Die Aktivrente ist wohlgemeint – Gewiss nicht wirkungsvoll

SPD und Union haben sich auf die Aktivrente geeinigt. Wer im Alter länger arbeitet, dem winkt ein zusätzlicher Freibetrag von 2000 Euro im Monat. Aber wegen der widersinnigen Rentenpolitik der Regierung wird der Effekt dieser Maßnahme nur gering sein.

Die Aktivrente ist ein Herzensprojekt der CDU. Schon im Wahlkampf priesen Parteichef Friedrich Merz und sein Generalsekretär Carsten Linnemann die Idee, ältere Beschäftigte mit einem ordentlichen Steuerbonus zur Weiterarbeit zu motivieren – als wirksames Mittel gegen den Fachkräftemangel. Zum Jahreswechsel soll die Aktivrente nun an den Start gehen. Darauf haben sich SPD und Union verständigt.

Die Bewertung dieses Plans fällt bestenfalls gemischt aus. Zweifellos ist es geboten, die Babyboomer möglichst lange am Arbeitsmarkt zu halten. Fast jeder dritte Arbeitnehmer erreicht in den kommenden Jahren die Altersgrenze. Die nachrückenden Jahrgänge sind nur noch halb so groß. Damit droht eine rasch wachsende Personallücke, die doppelten Schaden anrichtet: Erstens fehlen dann an allen Ecken und Enden Erwerbstätige, und zweitens brechen damit auch die Einnahmen in den Sozialkassen ein.

Deshalb ist es höchste Zeit, die Auswirkungen des demografischen Wandels zumindest abzufedern. Doch angesichts der Wucht, mit der die Alterung den Arbeitsmarkt bereits heute trifft, ist das Mittel der Aktivrente nicht wirksam genug. Laut Regierung könnte die neue Steuervergünstigung pro Jahr von 25.000 Personen genutzt werden. Die Wirtschaftsweisen befürchten allerdings vor allem Mitnahmeeffekte.

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Tatsächlich ist es fraglich, ob die Zahl der Silver Worker überhaupt nennenswert durch die Aktivrente gesteigert wird. Denn die Pläne sehen vor, dass weder die Frührentner noch die Selbstständigen davon profitieren. Dabei sind Handwerker, die auf eigene Rechnung arbeiten, sowie selbstständige Berater, Ärzte und andere Freiberufler am häufigsten noch im Alter fleißig. Dagegen geht die Mehrheit der Arbeitnehmer sogar vor dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand. Und alle Umfragen zeigen, dass auch die noch erwerbstätigen Babyboomer diesem Trend zu folgen gedenken. Zumal der Staat – und hier zeigt sich der ganze Widersinn der deutschen Rentenpolitik – immer noch das vorzeitige Ausscheiden subventioniert.

Die Koalitionäre bleiben taub gegenüber der Forderung aus Wirtschaft und Wissenschaft, die abschlagsfreie Frührente endlich abzuschaffen. Doch SPD und Union fehlt der Mut, die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte zu kassieren. Wer 45 Beitragsjahre beisammen hat (wozu auch Zeiten der Ausbildung, der Kindererziehung, Pflege oder Arbeitslosigkeit zählen), geht ohne Einbußen bis zu zwei Jahre vor Erreichen der Altersgrenze in Rente. Wer auf 35 Jahre kommt, darf sogar schon mit 63 Jahren gehen, dann aber mit Abschlägen von 3,6 Prozent pro Jahr.

Weil diese Kürzung laut Experten versicherungsmathematisch viel zu niedrig angesetzt ist, ist auch dieser Weg in den vorzeitigen Ruhestand eine finanzielle Förderung der Frührente. Kein Wunder, dass viele Großunternehmen in der Krise nur zu gerne die Möglichkeit nutzen, zulasten der Sozialkassen ältere Arbeitskräfte auszumustern. Gegen solche Riesenanreize zum Frühausstieg kommt die Aktivrente nicht an.

Source: welt.de

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