Die Euro-Konjunktur schwächelt

Die Konjunktur im Euroraum hat sich zu Beginn des zweiten Halbjahres abgeschwächt. Daran besteht nach einhelliger Meinung von Volkswirten kein Zweifel. Jüngste Umfragen unter Unternehmen lassen keinen anderen Schluss zu. Die Meinungen gehen aber auseinander, wie stark diese Abschwächung die kommenden Monate bestimmen wird. Die Erholung habe an Schwung verloren, bevor sie begonnen habe, werten die Ökonomen von Oxford Economics und zeichnen ein eher skeptisches Bild. Das Wachstum könne sich nach einem soliden Start ins Jahr ein wenig abschwächen, heißt es indes von den Volkswirten von Morgan Stanley. Die Fundamentaldaten blieben positiv.

Tatsächlich sind die Wirtschaftsdaten im Euroraum sehr durchwachsen. Die erste Schätzung von Eurostat zum Wachstum im zweiten Quartal hatte viele Beobachter positiv überrascht. Mit einem Zuwachs von 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal legte das reale Bruttoinlandsprodukt so zu wie am Jahresbeginn. Das Wachstumstempo war danach fast dreimal so stark wie im vergangenen Jahr.

Auch die jüngsten Daten zur Entwicklung der Industrieproduktion in großen Eurostaaten ließen aufhorchen. In Deutschland legte die Produktion im verarbeitenden Gewerbe im Juni um 1,4 Prozent gegenüber Mai zu. In Frankreich waren es 0,8 Prozent, in Italien 0,5 Prozent und in Spanien 0,3 Prozent. Zwei Gründe aber sprechen dafür, diese Zahlen nicht als Aufschwungsignal zu nehmen. Zum einen reichte etwa in Deutschland, Frankreich und in Italien das Plus im Juni nicht aus, um die Schrumpfung der Produktion im zweiten Quartal zu verhindern. Zum anderen ist das Plus im Juni in der unerbittlichen Logik der Konjunkturforscher schon Vergangenheit. Was zählt, ist allein der Blick in die Zukunft.

Der fiel zuletzt skeptisch aus. Der von S&P Global in Umfragen erstellte Einkaufsmanagerindex der Industrie im Euroraum lag im Juli mit 45,8 Punkten unverändert gegenüber dem Vormonat und weit unter der Marke von 50 Punkten, die im Urteil der befragten Unternehmen Aufschwung und Rezession voneinander trennen. Selbst in Spanien, das unter den vier großen Euro-Wirtschaften ein solides Wachstum demonstriert, wies die Entwicklung in der Industrie zuletzt schon das zweite Mal nacheinander nach unten. Die erhoffte Wende aufwärts im globalen Industriezyklus hat sich in Europa bislang nicht gezeigt.

Nicht nur die Industrie schwächelt

Schlimmer noch ist, dass die Aussichten sich nicht nur in der Industrie verschlechtern, sondern auch unter den Dienstleistungsunternehmen. Das ist der Wirtschaftsbereich, der in den vergangenen Monaten das Wachstum im Euroraum getrieben hatte. Eine Angleichung der Entwicklung zwischen Industrie und Diensten war erhofft worden, was die Entwicklung stabilisiert hätte. Die Angleichung scheint sich vorerst aber nun so zu vollziehen, dass auch die Dienstleistungsunternehmen schwächeln.

Der Composite-Index der Einkaufsmanager-Umfragen, der die wirtschaftliche Lage in beiden Wirtschaftsbereichen zusammenfasst, liegt nur noch knapp oberhalb der Rezessionsschwelle. Es scheint sich das Muster vergangener Jahre zu wiederholen, dass die konjunkturelle Stimmung der Unternehmen im ersten Halbjahr sich ein wenig aufhellt, um sich dann wieder zu verdunkeln. Besonders ausgeprägt zeigt sich dieses Muster in Deutschland, aber auch in Frankreich.

In beiden Ländern wiesen die Stimmungsindikatoren für die Industrie zuletzt im Trend klar nach unten. Die beiden größten Volkswirtschaften in der Währungsunion setzen sich damit unangenehm von den anderen großen Ländern nach unten ab. Die vorliegenden Wachstumsdaten für das zweite Quartal zeigen dabei, dass die konjunkturelle Diskrepanz zwischen den Eurostaaten andauert. Während in Deutschland die Wirtschaftsleistung im Zeitraum von April bis Juni um 0,1 Prozent schrumpfte, wuchs sie in Frankreich um 0,3 Prozent und in Spanien um 0,8 Prozent.

Auf der positiven Seite des Konjunkturausblicks steht, dass der Arbeitsmarkt im Euroraum sich bislang als widerstandsfähig erwies. Die Arbeitslosenquote lag zuletzt um 6,5 Prozent. Das könnte sich ändern. In den Konjunkturumfragen der Europäischen Union und in den Umfragen unter den Einkaufsmanagern zeigt sich ein geringer werdender Wille der Unternehmen zu Neueinstellungen. Die schlechtere Wirtschaftslage drückt die Gewinne der Unternehmen, was die Neigung dahinschmelzen lässt, Arbeitskräfte für einen künftigen Aufschwung vorzuhalten. Darauf macht zum Beispiel Marco Valli von Unicredit aufmerksam.

Konjunkturoptimisten nennen als positiven Faktor auch, dass die Europäische Zentralbank vielleicht schon im September den Leitzins weiter senken könne. Umfragen der EZB unter Finanzinstituten im Euroraum zeigen jedenfalls, dass die Banken ihre Kreditstandards gelockert haben, was den Unternehmen Investitionen erleichtern sollte. In der Entwicklung der Ausleihungen ist davon bislang nichts zu sehen. Als ein Stolperstein auf dem Weg zu viel niedrigeren Zinsen könnte sich erweisen, dass die Erzeugerpreise im Juli nur noch um 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat sanken und gegenüber dem Vormonat schon um 0,5 Prozent stiegen. Dauert der Trend an, wird das den Fall der Verbraucherpreisinflation Richtung zwei Prozent zumindest bremsen, wenn nicht umkehren. Im Juni lag die Inflation noch bei 2,6 Prozent.

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