Ein Funken Hoffnung für jedes Deutschland

Erstmals seit Frühjahr bessert sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft, wie der aktuelle Ifo-Index zeigt. Vor allem in einem Sektor hellt sich die Lage deutlich auf. Ökonomen halten sich mit Optimismus aber zurück. Noch gebe es genügend Faktoren, die für Unsicherheit sorgen.

Für die krisengebeutelte deutsche Wirtschaft ist es ein Hoffnungszeichen: Der Ifo-Geschäftsklimaindex, das wichtigste Konjunkturbarometer, ist im Oktober gestiegen. Die Stimmung in den Chefetagen verbesserte sich auf 86,5 Zähler von 85,4 Punkten im Vormonat, nachdem es zuvor vier Monate lang stetig abwärtsgegangen war.

Der Umschwung ist vor allem dem Dienstleistungssektor zu verdanken, der sowohl seine derzeitige Lage etwas besser beurteilt als auch die künftige Geschäftsentwicklung optimistischer einschätzt. Der Handel bewegt sich ebenfalls leicht nach oben. Industrie und Bau hingegen bleiben auf niedrigem Niveau zumindest stabil.

Die Trendwende zum Besseren will Ifo-Konjunkturchef Klaus Wohlrabe aber noch nicht ausrufen: „Dazu ist es zu früh.“ Die Auftragslage sei immer noch mau. Zudem ist die bevorstehende US-Wahl mit der Aussicht einer möglichen erneuten Präsidentschaft von Donald Trump ein Unsicherheitsfaktor. Der Republikaner hat Zölle und verschärften Protektionismus angekündigt, der gerade auch die exportorientierte deutsche Wirtschaft empfindlich treffen könnte. Aber auch die zunehmend zerrüttete Ampel-Koalition sorgt für anhaltende Unsicherheit.

Lesen Sie auch

„Das Winterhalbjahr wird für die deutsche Wirtschaft schwierig“, prophezeit der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Kramer. Trotz der Stimmungsaufhellung zu Beginn des letzten Quartals dürfte für 2024 bestenfalls ein Nullwachstum herauskommen. Die fünf Konjunkturforschungsinstitute hatten in ihrer Gemeinschaftsdiagnose kürzlich sogar eine erneute minimale Schrumpfung für das laufende Jahr vorhergesagt und für 2025 nur noch ein Plus von 0,8 Prozent prognostiziert.

Und auch die Bundesbank geht in ihrem aktuellen Monatsbericht nicht davon aus, dass sich Europas größte Volkswirtschaft aus der chronischen Flaute befreien kann. Zwar drohe der deutschen Wirtschaft keine deutliche Schrumpfung, wie es sie im Coronajahr 2020 oder in der Finanzkrise 2009 gegeben hatte. Aber dafür gebe es seit dem Frühjahr 2022 eine anhaltende Schwächephase, in der die Wirtschaft feststecke, so die Bundesbanker.

Lesen Sie auch

Tatsächlich ist Deutschland unter den großen Industriestaaten der Einzige, dessen reale Wirtschaftsleistung noch immer nicht wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht hat. Und obwohl die Weltwirtschaft nach Corona und Energiekrise inzwischen wieder ordentlich wächst, kann Deutschland nicht wie früher davon profitieren.

Experten bleiben vorsichtig

Die Ökonomen sind denn auch vorsichtig geworden, positive Signale wie den Anstieg beim aktuellen Ifo-Geschäftsklimaindex als Auftakt für einen Aufschwung zu werten. Denn in den vergangenen Jahren haben sich mehrfach Einschätzungen der Experten als zu optimistisch erwiesen.

So rechneten die Konjunkturforscher nach dem Rückgang der Inflation und dem kräftigen Lohnzuwachs im vergangenen Jahr schon für 2024 mit einem moderaten Wachstum. Doch stattdessen tritt die Wirtschaft weiter auf der Stelle. Die Unternehmen halten sich aufgrund der Unsicherheit mit Investitionen zurück. Und auch der private Konsum reagiert schwächer als üblich auf die positive Lohnentwicklung.

Der Ifo-Index bildet die uneindeutige Konjunkturentwicklung gut ab. Ging es mit der Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft vor einem Jahr schon einmal nach oben, so folgte im Dezember dann die kalte Dusche. Ab Februar gab es dann vier Monate lang erneut eine Aufwärtsbewegung beim Ifo-Barometer. Doch dann ging es ebenso lang wieder runter.

Diese Flatter-Konjunktur dürfte erst dann in den ersehnten Aufschwung münden, wenn die Unternehmen wieder sicher sind, dass sich hierzulande auf absehbare Zeit gute Geschäfte machen lassen.

Dorothea Siems ist Chefökonomin der WELT. Die promovierte Volkswirtin erhielt 2011 den Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik.

Source: welt.de

Dienstleistung-LageIFO (Institut fIndustrieKonjunkturKonjunkturklimaKonjunkturprognosenSiems-Gerstenberger-Dorotheatexttospeechür Wirtschaftsforschung)