Trotz Tarnung ist die „Grille“ gut sichtbar, steht sie doch gleich neben der Konferenzbühne prominent präsentiert in der Messehalle. Fast acht Meter misst das elektrisch betriebene unbemannte Flugobjekt, das als Rettungsdrohne eingesetzt werden soll. Sie transportiert verletzte Personen auf einer Trage, die in einer Kabine im Inneren untergebracht sind. Ärzte in der Bodenstation können etwa Puls und Atemfrequenz der Verletzten überwachen, während die autonom fliegende Grille den Insassen in Sicherheit bringt.
Gut zwei Millionen Euro kostet das Gerät des bayerischen Herstellers Avilus , der nach eigenen Angaben erste Tests mit der Bundeswehr macht. In einer Broschüre bewirbt das Unternehmen die Vorteile gegenüber Helikoptern oder Bodenfahrzeugen, gerade was Besatzung und Kosten angeht. Helikopter kosten mitunter das Zwanzigfache, sie sind auch selten einzeln, sondern eher im Verbund unterwegs. Mit seinen 51 Kilometern Reichweite und seiner elektrischen Steuerung ist die „Grille“ nicht für lange Einsätze geplant, könnte aber eine Ergänzung in bestehenden Evakuierungs-Plänen darstellen.
Aufsichtsrat gegen zu viel Verteidigungs-Fokus
Die „Grille“ ist eines der Ausstellungsstücke auf der Xponential-Messe, die in dieser Woche in Düsseldorf zum ersten Mal stattfand. Eigentlich sollen keine militärischen Drohnen oder autonome Fahrzeuge gezeigt werden – und dennoch scheint das Thema unausweichlich zu sein. Kein Wunder, wird doch die Technologie für unbemannte Fahrzeuge vor allem durch militärische Forschung vorangetrieben. Doch schon als die Messe Düsseldorf vor drei Jahren 60 Prozent an der Xponential USA erworben hat, musste der Messechef Wolfram N. Diener seine Gremien davon überzeugen, dass eine Veranstaltung für autonome Fahrzeuge und Drohnen eine lohnenswerte Idee wäre.
Die Messe Düsseldorf gehört mehrheitlich der Stadt und dem Land Nordrhein-Westfalen. Dementsprechend politisch ist der Aufsichtsrat besetzt – und bei der ersten deutschen Xponential war dem Veranstalter untersagt, die gesamte Bandbreite an Verteidigung zu zeigen. „Ich würde mir wünschen, uns würde noch mehr erlaubt. Das ist im Moment nicht so“, sagte Diener. Also arbeitet die Messe mit dem, was sie darf.

An den Messestandorten Essen und Hannover wurden zuletzt dedizierte Rüstungsmessen angekündigt, allerdings finden sie erst 2026 und 2027 statt. Wer auf der Xponential mit offenen Augen durch die Halle läuft, kommt um das Militär nicht herum. Das ist angesichts der aktuellen Debatte rund um Aufrüstung, Ausgaben für Verteidigung oder die Bedrohung durch Russland für NATO-Staaten auch nicht verwunderlich. „Das ist doch das dominierende Thema und Europa macht ohnehin viel zu wenig für seine Sicherheit“, sagt ein Ausrüster an einem Stand.
Selbst viele Militärs würden aus Kostengründen noch zu sehr noch auf chinesische Drohnen setzen, wenngleich die doch ständig Bilder in die Heimat schickten. Ein Sicherheitsrisiko sei das, sagt der Mann, der nach eigenen Angaben mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Sicherheitsindustrie hat – und genau deshalb nicht mit seinem Namen zitiert werden will. An seinem Stand stehen genau diese kleinen Drohnen des Typs, die derzeit in der Ukraine mit Selbstzündern Panzer zerstören würden. Günstige Varianten, die es fast überall zu kaufen gibt. „Drohnen zu bauen kann jeder, es kommt viel mehr auf die Software an – und sich da nicht abhängig zu machen. Es ist unglaublich, dass europäische Militärs nicht längst massenhaft Drohnen kaufen für den Ernstfall.“
Von Rheinmetall über Airbus bis BAE Systems
An den Ständen sind aber auch technisch deutlich kompliziertere unbemannte Flugobjekte zu betrachten. Der französische Flugzeugbauer Airbus hat seinen Stand neben der britischen Rüstungsschmiede BAE Systems, beide zeigen freilich nur zivile Drohnen. Der deutsche Dax-Konzern Rheinmetall ist der größte Aussteller auf der Xponential, zeigt aber vor allem einen ferngesteuerten Bus seines Tochterunternehmens Mira. Gleichwohl laufen auch über diesen Stand einige Herren in Uniform und mit Stern auf der Schulter.
C-Astral Aerospace aus Slowenien hat zwei Drohnen im Gepäck, wovon eine vor allem an militärische Kunden geht. SQA2 ist mit einem Designpreis ausgezeichnet, wird in der EU hergestellt und ist Unternehmensangaben zufolge schon bei NATO-Kunden im Einsatz. Solche Beispiele gibt es zuhauf, das niederländische Unternehmen Cobbs vertreibt für Industriepartner in Europa Drohnen-Abwehrkanonen genauso wie unbemannte Fluggeräte des amerikanischen Herstellers Skydio , die in der Heimat auch eng mit dem Militär verbunden sind. Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems , der vor allem für seinen Einsatz für die Ukraine bekannt ist, hat an mehreren Tagen Flüge seiner elektrischen Senkrechtstarter (eVTOL) direkt am Rhein präsentiert.
Freilich sind Drohnen längst nicht nur in der Verteidigung sinnvoll einzusetzen, mit ihnen werden heute etwa Schornsteine in Chemieparks bei der Wartung überprüft. Die Deutsche Bahn inspiziert damit ihre Infrastruktur, eine Tochtergesellschaft des Hamburger Hafens HHLA kann gleich 100 Drohnen und mobile Roboter von einer einzigen Leitstelle steuern. Auch solche Einsatzzwecke wurden auf der Xponential vorgestellt. Selbst der amerikanische Online-Händler Amazon hat erstmals seine in den USA eingesetzte Auslieferungsdrohne in Düsseldorf präsentiert. „Unsere Erwartungen wurden deutlich übertroffen“, sagte Messechef Diener. Vielleicht hören jetzt auch Aufsichtsräte die Signale.