Sie schläft pro Nacht nur vier Stunden und rechnet damit, früh zu sterben. Das hat sie dem Guardian kürzlich verraten. Aber zu Tode erschöpft wirkt Cate Blanchett ganz und gar nicht, als sie nun, kurz vor Mitternacht, durch die Korridore des Londoner Barbican Theatre läuft und einen stillen Ort für das Interview sucht, das sie uns versprochen hat. Im Stockwerk über uns hört man Gelächtersalven, die so nur Briten (und Iren) zustande bringen; da oben brodelt die Premierenfeier.
Blanchett hat drei Bühnenstunden hinter sich, neben ihr geht der Theaterregisseur Thomas Ostermeier, der in London Anton Tschechows Drama Die Möwe mit ihr inszeniert hat. Ostermeier, der sich auch auf Galas kleidet wie ein Handwerker der Firma Brecht & Söhne (blaue Arbeitsjacke, Mütze), ungefähr so, als rechne er damit, sogar auf dem Fest irgendwas Kaputtes reparieren zu müssen, hat gerade noch am Eingang den Pförtner gefragt, ob er sein Klappfahrrad über Nacht hier lassen könne. Der Pförtner antwortete, das sei okay, aber dass das Fahrrad morgen noch da sei, könne er nicht garantieren. Deshalb trägt Ostermeier das gefaltete Ding in seine Garderobe und schließt es ein. Die Garderobe ist fensterlos, wie nahezu alle Räume hier im Barbican, einer brutalistischen Festung aus den Achtzigerjahren.