Die Schwarzen-Umweltpolitiker: Wirtschaft stärken, ohne Klimaschutz zu zehren

Die Ursachen für die derzeitige Krise der Wirtschaft sind vielfältig. Sie reichen beispielsweise von zu hohen Arbeits- und Bürokratiekosten bis hin zu gestiegenen Energiepreisen infolge des russischen Angriffskriegs. In diesem Zusammenhang wird die Forderung laut, den Klimaschutz bei uns zurückzuschrauben.

Ein bloßes Zurückschrauben jedoch würde viel zu kurz greifen. Denn wir haben nicht nur eine Wirtschaftskrise, sondern müssen auch dem Klimawandel begegnen. Die rasant fortschreitendende Erderwärmung mit all ihren Folgen erfordert ebenso politisches Handeln.

Thomas Gebhart ist Mitglied des Bundestages und Obmann der CDU/CSU im Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nu­kleare Sicherheit.dpa

Unseren langfristigen Wohlstand werden wir nur sichern können, wenn es gelingt, unsere Lebensgrundlagen zu bewahren. Nur so können auch in 20 und 30 Jahren unsere Kinder gut, sicher und gesund leben. Die Erderwärmung und ihre drohenden Folgen heute zu ignorieren, würde langfristig unseren Wohlstand gefährden. Unser Ziel ist daher, eine starke Wirtschaft mit Klimaschutz zu verbinden. Für uns ist die Wirtschaft nicht Teil des Pro­blems, sondern Teil der Lösung.

Wirtschaft ist nicht Problem, sondern Lösung

Deutschland hat dabei bereits viel erreicht: Wir haben seit 1990 die Emissionen um die Hälfte reduziert und gleichzeitig die reale Wirtschaftsleistung um die Hälfte erhöht.

Wie sollten wir jetzt weiter vorgehen? Zentrales Klimaschutzinstrument in der Europäischen Union ist der Emissionshandel für die Sektoren Energie und Industrie (ETS-1). Dieses marktwirtschaftliche Instrument sollten wir beibehalten. Es braucht aber Anpassungen. Ist es nicht unlogisch, dass dem Emissionshandel unterliegende Unternehmen früher klimaneu­tral werden sollen als die Bereiche, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen?

Es muss daher, anders als bisher vorgesehen, Emissionszertifikate über das Jahr 2039 hinaus geben. Um Preissprünge bei Emissionszertifikaten zu vermeiden und somit für Unternehmen und Bürger Planungssicherheit zu bieten, sollten in allen Emissionshandelssystemen Preiskorridore vorgegeben werden.

Kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten nicht aufgeben

Außerdem darf die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten – als Schutz für die im internationalen Wettbewerb stehende Industrie gedacht – nicht aufgegeben werden, ehe nicht der angedachte Schutz mithilfe des CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM effektiv und bürokratiearm funktioniert. Dies hätte zur Folge, dass zwar der Staat vergleichsweise weniger Einnahmen aus dem Verkauf der Zertifikate hätte. Im Gegenzug aber würde unsere Industrie entlastet und hätte mehr Spielraum, um am hiesigen Standort zu investieren.

Da die Gesamtmenge an Emissionsrechten dadurch nicht erhöht würde, würden die Klimaziele nach wie vor erreicht. CBAM schafft in seiner aktuellen Ausgestaltung erhebliche Probleme. Notwendig ist ein einfaches System, das etwa anhand pauschaler Standardwerte an die CO2-Intensität der Herkunftsländer anknüpft.

CBAM bietet in seiner bisherigen Ausgestaltung auch keine Lösung, um Wettbewerbsnachteile für exportierende Unternehmen auszugleichen. Daher sollten den heimischen Unternehmen CO2-Kosten beim Export ihrer Waren anteilig rückerstattet werden – analog der Mehrwertsteuererstattung beim Export.

CO2-Preis darf im Übergangsjahr 2027 nicht steigen

Die Europäische Union hat die Einführung des europäischen Emissionshandels für Gebäude und Verkehr (ETS-2) um ein Jahr auf 2028 verschoben. Wie sollten wir nun in Deutschland darauf reagieren? Wichtig wäre, dass der nationale CO2-Preis im Übergangsjahr 2027 im Vergleich zu 2026 nicht weiter steigt. Alles andere wäre kaum vermittelbar.

Die CO2-Bepreisung darf nicht zu einem Einnahmeninstrument des Staates werden. Die Einnahmen aus den Emissionshandelssystemen müssen vollständig an Bürger und Unternehmen zurückgegeben werden. Die Einnahmen sollen unter anderem für die Senkung der Stromsteuer für alle auf das europäische Minimum verwendet werden. Günstige Strompreise befördern zugleich Elektromobilität und klimaneutrale Technologien im Gebäudesektor.

Internationale Klimakonferenzen können durch das Einstimmigkeitsprinzip nur begrenzt weitergehende Ergebnisse liefern. Deutschland und die Europäische Union sollten daher verstärkt mit den Staaten die Partnerschaft ausweiten, die ebenfalls ambitioniert im Klimaschutz vorangehen, und mit diesen Staaten verstärkt Handelshemmnisse abbauen.

Ziel muss es weiterhin sein, einen globalen CO2-Emissionshandel aufzubauen. Umgekehrt müssen Produkte, die nicht europäischen Umwelt-, Sicherheits- und Qualitätsstandards entsprechen, konsequenter vom europäischen Markt ferngehalten werden.

Wir wollen ein klimaneutrales Industrieland werden. CO2-Emissionen sollen Schritt für Schritt reduziert werden, ohne auf dem Weg dahin die Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Es geht daher nicht um das Ob beim Klimaschutz, sondern um das Wie. Wirtschaft, Umwelt und Soziales sind für uns keine Gegensätze, sondern gehören zusammen. Und wer, wenn nicht Deutschland, ist in der Lage, genau das zu schaffen?

Source: faz.net