Die Deutschen funktionieren so wenig und so viel wie noch nie

Die Deutschen arbeiten immer weniger Stunden in der Woche. Doch weil immer mehr Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten, arbeiten die Beschäftigten in der Summe so viel wie noch nie. Das zeigt eine Studie des Deutschen Institut zur Wirtschaftsforschung (DIW). Demnach sank die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Beschäftigten in Deutschland seit 1991 von 39 auf 36,5 Stunden. Das Arbeitszeitvolumen lag dagegen im Jahr nach der Wiedervereinigung bei 52,2 Milliarden Stunden im Jahr, fiel dann auf 47,12 Milliarden Stunden im Jahr 2005 und stieg seither im Trend auf das Rekordniveau von 54,7 Milliarden Stunden im vergangenen Jahr.

Der Zuwachs des Arbeitsvolumens gründet nach der Studie vor allem darin, dass mehr Frauen bezahlte Arbeit aufnehmen. 2022 waren 73 Prozent der Frauen erwerbstätig, 1991 waren es nur 57 Prozent gewesen. Fast die Hälfte der erwerbstätigen Frauen sind dabei teilzeitbeschäftigt.

Die Studie wirft ein Schlaglicht auf die Diskussion in der alternden Gesellschaft, in der Gewerkschaften für kürzere Wochenarbeitszeiten streiken, in der der jüngeren Generation eine hohe Vorliebe für Freizeit zugeschrieben wird, in der Wirtschaftsverbände mehr Wochenstunden fordern, in der Facharbeiter fehlen und in der wenig Kinder geboren werden. Die sinkende Wochenstundenzahl wird manchmal damit gerechtfertigt, dass die Arbeitsproduktivität steige. Gegen fehlende Arbeitskräfte hilft das indes nicht.

Vor allem Frauen wollen mehr arbeiten

Obwohl die durchschnittliche Wochenarbeitszeit im Trend sinkt, würden viele Beschäftigte nach der Studie lieber mehr arbeiten. 8 Prozent der beschäftigen Männer und 14 Prozent der Frauen äußerten den Wunsch, mehr als 4 Stunden je Woche mehr zu arbeiten. Unter Jüngeren ist der Wunsch nach Mehrarbeit ausgeprägter als unter Älteren. Minijobber und Beschäftigte mit geringer oder keiner Qualifikation würden gerne mehr Stunden je Woche arbeiten als höher Qualifizierte. Das DIW beruft sich auf sein sozio-ökonomisches Panel, eine regelmäßige Befragung von rund 15.000 Haushalten.

Besonders unterbeschäftigt sind danach Frauen. Systematisch ist in allen untersuchten Kategorien der Wunsch nach mehr Arbeitsstunden unter Frauen stärker als unter Männern. Die Autoren verweisen darauf, dass eine Reform des Ehegattensplittings in der Steuer und der Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen Möglichkeiten schüfen, das vorhandene Erwerbspotential bei Frauen auszuschöpfen. Der Abbau der Unterbeschäftigung allein könne den Fachkräftebedarf in Deutschland nicht decken, aber abmildern.

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