Der Rechtsausschuss im Bundestag hat am Mittwoch seinen finalen Beschluss zum Gesetzentwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes IV (BEG IV) gefasst. Wie der Ausschuss mitteilte, wurde die Vorlage noch um einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen erheblich ergänzt. Im Vorfeld hatte insbesondere die im Gesetzesvorhaben geplante kürzere Aufbewahrungsfrist für Rechnungen und Buchungsbelege für reichlich Kritik gesorgt. Das BEG IV sieht vor, dass diese dann künftig nur noch acht statt bisher zehn Jahre aufbewahrt werden müssen.
Vergangene Woche hatte die Bürgerbewegung Finanzwende deswegen eindringlich vor einer Vernichtung von Beweismitteln für laufende Cum-ex- sowie Cum-cum-Ermittlungsverfahren gewarnt. Anne Brorhilker, Ko-Geschäftsführerin von Finanzwende, sparte nicht mit Vorwürfen.
Täter „werfen Schredder“ an
„Die Täter wissen sehr genau, welchen juristischen Sprengstoff sie in ihren Kellern und auf ihren Servern haben. Sobald das Gesetz in Kraft ist, werfen die ihre Schredder an“, sagte Brorhilker, die bis vor wenigen Monaten als Oberstaatsanwältin maßgeblich an den Ermittlungen der illegalen Aktienkreisgeschäfte rund um den Dividendenstichtag beteiligt gewesen war.
Nun heißt es aus dem Rechtsausschuss, dass die Regelung zu den modifizierten Aufbewahrungsfristen „mit Blick auf laufende Cum-ex-Ermittlungsverfahren“ angepasst wurde. Es ist ein Kompromiss geworden. An der kürzeren Aufbewahrungsfrist hielt der Rechtsausschuss fest. Jedoch soll die Vorgabe für Personen, Banken und Finanzdienstleister, die von der Finanzaufsichtsbehörde Bafin kontrolliert werden, erst mit einem Jahr Verzögerung gelten. „Die Einschränkung dient dem Zweck, laufende Cum-ex-Ermittlungsverfahren durch die als bloße Entbürokratisierungsmaßnahme intendierte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen nicht zu beeinträchtigen oder zu erschweren“, heißt es in Berlin.
Das geplante Gesetz soll am morgigen Donnerstag im Bundestag verabschiedet werden. Im Oktober muss der Bundesrat dann noch seine Zustimmung erteilen.
Ermittler unter Zeitdruck
Das dürfte den Strafverfolgungsbehörden der Länder aber nur wenig zeitlichen Spielraum verschaffen. Während die Ermittlungen zu Cum-ex-Fällen schon weit fortgeschritten sind, stehen Fahnder im Cum-cum-Komplex, an dem deutlich mehr kleinere Banken aus ganz Deutschland beteiligt waren, noch ganz am Anfang. In diesem Zusammenhang liegt überhaupt erst eine Anklage gegen ehemalige Mitarbeiter der Depfa Bank vor. Über die Zulassung gibt es Streit innerhalb der Justiz. Demnächst muss das Oberlandesgericht Frankfurt darüber entscheiden.
Die Geschäftspraxis hatte der Bundesfinanzhof schon im Jahr 2015 für unzulässig erklärt. Doch die Banken betrieben die Deals, bei denen der ursprüngliche Aktieninhaber die Wertpapier an ein inländisches Bankinstitut verleiht, damit eine Kapitalertragsteuer nicht anfällt, noch über Jahre weiter. Finanzwissenschaftler schätzen den Schaden für den deutschen Fiskus in den Jahren zwischen 2005 und 2020 auf rund 28,5 Milliarden Euro.
Source: faz.net