Auf Donald Trump wurde am Samstag auf einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania ein mutmaßlicher Mordanschlag verübt. Ein Mann feuerte nach Angaben der Sicherheitsbehörden in Butler County Schüsse auf den US-Präsidentschaftskandidaten ab. Der Sprecher des Secret Service, Anthony Gugliemi, sagte auf X, dass der ehemalige republikanische Präsident nach mehreren Schüssen in Sicherheit sei, nachdem Agenten sich in der auf die Schüsse folgenden Panik auf ihn geworfen hatten. Gugliemi sagte, dass die Secret Service Agenten dann den mutmaßlichen Angreifer erschossen – der auf Trump „von einer erhöhten Position außerhalb des Veranstaltungsortes“ geschossen hatte, sagte Gugliemi.
Ein Zuschauer wurde getötet und zwei weitere wurden schwer verletzt. Das FBI identifizierte den Schützen später als den 20-jährigen Thomas Matthew Crooks aus Bethel Park, Pennsylvania, wie die Associated Press berichtete.
Eine Vermutung über ein mögliches Motiv haben die Behörden nicht bekannt gegeben. Eine Datenbank mit öffentlichen Aufzeichnungen zeigte, dass ein Mann aus Bethel Park, der genau den gleichen Namen und das gleiche Alter wie der mutmaßliche Attentäter hat, im Jahr 2021 als Republikaner zur Wahl zugelassen war. Gleichzeitig geht aus den den Bundesberichten zur Wahlkampffinanzierung auch hervor, dass er am 20. Januar 2021, dem ersten Tag des Amtsantritts des demokratischen Präsidenten Joe Biden, 15 Dollar an ein progressives politisches Aktionskomitee gespendet hat.
In zwei Erklärungen sagte Trump, es gehe ihm „gut“, nachdem eine Kugel „den oberen Teil [seines] rechten Ohrs“ getroffen habe.
Trump rief noch „Kämpft, kämpft, kämpft“
Der ehemalige Präsident bedankte sich in einem Beitrag auf Truth Social „für die schnelle Reaktion“ der Secret Service Agenten und anderer Strafverfolgungsbehörden nach der Schießerei. „Vor allem möchte ich der Familie des Getöteten und den Angehörigen der Schwerverletzten mein Beileid aussprechen“, sagte Trump, der zur Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht und gegen 22.20 Uhr Ortszeit wieder entlassen wurde. „Es ist unfassbar, dass eine solche Tat in unserem Land stattfinden kann“.
Auf einem Video von NBC News sind mehr als ein Dutzend Schüsse zu sehen, wobei die späteren offenbar von Agenten stammen, die den Präsidenten schützen, der zu diesem Zeitpunkt auf der Bühne sprach. Es war eine Stimme zu hören, die sagte: „Geh runter, geh runter, geh runter!“ Als weitere Schüsse fielen und Schreie aus der Menge zu hören waren, warfen sich die Agenten auf Trump. Auf den Tonaufnahmen des Senders sind die Stimmen der Agenten zu hören: „Der Schütze ist am Boden. Der Schütze ist am Boden. Können wir weitermachen? Wir sind sicher, wir sind sicher.“
Als Agenten versuchten, Trump von der Bühne der Kundgebung zu bringen, sagte er: „Lassen Sie mich meine Schuhe holen. Lassen Sie mich meine Schuhe holen.“ Man kann hören, wie die Beamten dem ehemaligen Präsidenten sagen: „I got you. Halten Sie sich fest. Ihr Kopf ist blutig. Wir müssen weiter.“ Trump antwortete: „Wartet, wartet.“
Dann schwang er die Faust und murmelte die Worte: „Kämpft, kämpft, kämpft.“ Und die Menge auf der Kundgebung antwortete mit Rufen wie: „USA! USA! USA!“
Wie ist der Schütze an den Ort gekommen?
Bewaffnete Soldaten in Uniform trafen bald ein, während einige Zuschauer die Medien beschimpften. Die Einsatzkräfte brachten Trump dann außer Sichtweite. Auf dem Video war Blut an Trumps Ohr zu sehen. Auf einem Dach in der Nähe der Bühne, auf der Trump stand, befanden sich auch Scharfschützen, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.
NBC News berichtete unter Berufung auf zwei hochrangige Beamte der Strafverfolgungsbehörden, dass unter den Ermittlern die Besorgnis wachse, dass es sich bei der Schießerei auf der Trump-Kundgebung „möglicherweise um einen ernsthaften Anschlag auf sein Leben“ gehandelt habe. Der örtliche Bezirksstaatsanwalt Richard Goldinger sagte auf CNN, er sei sich nicht sicher, wie der mutmaßliche Schütze an den Ort gekommen sei, an dem er sich befand. „Das ist etwas, das wir herausfinden müssen – wie er dorthin gekommen ist.“
Die BBC interviewte unterdessen einen Trump-Anhänger, der sagte, er sei außerhalb des Kundgebungsgeländes gewesen und habe versucht, nahe genug heranzukommen, um die Rede des ehemaligen Präsidenten zu hören, als er einen Mann mit einem Gewehr auf das Dach eines Gebäudes klettern sah. Der Mann sagte, er habe die Polizei auf das betreffende Gebäude hingewiesen und gesagt: „Da ist ein Mann mit einem Gewehr auf dem Dach.“ Doch keine der Polizisten reagierte, und etwa zwei Minuten später gab der Mann fünf oder mehr Schüsse in Richtung Trump ab.
Daraufhin, so der Mann gegenüber der BBC, schossen die Agenten des Secret Service den Angreifer tot. „Sie haben ihm den Kopf weggeblasen“, sagte der Mann.
Joe Biden ruft zur Verurteilung politischer Gewalt auf
Die Ermittler stellten am Tatort ein Gewehr im AR-Stil sicher, berichtete die AP unter Berufung auf eine Quelle bei den Strafverfolgungsbehörden. Die AP hat Berichten zufolge ein in den sozialen Medien veröffentlichtes Video geortet, auf dem die Leiche einer Person zu sehen ist, die regungslos auf dem Dach eines Gebäudes von AGR International liegt, einer Produktionsstätte nördlich der Trump-Kundgebung vom Samstag. „Das Dach war weniger als 165 Meter von der Stelle entfernt, an der Trump sprach, eine Entfernung, aus der ein anständiger Schütze ein menschengroßes Ziel treffen könnte“, schrieb Scott Bauer von der AP auf X.
Biden sagte auf X, dass er über die gemeldete Schießerei unterrichtet worden sei. „Ich bin dankbar zu hören, dass er in Sicherheit ist und es ihm gut geht“, sagte der Präsident über Trump, mit dem er Berichten zufolge am Samstagabend sprach. „Ich bete für ihn und seine Familie und für alle, die bei der Kundgebung waren, während wir auf weitere Informationen warten.“
In einer Fernsehansprache rief Biden zu einer Verurteilung politischer Gewalt auf. „Das Schlimmste ist, dass die Trump-Kundgebung … ohne Probleme hätte friedlich verlaufen können“, sagte Biden. „Die Vorstellung, dass es in Amerika politische Gewalt gibt, ist einfach unerhört. Es ist einfach nicht angemessen. Jeder muss das verurteilen.“
Unterstützung für Trump von Demokraten und Republikanern
Die Szenen auf der Kundgebung lösten eine Flut von Reaktionen aus, auch unter Trumps republikanischen Parteifreunden. Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, schrieb auf X, seine Kongresskammer werde „eine vollständige Untersuchung der tragischen Ereignisse von heute durchführen“.
„Das amerikanische Volk verdient es, die Wahrheit zu erfahren“, sagte Johnson und versprach, dass das Repräsentantenhaus so bald wie möglich Beamte des Secret Service, des Heimatschutzes und des FBI zu Anhörungen vorladen werde. Der ehemalige republikanische Präsident George W. Bush sagte, er sei „dankbar“, dass Trump „nach dem feigen Angriff auf sein Leben in Sicherheit“ sei. Der oberste Demokrat im US-Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, richtete Gebete an Trump. „Ich bin dankbar für die entschlossene Reaktion der Strafverfolgungsbehörden“, schrieb Jeffries auf X. „Amerika ist eine Demokratie. Politische Gewalt jeglicher Art ist niemals akzeptabel.“
Der ehemalige demokratische Präsident Barack Obama sagte in einer Erklärung: „Es gibt absolut keinen Platz für politische Gewalt in unserer Demokratie. Auch wenn wir noch nicht genau wissen, was passiert ist, sollten wir alle erleichtert sein, dass der ehemalige Präsident Trump nicht ernsthaft verletzt wurde, und diesen Moment nutzen, um uns wieder zu Höflichkeit und Respekt in unserer Politik zu verpflichten.“
Steve Bannon sagte Attentat voraus und spricht von Cäsar und Brutus
In einem Interview mit dem Guardian im Juni sprach Steve Bannon – ein Berater von Trump und ehemaliger Chefstratege des Weißen Hauses – über seine Befürchtungen, dass der republikanische Kandidat vor der Wahl im November ermordet werden könnte.
„Das ist meine größte Angst“, sagte Bannon, bevor er eine viermonatige Haftstrafe antrat, weil er sich einer Vorladung des Kongresses widersetzt hatte. „Ein Attentat muss ganz oben auf der Liste stehen, und ich glaube, dass die Frau, die den Secret Service leitet, ihren Job nicht macht.“ Mit Blick auf den nationalen Parteitag der Republikaner, der am Montag beginnt, fügte er hinzu: „Ich fühle mich nicht wohl bei dem, was in Milwaukee passiert.“ Aber, setzte er nach: „Seine Abgeklärtheit ist fantastisch.“
Bannon argumentierte, dass Trump überall als neuer Julius Cäsar dargestellt worden sei, von einer New Yorker Theaterproduktion bis hin zu einem Essay des führenden Gelehrten Robert Kagan, was den Weg für einen potenziellen Attentäter ebne, der sich berechtigt fühle, Brutus nachzuahmen. Er sagte, Präsident Abraham Lincoln sei nach dem Bürgerkrieg ähnlich behandelt worden, bevor er von John Wilkes Booth ermordet wurde.
„Erinnern Sie sich an John Wilkes Booth“, sagte Bannon. „In der Presse der Südstaaten und insbesondere in den Zeitungen von Richmond herrschte der Cäsarismus: Lincoln ist der Cäsar, Lincoln nimmt euch eure Freiheiten. Ihr habt diesen Krieg gekämpft, aber selbst wenn ihr den Krieg verliert, wird er euch all eure Freiheiten nehmen und euch versklaven.“