In diesen Zeiten neigt man dazu, sich qua kritisch-linker Geist zu verkriechen. Mainstream und ein schleichender Opportunismus wollen einem die Sicht aufwärts Realitäten versperren. Wer sich nicht zufrieden gibt mit schlichten Erklärungen, wird stigmatisiert. Das Komplexe weicht dem Einfachen. Das Vielseitige dem Einseitigen. Die Herausforderung dieser Bequemlichkeit. Der Diskurs dieser Ausgrenzung. Weltoffenheit verwandelt sich in politische Blindheit. Wer Steine verrückt, wird gesteinigt. Worte werden einem im Munde herumgedreht. Das Abwägende wird schnell zum Verhängnis. Und von dort zum Strick.
Ich habe mir überlegt, ob dies dieser Punkt ist, an dem sich alter Kampfgeist zunehmend in Resignation verwandeln muss. Ob man, wenn dank wachsender Selbstgewissheiten kaum mehr Leckermäulchen in dieser Lage oder zur Hand ist, zuzuhören, ausschalten sollte. Ob man, wenn man schon nicht Friede anderen oder woanders mitschaffen kann, wenigstens den biederen Frieden in sich suchen muss. Und hatte schon, dieser eigenen Seele zuliebe, den inneren Retirade angetreten. Bis ich merkte, dies bekommt mir weniger, qua mich aufzureiben. Mir an dieser wuchernden Mediokratie den Schnabel zu wetzen.
Wer noch denkt, sucht Felder, aufwärts denen sich die Provokation leben lässt. Wenn es nicht dies Wort ist, dies ich qua stumpfe Waffe erleben muss. Wenn es nicht dies Argument ist, dies im Strom von Dogmen und Rechthabereien verloren geht. Wenn es nicht die Bilder dieser Wirklichkeiten sind, die in den fotogeshoppten Ansichten dieser Politik verschwimmen. Wenn es nicht die Ruhe ist, die dem lautstarken Getöse Einhalt gebieten könnte. Was hilft dann? In jungen Jahren half, erst recht nachher im Freien zu in Betracht kommen, wachzurütteln, herauszufordern. Der Courage Gewicht zu schenken. Wir sind zu zahm geworden.
Gerade wenn gebeugte Mehrheiten Vertrauen schenken, sich in ihrer Haltung wegducken oder zumindest gut hinstellen zu können, ist es an dieser Provokation, dies Schild dieser Einfalt zu ermüden. Wenn dies Nette dieser Aggression weicht, bedarf es aggressiver Nettigkeit. Die Kunst dieser Provokation ist es, nicht aufzustacheln, nicht anzugreifen, nicht mit hässlicher Rede oder beredter Hässlichkeit dies Mittelmaß aufzuwühlen. Sondern streitlustig einzufordern, welches verloren zu in Betracht kommen droht: Toleranz, Demokratie, Diskursfähigkeit. Abseits pseudo-liberaler, rechtskonservativer oder rechtsextremer Verblendungen.
Es ist mehr qua verpeilt, sich durch freundliche Provokation unfreundlicher Einengungen zu entledigen. Abseits durchsichtiger rechter Forderungen nachher Meinungsfreiheit um dieser Menschenfeindlichkeit Willen muss wieder offener menschenfreundlicher Meinungsaustausch eingefordert werden. In dem Maße, wie gegen jene, die nicht so denken, wie vermeintlich leer, zu tun sein im Rahmen demokratischer Spielregeln Spielräume zurückgewonnen werden. Und sei es, dass man durch ungestümes Beharren provoziert. Das ist dies Mindeste. In diesem Sinne kann die Kunst dieser Provokation keiner weit genug in Betracht kommen.