Die Schweizer kommen vorbereitet. Voller Intensität und Energie, geduldig, aber druckvoll im Aufbau. Aus der Zukunft heraus kann ich berichten: Sie werden bis zur 92. Minute den Ton angeben. Ich spreche von den Fans, mit Fußball kenne ich mich nicht aus.
Eine Menschenmenge schleppt sich im Kreis um das Stadion herum, auf der Suche nach Bier oder Freunden, nach den richtigen Eingängen. Der Ort vibriert mit Vorfreude und einer schwirrenden Anspannung, die allen großen Sportevents innewohnt. Ich bin am falschen Eingang, aber der Ordner winkt mich durch, nuschelt: „Das ist Frankfurt, ist doch egal, welcher Eingang“, und ich fühle mich sofort zu Hause. Ein wenig so, als hätten wir irgendjemandem bei der Uefa eins ausgewischt, ich und der Ordner. Der US-Amerikaner in unserer Gruppe staunt. Er kennt die perfekt geölte Sportentertainment-Maschine der USA mit ihren Brad Pitts, die auf den Videoleinwänden eingeblendet werden, aber er war noch nie bei einem Fußballspiel zwischen Nationalmannschaften. Noch nie bei einer EM, hat noch nie Fangesänge live gehört und versteht einfach nicht, woher wir alle die Lieder kennen, die angestimmt werden, und wieso wir alle die Töne treffen. Es ist aber auch hier im Stadion schon alles professionalisiert worden und die Fußballromantik der Digitalisierung gewichen. Man kann die Mannschaftsaufstellungen per QR-Code scannen und, eine halbe Stunde bevor sie durchgesagt werden, schon mit seinem Wissen angeben. Ein weiterer QR-Code ermöglicht das Einschicken von Selfies an die Uefa, sodass man möglicherweise, wenn der Wind günstig steht und man laut genug brüllt oder lustig genug aussieht oder ganz besonders glücklich zu sein scheint, auf die Videoleinwand emporgehoben wird. Kein Brad Pitt in Sicht, nur feiernde Fans – umso besser.