„Die Schlussrunde“: Politiker streiten verbleibend Ukraine, Sicherheit – und sogar verbleibend dasjenige Klima

„Die Schlussrunde“: Politiker streiten verbleibend Ukraine, Sicherheit – und sogar verbleibend dasjenige Klima

Drei Tage vor der Wahl sind die Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker der im Bundestag vertretenen Parteien zu einer letzten Debatte zusammengekommen. In der „Schlussrunde“ von ARD und ZDF haben CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, SPD-Generalsekretär Matthias Miersch, Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen, FDP-Chef Christian Lindner, AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel, Linkenchef Jan van Aken, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und BSW-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht unter anderem über Außenpolitik, das Gesundheitssystem und Klimaschutz gesprochen. Olaf Scholz, Friedrich Merz und Robert Habeck waren nicht dabei. Ein Überblick:

Baerbock verteidigt Außenpolitik der Ampel

Die Debatte begann mit außenpolitischen Themen. Die Frage, ob sich die deutsche Außenpolitik angesichts der jüngsten Aussagen aus den USA zur Sicherheitspolitik neu aufstellen müsse, verneinte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Vielmehr müsse Deutschland den Kurs fortführen, den die Ampelkoalition vor drei Jahren eingeschlagen habe. Baerbock hält es für notwendig, dass Europa den eigenen Frieden selbst sichert. „Das können wir“, sagte sie. Auch SPD-Generalsekretär Matthias Miersch verteidigte die Position der Bundesregierung. Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Regierung seien gut vorbereitet, die entscheidende Frage sei nun die Finanzierung der Verteidigung.

„Diese Regierung ist de facto isoliert“, widersprach CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Er sehe Deutschland unter der derzeitigen Regierung schlecht vorbereitet. Es brauche eine neue Prioritätensetzung. Auch der CSU-Landesgruppenvorsitzende Alexander Dobrindt sagte: „Die Regierung ist gar nicht vorbereitet auf das, was da passiert.“

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Weidel und Wagenknecht für Verhandlungen mit Russland

Die AfD steht laut ihrer Kanzlerkandidatin Alice Weidel hinter dem Vorstoß von US-Präsident Donald Trump, Gespräche zu einem Ende des Kriegs in der Ukraine mit Russland voranzutreiben. „Ich glaube, es war nie richtig, diesen Krieg in einer Schwarz-Weiß-Zeichnung zu sehen.“ Der Angriffskrieg sei völkerrechtswidrig. „Aber er hatte eine Vorgeschichte, die immer ausgeblendet wurde“, sagte Weidel. Sie halte Verhandlungen für richtig, um den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Baerbock und Linnemann widersprachen dem bestimmt und warfen der AfD-Kanzlerkandidatin vor, sich kein ehrliches Bild von der Lage zu machen.

Auch Wagenknecht sagte, „dass man nun verhandeln müsse“. Sie kritisierte, dass die deutsche Regierung nur auf Waffenlieferungen und militärische Lösungen setzte. Sie sprach sich gegen eine Erhöhung des Verteidigungsetats aus sowie gegen eine Aufhebung der Schuldenbremse zur „Aufrüstung“ Deutschlands. 

Linkenchef Jan van Aken rief dazu auf, das Thema Sicherheit europäisch zu denken und sich nicht auf die Nato zu verlassen. Wäre das schon vorher passiert, müsste man jetzt nicht auf die harte Tour feststellen, wie abhängig Europa von den USA sei. Die Sicherheit Deutschlands würde sich langfristig gesehen erhöhen, sollte Donald Trump aus der Nato austreten und die Nato zerfallen. Er sagte, dass die europäischen Nato-Staaten gemeinsam mehr Geld für das Militär ausgäben als Russland.

Baerbock warf ein, dass es im Ukrainekrieg sehr wohl Verhandlungsversuche gegeben habe, die von Russlands Präsident Wladimir Putin jedoch nicht ernsthaft angenommen worden seien. Angesprochen auf eine mögliche Unterstützung deutscher Friedenstruppen bei der Absicherung eines Friedens in der Ukraine sagte Baerbock: „Wenn es Absicherung gibt, dann müssen natürlich auch die Europäer beteiligt sein.“ Sie wies darauf hin, dass sich Deutschland auch an Blauhelmmissionen in anderen Ländern beteilige. 

Auf eine Friedenssicherung für die Ukraine mit deutschen Soldaten wollten sich die Spitzenpolitiker der Union hingegen nicht festlegen – solange es noch keinen Frieden gebe.

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Miersch: „Wir sehen eine Ungleichbehandlung zwischen Privatversicherten und gesetzlich Versicherten“

Beim Thema Krankenversicherung zeigte sich ein klares Bild: FDP, Union und AfD sprachen sich gegen eine einheitliche Krankenversicherung für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland aus. Grüne, SPD, Linke und BSW dafür. „Wir sehen eine totale Ungleichbehandlung zwischen Privatversicherten und gesetzlich Versicherten bei den Fachärzten“, sagte Miersch. Wagenknecht kritisierte, das Gesundheitssystem sei in erster Linie so teuer, weil das „Gesundheitssystem kommerzialisiert, privatisiert und auf Gewinn getrimmt wurde“.

Beim Thema Pflege sprach Miersch von einem Pflegedeckel von 1.000 Euro, den die SPD vorschlägt. Dieser solle dazu führen, dass die Menschen nicht mehr mehrere Tausend Euro im Monat für pflegebedürftige Angehörige zahlen müssten. Die SPD will dies durch eine Umschichtung von Zuschüssen finanzieren.

Auch van Aken forderte eine solidarische Finanzierung des Pflegesystems. „Die ganz große Ungerechtigkeit, die wir heute haben, ist, dass nur ein ganz kleiner Teil der Einkommen in Deutschland einzahlt in das System“, sagte er. Es müssten alle Einkommen herangezogen und gerade auch höhere Einkommen mehr belastet werden. Baerbock schloss sich dem an und kritisierte, dass das Gesundheitssystem in Deutschland ein Zweiklassensystem sei. Gesetzlich Versicherte fänden in manchen Städten kaum einen Facharzttermin.

Weidel fordert für pflegende Angehörige einen Lohn von 2.000 bis 3.000 Euro im Monat. So wolle die AfD Pflege durch Angehörige fördern. Lindner kritisierte, dass alle seine Mitbewerber viel Geld verteilen wollten, aber nicht sagten, wo es herkomme. Er plädierte für private Vorsorge.

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Union für Einführung „aufwachsender Wehrpflicht“

Beim Thema junge Menschen drehte sich die Debatte vor allem um eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht. Dobrindt verteidigte die Idee der Union, eine sogenannte aufwachsende Wehrpflicht einzuführen. Man müsse nun alle mustern, die sich freiwillig meldeten, um wieder eine Reserve aufzubauen. Wie im Grundgesetz vorgeschrieben, sollen dafür nur Männer gemustert werden. Auch Linnemann plädierte für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr. Dieses müsse aber zunächst in der Gesellschaft debattiert und nicht parteipolitisch durchgedrückt werden.

Weidel sprach sich für einen zweijährigen Wehrdienst für junge Menschen aus. Sie warf der Union und der ehemaligen Regierung unter Angela Merkel vor, Deutschland nicht verteidigungsfähig gemacht zu haben. Es brauche eine bessere Ausbildung in der Bundeswehr und eine größere „Identifikation der deutschen Bevölkerung mit unserer Bundeswehr“.

Wagenknecht sprach sich gegen eine Wehrpflicht aus, ebenso wie van Aken. Er sei aber für die eine Förderung von freiwilligem Engagement junger Menschen, die seiner Meinung nach nicht verpflichtet werden müssten.

Beim Thema Bildung zeigten sich die Politiker ungewöhnlich einig. Die meisten forderten mehr Kompetenzen für den Bund. Lindner sagte, die FDP wolle insbesondere dafür sorgen, dass diejenigen, die eine geringere Chance auf einen qualifizierten Schulabschluss haben als andere, gefördert würden. Zudem brauche es mehr Vergleichbarkeit. „Alle Bundesländer sollten sich an dem Abitur von Bayern orientieren und nicht an dem von Bremen“, sagte er. 

Auch Baerbock forderte, vergleichbare Chancen für Kinder in der Bildung zu schaffen, und sich nicht „hinter dem Föderalismus zu verstecken“. Miersch sprach sich für einen neuen „Pakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen“ aus.

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Linke will fürs Klima Superreiche besteuern

Zuletzt wurde über ein Thema gesprochen, das im Wahlkampf häufig keinen Platz fand: Klima. Van Aken plädierte für konsequenten Klimaschutz. „Das Klima nicht zu schützen, kostet uns viel mehr Geld“, sagte er. Bisher seien die Klimamaßnahmen nicht sozial gedacht, sondern „mit der Gießkanne“ verteilt worden, sodass Menschen mit wenig Einkommen kaum unterstützt wurden. Klimaschutzmaßnahmen müssten immer sozial unterstützt werden. „Ich glaube, dann bekommen wir endlich wieder mehr Zustimmung für Klimamaßnahmen.“ Er wies zudem darauf hin, dass Superreiche um ein Vielfaches mehr CO₂ verursachten als ärmere Menschen. Er forderte, dass besonders Wohlhabende über eine Vermögenssteuer an den Kosten der Klimakrise beteiligt werden.

Die BSW-Vorsitzende sprach sich dagegen gegen feste Ziele aus. „Ich halte nichts davon, dass Klimaschutz dadurch vorangetrieben wird, dass man den Menschen das Leben verteuert, wenn sie oft gar keine Alternative haben“, sagte Wagenknecht. Plakative Ziele dürfe es nicht geben. Auch Union und FDP stellten sich gegen strikte Klimaschutzvorgaben. Die Union kündigte zudem an, das Heizungsgesetz wieder abschaffen zu wollen.

Weidel beantwortete die Frage, warum die AfD eigentlich die Klimakrise leugne, nicht und kritisierte stattdessen erneut die Energiepreise.

Neuwahl23.2.

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