Die Kosten zum Besten von den Klimaschutz laufen aus dem Ruder

„Stimmt nicht“: Mit knappen Worten wies Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Wochenende abermals Kritik von Wirtschaftsverbänden zurück, wonach er die Probleme der Wirtschaft nicht ernst nehme. Als Beleg für den Reformeifer der Ampelkoalition führte er ausgerechnet das Wachstumschancengesetz an, das wie kein anderes Gesetz für die Kluft zwischen Anspruch und Realität steht.

Nur um etwas mehr als 3 Milliarden Euro entlastet es Unternehmen steuerlich im Jahr. Das ist so gut wie nichts, wenn man bedenkt, wie weit Deutschland in den Wachstumsprognosen hinter den anderen Industrieländern liegt.

Irgendwann Anfang vergangenen Jahres muss jemand im Kanzleramt rosarote Brillen verteilt haben, die Scholz und seine Vertrauten seitdem nicht mehr abgenommen haben. Er versprach ein grünes Wirtschaftswunder durch den Umstieg auf klimafreundliche Autos, Heizungen und Fabriken, obwohl Ersatzinvestitionen allein kein Wachstum schaffen.

300 Milliarden Euro fließen ab

Alles laufe auf Deutschland zu, befand Scholz und verwies auf die geplanten Chipfabriken, die indes mit hohen Zuschüssen erkauft sind. Dass binnen drei Jahren unter dem Strich mehr als 300 Milliarden Euro an Investitionen aus Deutschland abgeflossen sind, dazu ist wenig zu hören.

Die Wirtschaftspolitik der Ampelkoalition beschränkt sich darauf, den Haushalt für das nächste Jahr aufzustellen und darüber zu diskutieren, ob die Rente mit 63 bleiben soll. Das ist zu wenig. Mindestens ebenso viel Aufmerksamkeit verdient ein anderes Thema, dessen finanzielle Dimension noch weitaus größer ist.

Es geht um die Kosten der Transformation hin zur Klimaneutralität. Nach Schätzungen der Unternehmensberatung McKinsey sind dafür bis 2045 über alle Wirtschaftsbereiche hinweg bis zu 10 Billionen Euro nötig. Das entspricht aufs Jahr gerechnet ungefähr der Höhe des aktuellen Bundeshaushalts oder der Hälfte aller Investitionen, die Unternehmen tätigen. Allein für das Projekt Klimaneutralität, wohlgemerkt.

Enorme Ausgaben

Ein Verband nach dem anderen meldet den Finanzbedarf für seine Branche an. Für die Energiewende rechnet der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft bis 2035 mit Ausgaben von 1,2 Billionen Euro.

Es müssen nicht nur viele neue Solar- und Windparks gebaut werden, sondern auch Stromnetze, Speicher und Gaskraftwerke, um die nach Wetterlage schwankenden Erneuerbaren auszugleichen. Die Wohnungswirtschaft wiederum geht davon aus, dass für die energetische Sanierung von Altbauten bis zu 3,6 Billionen Euro nötig sind.

Insbesondere die Grünen und die SPD erwecken gerne den Eindruck, dass „der Staat“ mit seinen Förderprogrammen für Wärmepumpen, Ladesäulen, die Stahlerzeugung und vieles andere mehr den Großteil der Kosten der Transformation schultern wird.

Die Bürger zahlen

Doch der Staat, das sind alle, die über Steuern, den CO2-Preis und andere Abgaben überhaupt erst die finanzielle Basis schaffen, damit Politiker Geld verteilen können. Linke Tasche, rechte Tasche – am Ende zahlt die Kosten der Transformation immer der Bürger.

Angesichts der vielen Probleme, die Deutschland neben seiner CO2-Bilanz hat, vom schlechten Zustand der Schulen über die marode Infrastruktur bis hin zu den überforderten Sozialsystemen, drängt sich die Frage auf, ob Klimaschutz nicht auch günstiger geht. Muss Deutschland wirklich fünf Jahre früher als andere Industrieländer klimaneutral werden? Zumal es nur 2 Prozent der Emissionen weltweit verursacht?

Warum nicht versuchen, die stillgelegten Atomkraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen? Und muss wirklich jeder Lebensbereich CO2-frei werden, wenn mittels neuer Technik CO2 aus der Atmosphäre gezogen und unterirdisch gespeichert werden kann?

Hoffnung auf den Mini-Aufschwung

Doch an einer solchen Debatte hat in Berlin kaum jemand Interesse. Der Kanzler hofft darauf, dass pünktlich zur Bundestagswahl ein Mini-Aufschwung die schlechte Stimmung im Land dreht.

Robert Habeck feilt mit präsidialen Reden zu Israel, der ­Ukraine und dem Zustand der Demokratie an seiner Kanzlerkandidatur für die Grünen, während sein Wirtschaftsministerium daran arbeitet, die Kosten der Energiewende stärker auf die nächsten Generationen zu verlagern.

Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang will nicht mehr von „Transformation“ sprechen, weil dies wie ein technokratischer Prozess „über die Köpfe der Menschen hinweg“ wirke. Wer aber glaubt, durch eine geschmeidigere Wortwahl lasse sich der wachsende Unmut in der Gesellschaft über die Kosten der Transformation dämpfen, der könnte bei den nächsten Wahlen genau die gegenteilige Erfahrung machen.

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