Die Sanierung von Bahnhöfen, der Ausbau des Schienennetzes, der Ersatzverkehr mit Bussen und die digitale Ausrüstung von Zügen: In all diesen Bereichen soll der Bund künftig einen stärkeren Beitrag leisten. Das hat der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag am Mittwochabend beschlossen und damit die monatelange Blockade beim „Bundesschienenwegeausbaugesetz“ gelöst.
Über ein Jahr hat das Gesetzgebungsverfahren gedauert, das die Zukunft der Bahninfrastruktur in Deutschland maßgeblich beeinflussen wird. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach von einem „Paradigmenwechsel in der Schieneninfrastruktur der Bundesrepublik“. Es liefert zugleich einen wichtigen Baustein für die lange angekündigte Generalsanierung des Schienennetzes, die Mitte Juli startet. Sie stelle sicher, dass die Züge wieder pünktlicher fahren, betonte Wissing.
Grund für die Verzögerung war der Haushaltsstreit im vergangenen Jahr, der nach dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts entstanden war. Schon das hat dafür gesorgt, dass sich die Ampelfraktionen im Bundestag lange Zeit nicht einigen konnten. Die Finanzierung der Bahnhöfe wurde deshalb gestrichen. Dann allerdings hatten auch die Länder im Bundesrat Wünsche: Sie forderten eine stärkere finanzielle Beteiligung des Bundes und verweigerten deshalb im Bundesrat ihre Zustimmung. Bundesrat und Bundestag müssen dem Einigungsvorschlag in dieser Woche noch zustimmen. Das gilt aber als Formsache.
Hauptlast für Empfangsgebäude bleibt bei der Bahn
Nach den neuen Regeln trägt zwar immer noch die Deutsche Bahn die Hauptlast für die Sanierung der Empfangsgebäude. Der Konzern hatte sich im vergangenen Jahr dazu entschlossen, im Zuge der Generalsanierung auch etliche Bahnhöfe zu sanieren. Für die Bereiche, die nicht kommerziell genutzt werden, kann der Bund aber künftig Förderprogramme beschließen. Auch für den Schienenersatzverkehr wurde eine Regelung gefunden. In Fällen, in denen Strecken aufgrund von Generalsanierungen mehrere Monate gesperrt werden, müssen sich Bund und Länder an den Kosten für den Ersatzverkehr beteiligen, die zuvor durch das Eisenbahn-Bundesamt festgestellt wurden. Damit müssen die Länder diese Kosten künftig nicht alleine tragen.
Das Thema wird in den kommenden Jahren besondere Bedeutung gewinnen, wenn ab Mitte Juli das größte Sanierungsprogramm in der Geschichte der Eisenbahn beginnt: Die damit verbundenen monatelangen Vollsperrungen überbrückt die Bahn besonders im Regionalverkehr mit Ersatzbussen. Den Anfang macht die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim. Der Fernverkehr und der Güterverkehr müssen die Baustellen teils großräumig umfahren.
Auf großen Unmut stieß bei den privaten Güterbahnen, dass sie in der Einigung nicht berücksichtigt wurden. Die Einigung von Bund und Ländern, den Schienengüterverkehr schlechter als den Personenverkehr zu stellen, führe bei den Güterbahnen zu zwei zusätzlichen milliardenschweren Kostenpaketen, warnte Peter Westenberger, Geschäftsführer der Verbandes der Güterbahnen. Diese müssten die Unternehmen nun alleine stemmen und dafür die Preise erhöhen. Sie fürchten deshalb, dass die Kunden ihre Waren nicht mehr mit Güterzügen transportieren, sondern wieder mehr Lkw einsetzen.
Schienengüterverkehr ist nicht vorangekommen
Damit torpedierten Bund und Länder ihre eigene Entscheidung, mehr Güter auf die Schiene zu verlagern, warnte der Verband. Statt dem Ziel einer Steigerung des Schienenanteils im Güterverkehr auf 25 Prozent bis 2030 näher zu kommen, sind die Zahlen wieder rückgängig. Wegen massiver Probleme im Schienengüterverkehr ist der Anteil von zuletzt 20 Prozent auf 19 Prozent gesunken. Das schwäche den Wirtschaftsstandort Deutschland, warnte der Verband.
Gekippt wurde in der Einigung außerdem der Fokus auf die Generalsanierung, statt dessen sieht der Kompromiss eine Leistungssteigerung im gesamten Schienennetz vor. Klargestellt wird, dass neben den Hochleistungskorridoren auch in das übrige Schienennetz investiert wird. Schließlich muss sich der Bund auch an den hohen Kosten der Digitalisierung des Schienenverkehrs beteiligen. Hierzu gehört die Ausrüstung mit Systemen, welche die Sicherheit des Eisenbahnbetriebs gewährleisten und die Kapazität steigern.
Der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, lobte die Einigung. „Die bisherigen Regelungen waren zu starr und in vielen Fällen auch eine Investitionsbremse.“ Dringend notwendig sei auch die Finanzierung der Bahnhöfe. In den vergangenen Jahren habe die Bahn zu viele Bahnhofsgebäude verkauft, weil das Unternehmen den Erhalt der Gebäude nicht allein durch Mieteinnahmen finanzieren konnte. Dieser Fehlanreiz sei nun Vergangenheit.