Der Bund hat drei externe Experten in den Aufsichtsrat der gemeinwohlorientierten Infrastrukturtochter der Deutschen Bahn berufen und hofft, damit einen Schritt in Richtung einer Entflechtung des Staatskonzerns zu gehen. Neu im Kontrollgremium der DB Infrago sind Birgit Milius, die an der TU Berlin das Fachgebiet Bahnbetrieb und Infrastruktur leitet, Enak Ferlemann, der von 2018 bis 2021 Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr war und als Vertrauter des damaligen Verkehrsministers Andreas Scheuer (CSU) galt, sowie Tamara Zieschang (CDU), die Innenministerin von Sachsen-Anhalt. Zieschang saß auch schon im Kontrollgremium der Deutschen Bahn.
„Wir glauben, dass wir damit eine gute Mischung für die DB Infrago gefunden haben“, sagte Ulrich Lange (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Mit den Neubesetzungen im Aufsichtsrat sei ein Schritt Richtung Entflechtung gemacht, der den Wettbewerb stärke. Das sehen nicht alle in der Branche so.
Bereits in der vergangenen Woche hatten sich Branchenverbände kritisch darüber geäußert, dass die neue Bahnchefin Evelyn Palla den Aufsichtsratsvorsitz der DB Infrago vom früheren Infrastrukturvorstand der Bahn, Berthold Huber, übernimmt und der Mutterkonzern damit weiter die Zügel im Infrastrukturunternehmen in der Hand behält. „Von weitergehender Entflechtung also keine Spur“, kommentierten die Verbände Die Güterbahnen und Mofair. Die Rolle Pallas in dem Gremium werde eine moderierende sein, hielt Staatssekretär Lange dem entgegen.
Nutzer des Schienennetzes sind nicht vertreten
Die Verbände hatten außerdem gefordert, dass einige Plätze im Aufsichtsrat den Nutzern des von DB Infrago betriebenen Schienennetzes vorbehalten bleiben. Doch Stimmen von zugangsberechtigten Eisenbahnverkehrsunternehmen, die im Fern-, Nah- und Güterverkehr mit der Deutschen Bahn konkurrieren, fehlten in dem 20-köpfigen Gremium weiterhin, monieren Mofair und die Güterbahnenvertreter.
Insgesamt gibt es im Aufsichtsrat von DB Infrago sechs neue Mitglieder. Neben den drei externen Experten und der neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Evelyn Palla wurden in das Gremium als Vertreter des Bundestags neu Michael Donth (CDU) und Florian Oßner (CSU) berufen. Dies sei eine deutliche Veränderung und ein guter Prozess, sagte Lange.
In der im September vorgestellten Bahnstrategie von Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) hieß es, der Bund als Eigentümer erwarte, dass DB Infrago einen fairen Wettbewerb ermögliche, insbesondere durch eine Gleichbehandlung beim Zugang zum Schienennetz und den Entgelten. Die Tochter, der bei der Sanierung des Schienennetzes eine wichtige Rolle zukommt, wurde aufgefordert, bis Ende 2026 einen mit der Branche und dem Ministerium abgestimmten und verbindlichen Vorschlag zur Digitalisierung vorzulegen. Die Gewinne der DB Infrago sollen ausschließlich der Infrastruktur zugutekommen. Sie sollen auch transparent dargestellt werden. Der Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag soll deshalb überprüft werden.