Endlich wieder eine Indianerdebatte. Vor zwei Jahren diskutierten wir ja schon mal ausgiebig darüber, ob weiße Menschen sich als Apachen und Mohikaner verkleiden dürfen, sei es zum Fasching oder bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg, und ob es noch zeitgemäß ist, Winnetou-Filme im Fernsehen zu zeigen. Danach dachte man, die Sache habe sich langsam erledigt. Aber nein. Bei einem Chor-Festival im Humboldt Forum zu Berlin soll demnächst das Lied Sonderzug nach Pankow von Udo Lindenberg aufgeführt werden. Freilich hat man sich dafür entschieden, das in diesem Lied vorkommende Wort „Oberindianer“ (gemeint ist Erich Honecker) nicht auszusingen, weil es als diskriminierend empfunden werden könnte; stattdessen will man es durch ein „Ober“ mit darauf folgendem langem „i“ ersetzen. Die Empörung kennt keine Grenzen. Die Bild-Zeitung, die zuerst darüber berichtete, sieht „Sprachpolizei“ und „Zensur“ am Werk. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) findet das Nichtsingen des Indianerworts „kulturlos“, der ehemalige Stasi-Gedenkstätten-Leiter Hubertus Knabe sieht es als Zeichen dafür, dass das Humboldt Forum zu einer „linksradikalen Sekte“ regrediert sei. Nur Udo Lindenberg selbst schweigt beharrlich.