Das Rüstungsgeschäft von Diehl läuft hinaus Hochtouren

Der Nürnberger Technologiekonzern Diehl blickt sehr zuversichtlich nach vorn. Vor allem das Rüstungsgeschäft des von der Diehl-Familie kontrollierten Unternehmens erfreut sich seit Ausbruch des Ukrainekrieges einer hohen Nachfrage. Das ist vor allem dem Flugabwehrsystem IRIS-T zu verdanken, das sich nach Angaben des für das Rüstungsgeschäft verantwort­lichen Vorstands Helmut Rauch in der ukrainischen Luftverteidigung mit einer nahezu 100-prozentigen Trefferquote bewiesen hat.

Die Diehl-Gruppe hat im zurückliegenden Geschäftsjahr einen Auftragseingang von 8,5 Milliarden Euro verzeichnet. Das ist ein Rekordwert und zudem ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr von 13 Prozent. Finanzvorstand Jürgen Reimer geht davon aus, dass im laufenden Geschäftsjahr die Marke von 4,5 Milliarden Euro geknackt werden kann.

Umsatz mit Rüstung legt um 41 Prozent zu

Im Geschäftsjahr 2023 ist der Umsatz um knapp 11 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro gestiegen. Der Betriebsgewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) legte um 91 Millionen auf 258 Millionen Euro zu. Nach Ansicht von Reimer wird das Rüstungsgeschäft auf einem hohen Niveau bleiben. Deutliches Wachstum erwartet er auch in den Geschäftsfeldern Luftfahrt und Metering (Messgeräte für Energie- und Wasserverbrauch). Grund sei hier der Trend zu nachhaltigen Technologien und Produkten. Trüb sind dagegen die Aussichten in den Sparten Metallprodukte und Kontrollgeräte, was Reimer auf die schwache Baukonjunktur zurückführte.

Dafür ragt das Rüstungsgeschäft deutlich heraus. Es hat im zurückliegenden Geschäftsjahr den Umsatz um 41 Prozent auf 1,14 Milliarden Euro gesteigert. Im Diehl-Konzern ist Defence nun die wichtigste Sparte mit einem Umsatzanteil von 29 Prozent. Die Luftfahrt kommt auf 27 Prozent und Metall auf knapp 21 Prozent. Rüstungsvorstand Rauch rechnet mit einer Fortsetzung des kontinuierlichen Wachstumspfads, der nach seinen An­gaben schon vor dem Ausbruch des Ukrainekrieges begonnen hat.

Hatte die Diehl-Gruppe noch vor Jahren das Rüstungsgeschäft gern im Hintergrund gehalten, hat sich das nun deutlich verändert. Rauch sprach von einem absoluten Imagewandel in den vergangenen zwei Jahren. „Ohne Sicherheit brauchen wir nicht über Nachhaltigkeit zu reden“, sagte er.

Führend in Europa

Besonders stark ist die Nachfrage nach dem Flugabwehrsystem IRIS-T, für das schon jetzt neue Aufträge im Milliardenvolumen vorliegen. Rauch hält das System für führend in Europa. Die Kapazitäten dafür seien im Jahr 2022 verdreifacht und im vergangenen Jahr verdoppelt worden. In diesem Jahr erwartet Rauch ei­ne weitere Verdopplung.

Die Defence-Sparte hat ihre Mitarbeiterzahl im vergangenen Jahr um knapp 600 auf 3800 ausgeweitet. In diesem Jahr sollen noch mal 500 bis 600 neue Kräfte hinzukommen. Der Imagewandel wirkt sich nach den Worten Rauchs auch po­sitiv auf die Personalakquise aus. Viele Fachkräfte wechselten von der Automobilindustrie in die Rüstung berichtete er.

Konsolidierung nicht nötig

Der Spartenvorstand erwartet, dass Defence bald die Umsatzmarke von 2 Milliarden Euro erreichen wird. Von der Bundesregierung wünscht er sich ei­ne langfristige Auftragsvergabe möglichst über zehn Jahre, damit entsprechend in die Lieferketten investiert werden könne. Mit den verstärkten Beschaffungsanstrengungen des Bundes zeigte er sich zufrieden. Diese hätten sich bei Diehl in Vertragsabschlüssen für bodengebundene Luftverteidigungssysteme, Munition und eine Nachbeschaffung von IRIS-T-Flugkörpern niedergeschlagen.

Ei­ne Konsolidierung der europäischen Rüstungsbranche hält er nicht für erforderlich, die projektbezogenen Kooperationen ermöglichen seiner Ansicht nach Dynamik, Innovationen und Flexibilität. Rauch bedankte sich bei der Eigen­tümerfamilie, dass sie dem Rüstungsgeschäft die Treue gehalten hat. „Das hat sich ausbezahlt“, sagte er.

Die Schwäche der Corona-Pandemie hat auch die Luftfahrtsparte hinter sich gelassen. Erstmals seit der Luftfahrtkrise sei es dem Bereich gelungen, wieder ei­nen Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro zu erzielen. Die Sparte weitete ihr Geschäft 2023 von 889 auf 1053 Millionen Euro aus. Der Steigflug der Luftfahrtindustrie setzt sich nach den Worten von Spartenvorstand Jörg Schuler fort. Angesichts der von Experten erwarteten Verdopplung der Flugzeugflotte bis zum Jahr 2040 sieht sich Diehl als Zulieferer gut aufgestellt, um von diesem Wachstum zu profitieren.

Die besondere Struktur der Diehl-Gruppe zeigt sich auch darin, dass sie derzeit keine Notwendigkeit sieht, einen Nachfolger für den zurückgetretenen Vorstandssprecher Klaus Richter zu suchen. Finanzvorstand Reimer, dem nun als stellvertretender Vorstandssprecher die Klammerfunktion zukommt, hält die Führungsstruktur für gut. Ohnehin werden die Spartenvorstände als entscheidend für das Geschäft gesehen. Darüber hinaus gilt der Aufsichtsratsvorsitzende Markus Diehl als Kontrolleur, der stark auf das Unternehmen einwirken kann.

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