„Call My Agent Berlin“: Jede Menge deutsche Kinostars denn Versionen ihrer selbst

Mit „Call My Agent Berlin“ gibt es nun ein deutsches Pendant zur französischen Erfolgsserie „Dix pour cent“. Der Plot rund um eine Schauspielagentur liefert nur den Vorwand, um jede Menge Stars sich selbst auf die Schippe nehmen zu lassen


Ferres ist bereit, in einem deutschen Arthouse-Film mitzuspielen, als „rauchende Frau, die man in einer einzigen Einstellung von hinten durch Berlin laufen sieht“

Foto: Julia Terjung/Disney+


Im Hintergrund die sanfte Hügellandschaft der neudeutschen TV-Heimatfilme, im Vordergrund Veronika Ferres, die einem feschen Bauern ein Liebesgeständnis macht. Es sind die Dreharbeiten zu Heu Heels 2, und sobald Ferres auch nur ihren Mund öffnet, lachen die Beteiligten hinter den Kulissen bereitwillig. Nur eine Frau bleibt ernst.

Es ist Ferres’ Agentin Hellen (Gabrielle Scharnitzky), die eben weiß, was gute Filme sind. Sie weiß aber auch, dass man bei den empfindsamen Egos der Stars vorsichtig sein muss. Deshalb unterstützt sie das Ansinnen Ferres’, ihr komödiantisches Talent bei einem Stand-up-Abend in Berlin auf die Probe zu stellen. Als das schiefgeht, hat sie sie endlich soweit: Ferres ist bereit, in einem deutschen Arthouse-Film mitzuspielen, als „rauchende Frau, die man in einer einzigen Einstellung von hinten durch Berlin laufen sieht“.

An der Veronika-Folge (alle Folgen der zehnteiligen Serie sind nach den jeweiligen Stars benannt, die darin „sich selbst spielen“) kann man ganz gut erkennen, wohin die deutsche Adaption des französischen Vorbilds Call My Agent eigentlich will. Die Handlungsfäden aus dem Original werden übernommen, aber die Stars stammen nun alle aus der deutschen Filmbranche, die entsprechend aufs Korn genommen werden soll. Heu Heels als Titel einer „Landkomödie“ mit Veronika Ferres ist eigentlich ganz lustig. Aber leider ist damit auch schon die Spitze des Humors in dieser Serie erreicht.

Moritz Bleibtreu will bei Christopher Nolan spielen

Das liegt weniger an den Stars, die sich willentlich ins Zeugs schmeißen. Sei es Moritz Bleibtreu, der für eine Rolle bei Christopher Nolan ein Facelifting erwägt, Frederick Lau, der in einer Neuverfilmung der Gefährlichen Liebschaften als Valmont versagt, oder Heike Makatsch, die wie Julia Roberts in Notting Hill einen ganz normalen Mann bzw. Buchhändler kennen lernen möchte: Ihnen allen meint man anzumerken, dass sie Lust darauf haben, unter eigenem Namen Schabernack zu treiben. Aber sie bräuchten ein gutes Drehbuch dazu.

Aber entweder durften oder konnten Johann Buchholz und Timon Karl Kaleyta, die als „Head Writer“ verantwortlich zeichnen, vom französischen Vorbild nicht wirklich abweichen. Wer das Original gesehen hat, wird fast alle Elemente wiedererkennen. Ja, auch in Berlin muss die ganze Zeit die Agentur gerettet werden, auch hier entpuppt sich eine junge Frau (Dana Herfurth) als uneheliche Tochter des Chefs (Lucas Gregorowicz) und ist die Powerfrau des Ladens (Karin Hanczewski) ein weiblicher Macho, während ihr bester Kollege (Michael Klammer) als Softie daherkommt. Die erwähnte Hellen ist die alte Dame mit Hund, der im Original „Jean Gabin“ gerufen wurde und hier „Werner Herzog“ heißt. Was keine gute Übersetzung ist.

Dass Assistent Louis (Benny O. Arthur) über die Seniorin ziemlich geschmacklos witzelt, sie sei schon seit Stummfilmzeiten aktiv, kann man sich im Original aber kaum vorstellen. Auch nicht, dass das französische Pendant zu Heiner Lauterbach mit „Jetzt aber genug über mich geredet. Wie hat dir mein letzter Film gefallen?“ sich derart plump in Sachen Selbstironie versucht.

„Call My Agent Berlin“: Es fehlt die Leichtigkeit

Das Überspitzte soll leicht daherkommen, wirkt aber mit wenigen Ausnahmen auf sehr deutsche Weise schwer und umständlich. Zumal die Dialoge im Beschwören des glamourösen Schauspiel-Agenturlebens weder vor blödsinnigen Parolen zum „besten Beruf der Welt“ noch überdeutlichen Erklärungen wie „Brands lieben es, wenn Schauspieler ihre Sachen tragen. Das ist quasi kostenlose Kleidung gegen kostenlose Werbung!“ zurückschrecken.

Im französischen Original lag der Reiz des Formats im liebevollen Umgang mit den großen Namen und ihren angedichteten Schwächen. Nur an manchen Stellen scheint in der deutschen Adaption etwas ähnliches auf.

Die große Nähe zum Original führt nämlich dazu, dass die deutsche Filmbranche mit ihren Eigenheiten nie wirklich erkennbar wird. Die Gegenwart einer Industrie im Umbruch wird in zwei Sätzen abgehandelt. „Wir brauchen Influencer, neue Gesichter, damit die Leute wieder ins Kino gehen!“, fordert Agenturchef Gabor in Folge 2. „Wir vertreten hier Schauspieler und keine Clicks“, hält ihm Veteranin Hellen entgegen. Na dann.

Call My Agent Berlin Johann Buchholz, Timon Karl Kaleyta. 10 Folgen, Disney+

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