Community Building: „Marken müssen sich über Jahre engagieren – mit allem, was sie haben“

The Ambition-CEO Phillip Böndel: „Entscheidend ist, eine Community zu emotionalisieren.“

„Ohne Kribbeln keine Kohle“, sagt Phillip Böndel. Der CEO von The Ambition über das Gefühl der Zugehörigkeit – und den Hebel für Marken, die ihre Marken-Experience auf dieses gute Gefühl ausrichten.

TextilWirtschat: Aktuell kribbelt es in Running Clubs. Man sagt, Laufen ist das neue Tindern.
Phillip Böndel: Running Clubs haben aus „Laufen“ einen Lifestyle gemacht – und ein Lifestyle besteht immer aus mehr Elementen als einem. Es gibt gemeinsame Werte, Ziele und Präferenzen. Im Falle der Running Clubs findet der Austausch dazu auch neben der Joggingstrecke statt. Dass solche Communitys eine tolle Plattform fürs Kennenlernen sind, liegt auf der Hand.

Wie blicken Sie als Markenexperte auf Brands, die es schaffen, mithilfe eines Lauftreffs eine Community aufzubauen?
Einige Marken haben den Switch vom Joggen als sportlicher Betätigung hin zur Running-Community früh erkannt und profitieren heute bereits massiv davon. Es fühlt sich für Konsument:innen völlig anders an, ob ich einfach nur joggen gehe oder Teil eines Running Clubs bin. Denn das heißt auch, Teil einer Community zu sein – gemeinsame Interessen zu verfolgen, Themen zu diskutieren, ein ähnliches Mindset zu haben. Da spielt auch Fashion eine riesengroße Rolle. Joggingstrecken sind buchstäblich zum Runway geworden.
Und der Berlin Marathon zur Fashion Week.
Genau. Der Berlin Marathon hat neben den üblichen Sportbegeisterten auch ganz andere Teilnehmer:innen angezogen – und mit ihnen völlig neue Marken, die wiederum neuartige Aktivierungen umgesetzt haben.

Another Cotton Lab schafft es jeden Sonntag, dass Läufer in ihren T-Shirts durch die Stadt joggen.

Das machen sie wahnsinnig gut. Aber T-Shirts zu verteilen kann nur der erste von vielen Schritten sein. Es ist nicht damit getan, Sponsor zu sein, irgendwo einen Banner aufzuhängen – man muss sich wirklich mit den Bedürfnissen der Communitys auseinandersetzen. Vor allem mit Aktivierungen, die die Community bereichern und befähigen: z.B. durch kuratierte Trainingsprogramme, Events, Meet-ups in Cafés – oder, oder, oder.

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Welche Brands können das glaubwürdig schaffen?
Wichtig zu verstehen ist: Wenn du heute im Kontext Running Club stattfinden möchtest, funktioniert das genau so viel über Marke wie über Produkt. Entscheidend ist, eine Community zu emotionalisieren, die zu 110% von dir als Marke, deinen Werten und deiner Haltung überzeugt ist.

Und wenn ich keine Lifestyle-Marke bin?
Das ist dann eine Herausforderung, wenn es an Glaubwürdigkeit fehlt und man das Gefühl bekommt, dass die Marke nur auf einen Trend aufspringt. Unabhängig von Running Clubs ist es immer wichtig, dass man im Kern der Marke, in ihrer Historie und beim Führungsteam eine Verbindung und Affinität erkennt.

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Auch Buch- und Strickclubs haben Renaissance.
In einer zunehmend digitalisierten Welt suchen Menschen wieder nach analogen Räumen. Die beiden Beispiele stehen stellvertretend für zahlreiche Communitys, die derzeit neues Momentum gewinnen. Wichtig ist, dass es zwischen ihnen und den Marken, die aktiv werden wollen, immer eine inhaltliche Brücke und eine glaubwürdige Referenz gibt. Dass sich im Produktportfolio oder in der Historie der Marke Anknüpfungspunkte finden lassen, die die Geschichte authentisch machen. Je weiter diese Brücke ist, desto mehr Zeit und Geld braucht es, um eine Community emotional zu erreichen. Das ist kein Quick Win – im Gegenteil: Marken müssen sich über Jahre engagieren – mit allem, was sie haben.

Brands wie LFDY involvieren ihre Community in die Kollektionsentwicklung. Schlau?
Grundsätzlich ja – und der Erfolg von LFDY spricht für sich. Aber echte Produktinnovation sollte immer aus dem Unternehmen selbst kommen. Henry Ford hat gesagt: „Hätten wir damals die Leute gefragt, was sie wollen, hätten sie uns gesagt: schnellere Pferde.“ Die Antwort wäre nie gewesen: ein Auto. Trotzdem kann man auf Wünsche der Community eingehen – einfach, um zu zeigen: „Wir sehen dich, wir berücksichtigen dich.“ Auch das ist Teil echter Community-Arbeit: zuhören, verstehen, lernen.

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