarkt sichergehen will, dass wirklich regionale Ware im Einkaufskorb landet, sollte nach der Herkunft fragen. Agrarexpertin Feller hält regionale Ware oft auch geschmacklich für überlegen. „Im Ausland gibt es viele Sorten, die für den Export und deshalb auf lange Haltbarkeit gezüchtet werden“, sagt sie. „Diese schmecken häufig weniger intensiv als frische Ware aus der Region.“
Source: faz.net