Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat die EU nach den verhängten US-Sanktionen gegen sich um weitere Hilfe gebeten.
Gerichtspräsidentin Tomoko Akane sagte in Brüssel, die Europäische
Union sollte die sogenannte „Blocking-Verordnung“ aktivieren.
Diese ist
ein Rechtsinstrument, mit dem die Länder in der EU von Drittstaaten
verhängte Rechtsakte aussetzen können. EU-Behörden müssen so etwa
US-Sanktionen oder Beschlagnahme-Anordnungen nicht ausführen, was
europäische Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen vor
wirtschaftlichen Eingriffen außerhalb der EU schützen soll.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hob zuvor die Bedeutung des Gerichts hervor. „Der internationale Strafgerichtshof ist eine der größten Errungenschaften des Völkerstrafrechts“, sagte Baerbock. Die Durchsetzung des Völkerstrafrechts und die Unabhängigkeit der internationalen Gerichte seien „Prinzipien, die Sicherheit für alle bedeuten“.
Das „Einstehen für das Völkerrecht und für den Internationalen Strafgerichtshof ist in unserem maximalen Sicherheitsinteresse“, sagte Baerbock. Sollten Regeln nicht mehr gelten, „verlieren am Ende alle“. Sollte der IStGH „seine Arbeit jetzt nicht weiterführen“ können, „wäre das doch eine der größten Freuden“ für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, sagte die Außenministerin. Dieser habe in den vergangenen drei Jahren erfahren müssen, „dass seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie die Verschleppung ukrainischer Kinder nicht folgenlos bleiben“. Putin habe unter anderem nicht zum Brics-Treffen nach Südafrika reisen können, weil Südafrika als Unterzeichner des Römischen Statuts ihn hätte festnehmen müssen, sagte Baerbock.
Bundeskanzler Olaf Scholz kritisierte die Sanktionen ebenso. „Sie gefährden eine Institution, die dafür Sorge tragen soll, dass die Diktatoren dieser Welt nicht einfach Menschen verfolgen, Kriege anzetteln können, und das ist ganz wichtig“, sagte Scholz. Trumps Vorstoß sei falsch, weil es so mühselig sei, dafür zu kämpfen, dass das Gericht Respekt genieße. Das Auswärtige Amt teilte mit, Deutschland bleibe Unterstützer des IStGH.
79 Staaten kritisieren Sanktionen gegen den IStGH
Neben Deutschland haben auch 78 weitere Staaten hat die US-Sanktionen kritisiert. Die Sanktionen der USA erhöhten „das Risiko einer Straflosigkeit für die schwersten Verbrechen und drohen, das Völkerrecht auszuhöhlen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Als „leidenschaftliche Unterstützer des IStGH“ bedauerten die Länder „jeden Versuch, die Unabhängigkeit des Gerichtshofs zu untergraben“.
Initiiert worden war die Erklärung von Slowenien, Luxemburg, Mexiko, Sierra Leone und Vanuatu. Zu den Unterzeichnern gehören neben Deutschland und Frankreich auch Großbritannien, Südafrika, die Palästinenser, Kanada, Chile und Panama.
Ebenso kritisierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Schritt von US-Präsident Trump. In den sozialen
Medien schrieb sie, der IStGH garantiere die Rechenschaftspflicht für
internationale Verbrechen und gebe Opfern weltweit eine Stimme.
„Europa wird immer für Gerechtigkeit und die Achtung des
Völkerrechts eintreten.“
Zuvor hatte der IStGH seine Mitgliedsstaaten aufgefordert, sich gegen die von Trump verhängten Sanktionen zu wehren.
Das Gericht teilte mit, es verurteile den Schritt. Es handele sich um
einen Versuch, der unabhängigen und unparteiischen juristischen Arbeit
zu schaden. „Der Gerichtshof steht fest zu seinem Personal und
verspricht, Millionen unschuldigen Opfern von Gräueltaten auf der ganzen
Welt weiterhin Gerechtigkeit und Hoffnung zu bieten“, hieß es in der
Mitteilung. „Wir rufen unsere 125 Vertragsstaaten, die Zivilgesellschaft
und alle Nationen der Welt auf, vereint für Gerechtigkeit und
grundlegende Menschenrechte einzutreten.“
IStGH stellte Haftbefehl gegen Netanjahu aus
Trump hatte wegen Ermittlungen des IStGH gegen Israel die Sanktionen angeordnet. Er unterzeichnete eine entsprechende Exekutivanordnung. Weder die USA noch Israel sind Vertragsstaaten des Gerichts, noch erkennen sie dieses an.
Der IStGH hatte wegen des israelischen Vorgehens im Gazastreifen jüngst einen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ausgestellt. In Trumps Anordnung heißt es, das Gericht schaffe einen „gefährlichen Präzedenzfall“. Zu den Sanktionen gehört ein Einreiseverbot in die USA für Vertreter des IStGH.