Dava: Wieviel Erdoğan steckt in Dava?

Hunderte türkischstämmige Menschen aus
Europa sitzen Anfang Mai in einer Halle des Präsidentenpalastes in Ankara. Ihre
Blicke richten sich auf die Bühne. Dort steht der türkische Staatspräsident
und wirbt am Ende seiner Rede für die Europawahlen: „Vergessen Sie nicht, zu
wählen – es ist sehr wichtig, dass Ihre Stimme in den Sälen des Europäischen
Parlaments widerhallt!“

Es ist kein Zufall, dass der Präsident eines
Nicht-EU-Landes sich so für die Wahlen für das Parlament in Brüssel
interessiert. Weil für Recep Tayyip Erdoğan die
Demokratie erklärtermaßen nur ein „Zug“ ist, auf den man aufspringt, bis man am
Ziel ist, darf diese Äußerung nicht als irgendein demokratisches Bekenntnis
missverstanden werden. Erdoğan versteht sich nicht nur als Staatschef der Türkei,
sondern als Präsident aller Türken. Und von denen leben etwa sieben Millionen
im Ausland, gut die Hälfte davon in Deutschland.

Von dort dürften viele der Menschen, zu
denen Erdoğan Anfang Mai spricht, gekommen sein. Sie gehören zur europaweiten Union
Internationaler Demokraten, kurz UID, mit Sitz in Köln. Eine „Lobbyorganisation
der türkischen Regierungspartei AKP“, steht im letzten Verfassungsschutzbericht
für Nordrhein-Westfalen. Auf Bundesebene listet der Verfassungsschutz die
Organisation als größten Interessenverband auf, durch den der türkische
Geheimdienst Einfluss auf türkeistämmige Menschen in Deutschland auszuüben
versuche.

„Wir sind Europas Zukunft“

Als Nichtregierungsorganisation kann die
UID aber nicht mehr als Einfluss auf Gesellschaft und Parteien ausüben. Dem
früheren Sprecher der UID, Fatih Zingal, reichte das aber nicht. Anfang des
Jahres gründeten er und Gleichgesinnte die „Demokratische Allianz für Vielfalt
und Aufbruch“
, kurz Dava. Offiziell ist sie eine „sonstige politische
Vereinigung“, also keine Partei. Das solle sich mittelfristig ändern, sagt
Zingal. Fürs Erste werde man sich auf die Wahlen für das Europäische Parlament
konzentrieren. Dava tritt an.

„Es wäre ein riesiger Erfolg, wenn wir
den Einzug schaffen“, sagt Zingal. Später wolle er mit der Dava dann auf kommunaler
Ebene Erfolge erzielen. „Dann können wir staatliche Zuschüsse und
Fraktionsgelder bekommen, damit hätten wir ganz andere Handhabe.“ Bisher werde
der Vereinigung nicht einmal ein Konto für Mitgliedsbeiträge gewährt. „Die
Banken haben Angst, negative Schlagzeilen zu bekommen“, meint Zingal. Denn
seine Dava ist umstritten. Politikerinnen und Experten in Deutschland warnen,
dass sie ein „verlängerter Arm Erdoğans“
ist.

Der hat das Wort „Dava“ bisher nicht
einmal in den Mund genommen. Auch nicht bei seinem Wahlaufruf Anfang Mai in
Ankara. „Ich bedanke mich ganz herzlich bei ihm für seine Worte und füge
nur hinzu: Wählt Dava“, meint Zingal. Eine direkte Verbindung nach Ankara lehnt
er ab – zumindest für jetzt. „Ich weiß nicht, was in ein paar Jahren sein wird,
ich schließe nicht aus, dass wir dann Kontakt aufnehmen.“

Belege für eine Verbindung mit der türkischen Politik gibt es bisher
nicht, nur Indizien. Erdoğans Partei, die islamisch-konservative AKP, hat zum Beispiel eine Abteilung
für Auslandswahlen. Deren früherer Koordinator und ebenfalls UID-Funktionär Tuğrul Selmanoğlu – geboren in
Deutschland – beschwor vor ein paar Wochen in einer türkischen Talkshow
„absolute Unterstützung“ für die Dava: „Egal, was die Leute sagen: Wir sind
Europas Zukunft und müssen dort politisch mitsprechen.“

Hunderte türkischstämmige Menschen aus
Europa sitzen Anfang Mai in einer Halle des Präsidentenpalastes in Ankara. Ihre
Blicke richten sich auf die Bühne. Dort steht der türkische Staatspräsident
und wirbt am Ende seiner Rede für die Europawahlen: „Vergessen Sie nicht, zu
wählen – es ist sehr wichtig, dass Ihre Stimme in den Sälen des Europäischen
Parlaments widerhallt!“

Es ist kein Zufall, dass der Präsident eines
Nicht-EU-Landes sich so für die Wahlen für das Parlament in Brüssel
interessiert. Weil für Recep Tayyip Erdoğan die
Demokratie erklärtermaßen nur ein „Zug“ ist, auf den man aufspringt, bis man am
Ziel ist, darf diese Äußerung nicht als irgendein demokratisches Bekenntnis
missverstanden werden. Erdoğan versteht sich nicht nur als Staatschef der Türkei,
sondern als Präsident aller Türken. Und von denen leben etwa sieben Millionen
im Ausland, gut die Hälfte davon in Deutschland.

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