Private Autos werden immer weniger bezahlbar, zeigt der aktuelle ADAC-Mobilitätsindex. Sie sind demnach relativ sogar teurer als 2015, als die Mobilität insgesamt günstiger war. Die Deutschen passen ihr Fahrverhalten an. Zwei andere Werte sind ebenfalls ernüchternd.
Autofahren in Deutschland wird immer teurer. Das ist ein Ergebnis des neuen ADAC-Mobilitätsindex, den die Beratungsgesellschaft Prognos errechnet hat. Nachdem Mobilität insgesamt von 2015 bis 2020 immer günstiger wurde, hat sie sich seitdem wieder deutlich verteuert. Das betrifft vor allem private Autos.
„Die Bezahlbarkeit ist ein Thema, das uns gerade sehr bewegt“, sagt Sven Altenburg, Bereichsleiter Mobilität bei Prognos, bei der Vorstellung des Index in Berlin. Der entsprechende Index-Wert ist fast wieder auf dem Niveau von 2015 angekommen. Er spiegelt das Verhältnis der Mobilitätskosten zum verfügbaren Einkommen.
Bus und Bahn sind demnach heute günstiger als vor zehn Jahren. Die Bezahlbarkeit des motorisierten Individualverkehrs liegt aber unter dem Niveau von 2015.
Die Datengrundlage des Index reicht zwar nur bis Ende 2022, die Verteuerung gehe aber weiter, sagt der Analyst. Das sei teilweise auch politisch gesteuert. „Wir sind überzeugt davon, dass die Bezahlbarkeit von Mobilität ein ganz wichtiger Faktor ist, um Klimaschutzmaßnahmen durchsetzen zu können“, sagt der Verkehrspräsident des ADAC, Gerhard Hillebrand.
Es sei entscheidend, den Verkehr in den kommenden Jahren zu dekarbonisieren. „Wer nicht umsteigen kann, muss aber weiter mobil bleiben können.“
Von Einschränkungen der Mobilität kann noch keine Rede sein. Das Verkehrsaufkommen ist seit dem Corona-Knick 2020 wieder deutlich gestiegen. Zwar bleiben manche Arbeitnehmer öfter im Homeoffice als vor der Pandemie und einige Fahrrad-Umsteiger in Städten sind dem Rad treu geblieben. Insgesamt legen die Deutschen aber noch drei Viertel der jährlich absolvierten Kilometer mit dem Auto zurück.
Die Preissteigerungen fürs Auto haben nicht allein Klimaschutzgründe. Seit 2021 gilt eine CO₂-Abgabe auf Benzin und Diesel, die aktuell rund 13 Cent pro Liter ausmacht. Den Anstieg der Preise hatte die Bundesregierung nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine durch den sogenannten Tankrabatt vorübergehend gebremst. Zugleich sind aber die Preise für Neuwagen drastisch gestiegen, weil die Hersteller günstigere Modelle aussortiert haben. Auch die Werkstattkosten haben deutlich angezogen.
Der Versuch, beim Fahren zu sparen
Insgesamt haben diese Preissteigerungen die durchschnittlichen Lohnerhöhungen überstiegen, was laut Prognos dazu führt, dass Autofahren nun relativ teurer ist als noch 2015. Die Steigerung der Bahn-Ticketpreise fiel dagegen etwas geringer aus, vor allem das Deutschlandticket hat für Bahnfahrer zu einer Kostenbremse geführt. Außerdem nimmt nun der Wettbewerb in dem Bereich wieder zu, etwa durch Fernbusse.
Für Autofahrer heißt das: sie geben einen größeren Teil ihres Budgets für Mobilität aus. „Das Fahren mit dem Pkw wird bestimmt von Zeitersparnis und Bequemlichkeit, diese Kriterien überlagern den Preis“, sagt Gernot Sieg, Verkehrsforscher an der Uni Münster und Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats im Bundesverkehrsministerium. Lediglich einkommensschwache Haushalte würden aufgrund von höheren Kraftstoffpreisen weniger fahren.
Die anderen versuchen beim Fahren zu sparen, hat Sieg in einer Forschungsarbeit herausgefunden. Darin hat er 117 Millionen Datenpunkte von 50 Geschwindigkeitsmessstellen an Autobahnen in Nordrhein-Westfalen mit den jeweils aktuellen Benzinpreisen verglichen.
Ergebnis: „Die Autofahrer reagieren auf hohe Spritpreise, indem sie langsamer fahren.“ Ein Anstieg der Preise um zehn Prozent verringere die durchschnittliche Geschwindigkeit um 0,33 Prozent. In Abschnitten ohne Tempolimit seien es 0,47 Prozent, was 0,6 km/h entspricht. Das klingt nach wenig, könnte aber bei Milliarden von gefahrenen Kilometern zu CO₂-Einsparungen führen.
Statistisch zeigen sich solche Einsparungen in den vergangenen Jahren nicht, vor allem, weil der durchschnittliche Energieverbrauch von Pkw konstant hoch bleibt. Die Autos werden zwar effizienter, dafür aber größer und schwerer – der Verbrauch bleibt im Durchschnitt gleich. Der Index-Wert für „Klima und Umwelt“ stagniert deswegen seit 2020.
„Im Ergebnis können wir sehen, dass es in den letzten Jahren nicht gelungen ist, wesentliche Fortschritte bei der nachhaltigen Mobilität zu erzielen“, sagt Hillebrand. Zwar reduzierten sich die Luftschadstoffe trotz einer höheren Verkehrsbelastung und die Treibhausgasemissionen würden nicht weiter wachsen. Das reiche aber im Ergebnis nicht.
Wieder mehr Verkehrstote und Verletzte
„Die Zunahme des Verkehrs ist auch aufgrund der Dominanz des Pkw nicht nachhaltig. Und bei der Verkehrsmittelwahl sind die Menschen wenig zur Veränderung bereit oder in der Lage“, meint der ADAC-Präsident. Deswegen unterstütze man den Umstieg auf alternative Antriebe und Kraftstoffe, auf das Rad und den öffentlichen Nahverkehr.
Aber: „Das kommt alles zu langsam voran. Wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen, müssen die Antriebswende und die Energiewende schneller vorankommen.“
Erschreckend sind die aktuell schlechteren Index-Werte im Bereich Sicherheit. „Das stimmt sehr nachdenklich“, sagt Prognos-Chef Christian Böllhoff. Vor allem die Sachschäden sind gegenüber 2015 deutlich gestiegen. Die Zahl Verkehrstoten ist nach einem Allzeit-Tief 2021 wieder gewachsen, auch Verletzte gab es in den Jahren danach mehr.
Das Ziel der Bundesregierung, die Zahl der Verkehrstoten bis 2030 um 40 Prozent zu verringern, sei angesichts dieser Entwicklung schwer erreichbar.
Für die nächsten Erhebungen sind die Prognos-Experten pessimistisch. „Wir kommen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit nicht weiter voran“, meint Altenburg. Der Verkehr wächst insgesamt weiter, damit wären negative externe Effekte „wie ein Naturgesetz“ verbunden. Im kommenden Jahr wird sich die Verschlechterung des Verkehrsindex wohl fortsetzen.
Daniel Zwick ist Wirtschaftsredakteur und berichtet für WELT über alle Themen aus der Autoindustrie.
Source: welt.de