Die USA scheinen nicht sonderlich beeindruckt, in Nahost ziemlich stromlos zu sein

Der derzeitige Anerkennungsfuror zugunsten eines palästinensischen Staates verändert Kräfteverhältnisse, vorzugsweise in den Vereinten Nationen, aber er steht auch im Geruch einer Symbolpolitik, die sich der Gunst des Augenblicks bedient


Eine pro-palästinensische Demonstration in New York City, wo die Vereinten Nationen zum Nahostkonflikt tagen

Foto: Stephanie Keith/Getty Images


Am 15. November 1988 hatte Yassir Arafat auf einem PLO-Kongress in Algier den Staat Palästina ausgerufen. Zugleich verkündete er, dass dessen Regierung den Staat Israel anerkennen wolle, wenn dieser seinerseits seinen Staat anerkenne. Bis Ende 1988 hatten sich bereits 81 Länder ausdrücklich zu einem Palästinenserstaat bekannt – 2019 waren es 137. Nach einer Pause von fünf Jahren, die einen Zeitraum umfassten, in dem der Konflikt aus dem Blick der Weltöffentlichkeit geriet, setzten – unter dem Eindruck der Unverhältnismäßigkeit israelischer Vergeltung für den 7. Oktober 2023 – ab April 2024 erneut Anerkennungen ein.

Wieviel Leid auf beiden Seiten hätte vermieden werden können, wenn die Zwei-Staaten-Lösung schon 1988 oder wenigstens mit den Oslo-Verträgen in den frühen 1990er Jahren durchgesetzt worden wäre! Seit dem 22. September 2025 sind es nun 153 Staaten, die Palästina anerkannt haben, auch mehrere westliche. Dass darunter auch zwei europäische Schwergewichte wie Frankreich und Großbritannien sind, die einst Mandatsmächte im Nahen Osten waren, verändert die Kräfteverhältnisse im UN-Sicherheitsrat. Zwar können dessen Entscheidungen durch das Veto der USA noch immer blockiert werden, gerade das jedoch dürfte deren ohnehin schwindendem internationalen Ansehen weiter schaden.

Die UN-Menschenrechtskommission hat vor kurzem ihre Einschätzung, dass Israel in Gaza einen Völkermord in Gang setzen könnte, dahingehend verändert, dass dieser Sachverhalt nun eingetreten sei. Staaten, die Israel weiterhin materiell, diplomatisch und mit Waffen unterstützen, riskieren, sich mitschuldig zu machen. Dieser Umstand sowie der Wunsch, die eigene Souveränität zu bekräftigen, haben kleine europäische Länder wie Andorra, Luxemburg, Malta, Monaco und San Marino dazu gebracht, sich dem derzeitigen Anerkennungsfuror anzuschließen.

Aus der Geschichte der Shoa nicht gelernt

Dass sich Deutschland und Österreich diesem Trend verweigern, überrascht nicht. Sie ducken sich unter dem Argument einer Staatsräson weg, die – entgegen ihrem bornierten Selbstverständnis – gerade nichts aus der Geschichte der Shoa gelernt hat. Es wird zudem argumentiert, die Anerkennungen würden vorerst nichts am Horror in Gaza und in der Westbank stoppen, ihn womöglich gar verstärken.

Tatsächlich lässt sich Washington bisher nicht davon abbringen, die Regierung Netanjahu bedingungslos zu unterstützen, die ganz offen erklärt und dies durch ihr Handeln erhärtet, dass sowohl Gaza als auch das Westjordanland ausschließlich dem jüdischen Volk gehören. Dies bedeutet, perspektivisch könnten auch die Bewohner Ostjerusalems vertrieben werden. Selbst arabischen Israelis wird immer wieder deutlich gemacht, nicht dauerhaft erwünscht zu sein.

Wahr ist, dass die Anerkennung Palästinas durch jetzt 153 von 193 UN-Mitgliedern zunächst ein symbolischer Akt bleibt. Zustande kam sie größtenteils durch den mächtigen Widerstand von Millionen Demonstranten weltweit, die sich nicht davon beirren ließen, als antisemitisch denunziert zu werden.

Sie haben die Stimmung in vielen westlichen Ländern beeinflusst, sodass der Druck spürbar gewachsen ist, konsequente Sanktionen gegen Israel auf wirtschaftlicher und diplomatischer Ebene zu verhängen. Letzteres bedeutet nicht, alle „Kommunikationskanäle“ stillzulegen, doch müssen sie zielgerichteter als bisher bedient und durch einen regen Austausch mit der palästinensischen Seite ergänzt werden. Dass viele Medien dies sträflich versäumt und einen erheblichen Nachholbedarf haben, steht außer Frage.

ArafatDeutschlandEndeFrankreichGeschichteGroßbritannienIsraelKeithKongressMedienMonacoNahostNetanjahuNew York CityOsloÖsterreichPalästinaPloRegenRegierungSelbstShoaUNUN-SicherheitsratUSAWaffenWestjordanland