Keine frohe Botschaft zu Weihnachten für die Fluggesellschaft Condor. Eine Einigung über ein Abkommen für Zubringerflüge, für die die Deutsche Lufthansa eine Frist bis Weihnachten gesetzt hatte, ist ausgeblieben. Das bestätigten Condor und Lufthansa. Condor krempelt nun den Flugplan um und streicht Strecken. Diverse Langstreckenflüge, vor allem in die Vereinigten Staaten, fallen für das Sommerhalbjahr wohl aus dem Plan. Auf der Streichliste stehen die Ziele Baltimore, Minneapolis, Edmonton und Halifax, wie zuerst das Luftfahrtportal „Aeroroutes“ berichtete.
Hintergrund ist ein jahrelanger Streit mit der Deutschen Lufthansa über eine Vereinbarung, das sogenannte Special Prorate Agreement (SPA). Das eröffnete Condor die Möglichkeit, ihren Kunden für eigene Fernflüge ab Frankfurt Kurzstrecken-Zubringerflüge der Lufthansa zu günstigen Konditionen anzubieten. Passagiere hatten so zum Beispiel die Möglichkeit, von Hamburg oder Berlin nach Frankfurt und von dort weiter zum Condor-Fernziel zu fliegen, als ob sie eine Reise mit nur einer Airline gebucht hätten.
Lufthansa sieht sich aber nicht mehr an das bisherige Abkommen gebunden, nachdem der Bundesgerichtshof Anfang Dezember vorläufig die Position des Konzerns gestützt hat. Gekündigt hatte Lufthansa das SPA-Abkommen ohnehin schon im Herbst 2020. Der lange Rechtsstreit verhinderte bislang, dass es außer Kraft trat. Denn zunächst hatte das Bundeskartellamt die Sicht von Condor gestützt. Die Behörde warf Lufthansa einen Missbrauch von Marktmacht vor und verpflichtete sie, Condor weiter günstige SPA-Konditionen zu bieten. Richter sahen es zuletzt anders.
Weihnachtsfrist verstrichen
Für Condor bringt das fehlende Abkommen Herausforderungen. Entwarnung kann die Gesellschaft nur für jene Kunden geben, die die Kombination aus Condor- und Lufthansa-Flug schon gebucht haben – für die ändert sich nichts. Für alle künftigen Buchungen sieht es aber anders aus. Lufthansa will Zubringerdienste zwar nicht verweigern, Condor aber weniger Platzauswahl bieten. Und die Zubringer würden wohl teurer.
Bisherige Kalkulationen für Reisen mit Umstieg in Frankfurt dürften daher zumindest in Teilen nicht mehr passen. Im Gerichtsverfahren hatte ein Condor-Geschäftsführer eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, dass „erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtgeschäft“ drohten, falls der Pakt mit Lufthansa komplett wegfalle. Der stammte in seiner Urform aus einer Zeit, in der Lufthansa und Condor noch rechtlich verbunden waren. 2009 hatte der Konzern seine letzten Condor-Anteile abgegeben.
Obwohl die Weihnachtsfrist verstrichen ist, hat Condor die Hoffnung auf eine Einigung nicht aufgegeben. Allerdings wird der Tonfall zurückhaltender. In der Vergangenheit wirkte der neue Condor-Chef Peter Gerber selbstbewusst, wenn er über eine mögliche Einigung mit Lufthansa sprach. Er hatte zuvor viele Jahre für Lufthansa gearbeitet, doch der für lange Zeit enge Draht zu Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr führte nicht zur Lösung.
Nun preist Condor Lufthansa als „unverzichtbaren Partner“. Auf mehr als 300 Flügen aus Städten in Deutschland und Europa habe der Konzern bislang für die „überwältigende Mehrheit“ der Zubringerdienste nach Frankfurt gesorgt. Daher wolle man „ein partnerschaftliches Fundament“ für eine langfristige Zusammenarbeit finden. Auch eine Erklärung, warum das nicht bis Weihnachten gelungen sei, wird geliefert: Man habe zu einem Lufthansa-Vorschlag Rückfragen gestellt, die wohl wegen der Feiertage unbeantwortet geblieben seien.
Alternative schlägt mehrere Kurse ein
Condor hat eine schwierige Phase hinter sich. Der Zusammenbruch des damaligen Mutterkonzerns Thomas Cook führte 2019 in die Krise. Es folgten ein geplatzter Verkauf sowie die Lasten der Corona-Pandemie. Mit dem Einstieg des Finanzinvestors Attestor wurde ein Ausweg gefunden, für 2024 hat Condor einen Überschuss in Aussicht gestellt.
Die bevorstehenden Streckenstreichungen erscheinen jedoch als Indiz, wie bedeutend die per Kurzstreckenflug nach Frankfurt reisenden Passagiere für Condor sein dürften, um eigene Fernflüge zu füllen. Das gilt vor allem für Nordamerika-Strecken, auf denen der Lufthansa-Konzern und sein US-Partner United Airlines stark sind.
Nach Angaben der Seite „Aeroroutes“ könnte die Streichliste noch länger werden. So sind dem Bericht zufolge Flüge in die US-Stadt Phoenix nur noch eingeschränkt buchbar, was auf eine bevorstehende Streichung hindeuten könnte. Für weitere Nordamerika-Ziele stehe eine Verringerung der wöchentlichen Starts an. Im Gegenzug will Condor aber wohl Strecken, auf denen mit weniger scharfem Wettbewerb gerechnet wird, neu bedienen. So tauchen zusätzliche Flüge nach Südafrika, Mauritius und Thailand neu in den Plänen für den kommenden Sommer auf.
Im Streit mit Lufthansa hat Condor nun mehrere Kurse eingeschlagen. Neben weiteren Verhandlungen setzt die Gesellschaft auch weiter auf eine rechtliche Klärung. Im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs hatte Condor darauf hingewiesen, dass dessen Entscheidung lediglich im Eilverfahren gefallen sei. Verhandlungen im Hauptsacheverfahren fänden erst im kommenden Frühjahr statt. Zugleich rüstet sich Condor, dass die Ära der bisherigen günstigen SPA-Konditionen auf Lufthansa-Zubringerflügen vorbei sein könnte. Für das Sommerhalbjahr hat die Gesellschaft schon eigene Inlandsflüge nach Frankfurt, die in der Vergangenheit nie angestrebt waren, in den Plan genommen.