Die Nerven, Team Delphin, Perera Elsewhere, Sorry, Mutter: Abgehört – Album der Woche

Die Nerven: Max Rieger, Kevin Kuhn, Julian Knoth (v.l.)


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Album der Woche:

Die Nerven – »Die Nerven«

»Deutschland muss in Flammen stehen, ich will alles brennen sehen«. Nein, das ist keine Zeile, mit der man es heutzutage noch in die »Bild«-Zeitung schafft oder auf den Index. Dafür muss man schon, wie die Berliner Band K.I.Z, das Oktoberfest parodieren und Ekelszenen von der Wiesn in ein Video schneiden, das dann sogleich von YouTube gesperrt wurde.

Aber das macht diese Zeile von der auf Stuttgart und Berlin verteilten Band Die Nerven nicht weniger beunruhigend. Max Rieger singt sie mit deklamierendem Punkrock-Gestus im zweiten Song des Albums »Die Nerven«. Er heißt »Ich sterbe jeden Tag in Deutschland« und erinnert, wenn auch musikalisch ganz anders gestaltet, natürlich sofort an die 40 Jahre alte Slime-Hymne »Deutschland muss sterben«, die einst vom Bundesverfassungsgericht auf ihren Schutz durch die Kunstfreiheit geprüft werden musste. Von Slime wusste man genau, wo sie stehen. Und auch Die Nerven, deren zweite Platte »Fun« an dieser Stelle einst hellseherisch als »eine der wichtigsten und besten deutschsprachigen Platten dieses Jahrzehnts« bezeichnet wurde, stehen im Zweifel politisch links. Aber ihr sechstes Album ist kein Pamphlet, keine Kampfansage, sondern ein Testament der Ambivalenz, ein Hadern mit dem Zeitgeist, auf das sich alle einigen können, wahrscheinlich auch die, die bei den Montagsspaziergängen ihren Republikfrust von der rechten Seite aus skandieren. Oha!