Eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen Italiens arbeitet in einem gelb gestrichenen schmucklosen Bau am Rande der Kleinstadt Penne in den Abruzzen, zwischen einem Drogerie-Supermarkt und einer Apotheke. „Dr. Donatella Di Pietrantonio, Odontoiatria, 1. Piano“ steht auf dem Schild neben der schmalen Eingangstür, genehmigt von der Italienischen Zahnarztvereinigung und vom Bürgermeister. Sofort nach dem Klingeln springt die Tür auf, durch ein Treppenhaus im Halbdunkel geht es ins helle Wartezimmer mit ein paar Spielsachen, den Zahnarztdiplomen an den Wänden. Da kommt sie auch schon, in dunklem T-Shirt und beiger Hose. Kurze, dunkle Locken, zierlich, sprühend vor Energie. Umgehend ist man beim Du und bei der Frage, wo der fällige Kaffee eingenommen werden könnte. Es ist Samstag, 14.30 Uhr, als die Kinderzahnärztin Donatella Di Pietrantonio ihre Praxis verlässt, an der rechten Schulter baumelt eine Baumwolltragetasche mit dem Aufdruck „Premio Strega.“ Das ist Italiens wichtigster Literaturpreis. Di Pietrantonio hat ihn im Juli für ihren Roman Die zerbrechliche Zeit gewonnen, den Verdienstorden Ritter der Arbeit gab es vom Staatspräsidenten dazu. In der Strega-Tasche transportiert sie jetzt den Laptop, auf dem sie ihre Bücher schreibt.