Die Deutsche Bank ist dabei, die in diesem Jahr aufgetauchten Rechtskosten und Rechtsrisiken für den mehr als zehn Jahre zurückliegenden Kauf der Postbank zu verringern. Dafür hat sie sich mit 80 Klägern, die 60 Prozent der Forderungen stellen, außergerichtlich verglichen. Wie die Deutsche Bank am Mittwochabend mitteilte, steigt dadurch der Gewinn des Kreditinstituts im dritten Quartal 2024 um 430 Millionen Euro.
Diese Zahl resultiert aus einer Vorgeschichte: Die Deutsche Bank hat im zweiten Quartal 2024 eine Rückstellung von 1,3 Milliarden Euro für den schlimmsten Fall gebildet, also dafür, dass sie die Auseinandersetzungen mit allen Postbank-Klägern vor den Gerichten verliert. Dieses Risiko ist nun auf weniger als eine Milliarde Euro gesunken. Die Deutsche Bank hofft darauf, dass sich weitere Kläger ihrem Vergleichsangebot anschließen werden und dann die Kosten und Risiken noch weiter sinken.
Elliott stimmt zu, Helaba lässt nicht locker
Bei dem größten Kläger unter den Postbank-Aktionären handelt es sich nach Informationen der F.A.Z. um den amerikanischen Hedgefonds Elliott Management von Paul Singer. Elliott ist in Deutschland etwa durch den Erwerb von Aktien und dann anschließendem aktiven Handeln als Aktionär gegen seiner Ansicht nach träge Vorstände etwa bei Fresenius und Stada bekannt geworden.
Die Deutsche Bank legte den Namen des größten Einzelklägers nicht offen und teilte lediglich mit, sie habe sich mit ihm und weiteren 80 Klägern geeinigt. Unter den weiteren Klägern sind dem Vernehmen nach der Verlag Effekten-Spiegel und nach Informationen der F.A.Z. die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), die den Rechtsstreit mit der Deutschen Bank aber wohl noch nicht beigelegt haben. Die Tochtergesellschaft Helaba Invest nimmt an einer Sammelklage mit weiteren institutionellen Anlegern teil, um die Ansprüche ihrer Fondskunden zu vertreten. Der Frankfurter Rechtsanwalt Jan Bayer hatte seinen Mandanten geraten, die Offerte der Deutschen Bank nicht anzunehmen.
OLG Köln bringt Wende
Der seit 14 Jahren anhängige Rechtsfall hat in diesem Jahr mehrfach Wendungen genommen. Das Oberlandesgericht Köln hatte im April angedeutet, dass den ehemaligen Postbank-Aktionären ein Nachschlag auf die von der Deutschen Bank vor 14 Jahren gezahlten 25 Euro je Postbank-Aktie zustehe. Das kam für die Deutsche Bank unerwartet, deshalb musste sie plötzlich 1,3 Milliarden Euro zurückstellen, was ihr im zweiten Quartal 2024 den ersten Quartalsverlust seit zehn Jahren einbrockte.
Zudem musste die Deutsche Bank wegen des Quartalsverlusts Pläne für den Rückkauf eigener Aktien auf Eis legen. Mitte August machte die Deutsche Bank den Postbank-Klägern dann kurzfristig außergerichtliche Angebote. Ein für den 21. August angekündigtes Urteil vom OLG Köln wurde auf den 23. Oktober verschoben, um den Parteien Zeit für Beratungen um einen außergerichtlichen Vergleich zu geben.
Am Mittwochabend konnte die Deutsche Bank nun einen ersten Erfolg verkünden: 80 Kläger haben diesem Angebot zugestimmt: 31 Euro Aufschlag auf die vor 14 Jahren gezahlten 25 Euro je Postbank-Aktie, insgesamt also – einschließlich der aufgelaufenen Zinsen – 56 Euro je Aktie. Auf die ehemaligen Aktionäre der Postbank, die es nicht mehr auf einen Prozess ankommen lassen, entfallen laut Deutscher Bank fast 60 Prozent der Forderungen. Das frei gewordene Geld – 430 Millionen Euro von zuvor zurückgestellten 1,3 Milliarden Euro – könnte die Deutsche Bank verwenden, um doch schneller als zuletzt gedacht eigene Aktien zurückzukaufen oder die Dividende zu erhöhen. Dem müsste allerdings die Bankenaufsicht Bafin zustimmen.
Die Aktie der Deutschen Bank stieg am Donnerstag wegen der für das Kreditinstitut guten Nachrichten schon mal um 2 Prozent auf 14,30 Euro. Der von der Deutschen Bank nun gefundene Vergleich mit 80 Klägern, die rund 60 Prozent der Forderungen stellen, beendet allerdings das Verfahren vor dem OLG Köln zunächst nicht. Die dort klagenden Aktionäre machen dem Vernehmen nach nur einen kleinen Teil der Kläger aus. Sie fordern bis zu 57,25 Euro – den Betrag, den die Deutsche Bank 2008 und damit zwei Jahre vor der offiziellen Übernahme für ein Postbank-Aktienpaket an die Deutsche Post gezahlt hatte. In Nachverhandlungen mit dem Verkäufer Deutsche Post gelang es ihr später, den Preis in der Finanzkrise zu drücken.
Die Geschichte der Postbank-Übernahme
Die Deutsche Bank hatte mit dieser Transaktion 2008 bewusst knapp vermieden, mehr als 30 Prozent der Aktien der Postbank zu erwerben. Denn dann wäre ein Pflichtangebot an alle Aktionäre erforderlich geworden. Strittig ist aber, ob die Deutsche Bank durch ihre späteren Vereinbarungen mit der Post de facto nicht doch schon vor der offiziellen Übernahme 2010 Zugriff auf deren verbliebenen Anteil hatte. Dazu sind zahlreiche weitere Klagen vor deutschen Gerichten anhängig.
Im ersten Quartal 2009 erwarb die Deutsche Bank dann knapp 23 Prozent und zahlte dafür 23,92 Euro je Aktie. Damit zahlte sie der Post deutliche Aufschläge auf den Börsenkurs. Zudem sicherte sie sich über Termingeschäfte praktisch die Mehrheit an der Postbank, wie es in einem Artikel der F.A.Z. aus dem Februar 2015 hieß. Die Deutsche Bank mied aber das Überschreiten der 30-Prozent-Anteils-Schwelle bis Oktober 2010.
Wie im Februar 2015 in der F.A.Z. diskutiert, entsendete die Deutsche Bank mit Werner Steinmüller und Tessen von Heydebreck aber schon im April 2009 zwei Vertreter in den Aufsichtsrat. Steinmüller, so Kläger schon damals, habe anschließend Einfluss auf die Kreditpolitik der Postbank genommen. Dies diente den Klägern als ein Argument, um zu belegen, dass die Deutsche Bank unabhängig von der 30-Prozent-Eigentümerschaft schon Kontrolle über die Postbank ausgeübt hat und möglicherweise ein Übernahmeangebot hätte machen müssen.