Bundesverfassungsgericht: AfD hat keinen Anspruch uff Ausschussvorsitz im Bundestag

Die AfD hat keinen Anspruch darauf, Vorsitzendenstellen in Ausschüssen des Bundestages zu besetzen. Auch die Abwahl des AfD-Abgeordneten Stephan Brandner als Vorsitzender des Rechtsausschusses im Jahr 2019 verstieß nicht gegen das Grundgesetz, wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschied. Zwei entsprechende Organklagen (Az.  2 BvE 1/20 und 2 BvE 10/21) der AfD scheiterten. Die Entscheidung im Zweiten Senat des Verfassungsgerichts erging einstimmig.

Die AfD-Fraktion könne sich zwar auf das Recht auf Gleichbehandlung bei der Besetzung der Ausschussvorsitze stützen, urteilten die Richterinnen und Richter. Die Durchführung von Wahlen zur Bestimmung der Ausschussvorsitze und die Abwahl vom Vorsitz des Rechtsausschusses seien jedoch im Rahmen der dem Bundestag zustehenden Geschäftsordnungsautonomie verfassungsgemäß.

AfD-Abgeordnete fielen bei Wahlen durch

In der aktuellen Legislaturperiode hatten Kandidaten der AfD bei Wahlen zum Vorsitz von drei Bundestagsausschüssen die erforderliche Mehrheit verpasst. Die Fraktion hat daher keinen Ausschussvorsitz inne – obwohl ihr nach der Stärke ihrer Fraktion drei dieser Posten zustehen würden. Die AfD sah ihre Rechte auf Gleichbehandlung als Fraktion, auf effektive Opposition und auf faire und loyale Anwendung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages verletzt und wandte sich mit einer Verfassungsbeschwerde an das Verfassungsgericht.       

Den Vorsitzenden der Bundestagsausschüsse kommt eine tragende Rolle im parlamentarischen Alltag zu. Sie bereiten die Ausschusssitzungen vor, berufen sie ein und leiten sie. Paragraf 58 der parlamentarischen Geschäftsordnung sieht vor, dass die Gremien ihre Vorsitzenden und deren Stellvertreterinnen bestimmen. In den vergangenen Jahrzehnten einigten sich die Fraktionen dabei traditionell im Ältestenrat einvernehmlich, welcher Fraktion welcher Ausschussvorsitz zusteht.

AfD-Politiker nach Äußerungen zu Anschlag von Halle abgewählt

Wenn sich die Fraktionen nicht einigen können, kommt der parlamentarischen Geschäftsordnung zufolge das sogenannte Zugriffsverfahren zum Tragen. Dann dürfen die Fraktionen reihum, der Größe nach, auf die Ausschussvorsitze zugreifen. An die AfD waren in dieser Legislaturperiode auf diese Weise der Innen- und der Gesundheitsausschuss sowie der Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit gefallen. Die Ampelfraktionen beantragten daraufhin eine geheime Wahl. Dabei verfehlten am 15. Dezember 2021 in allen drei Ausschüssen die AfD-Kandidaten die erforderliche Mehrheit deutlich. Ein zweiter Anlauf am 12. Januar 2022 endete mit dem gleichen Ergebnis. Seither leiten die stellvertretenden Vorsitzenden die betroffenen Ausschüsse.           

Auch in der Klage um die Abwahl des AfD-Abgeordneten Brandner vom Vorsitz des Rechtsausschusses in der vorangegangenen Legislaturperiode folgte das Verfassungsgericht der AfD-Argumentation nicht. Nach Brandners Äußerungen zum antisemitischen Terroranschlag in Halle hatten damals alle Ausschussmitglieder – mit Ausnahme der AfD-Abgeordneten für Branders Abberufung gestimmt. Bei der Abwahl handelte es sich um einen einmaligen Vorgang in der Geschichte des Bundestages. In der parlamentarischen Geschäftsordnung ist die Abwahl von Ausschussvorsitzenden nicht geklärt.

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