Und wieder einmal macht das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) seinem
Ruf als straff organisierte Top-Down-Partei alle Ehre. In einer ehemaligen Schiffswerft
in Dresden-Laubegast beraten am Samstagmittag 53 Mitglieder des BSW Sachsen
über ihr Programm für die sächsische Landtagswahl am 1. September. Die 49
Seiten enthalten einige erstaunliche Feststellungen: Das BSW kritisiert, dass
„auf sächsischen Straßen“ Waffen Richtung Ukraine transportiert werden. Die
Partei bemängelt die „zunehmende Ausländerkriminalität“ in Sachsen und
Grundschüler, die angeblich nicht mehr lesen und schreiben können. Schuld daran
sei die Digitalisierung, also Tablets und Smartphones im Klassenzimmer, findet
das BSW.
In Dresden legt die neue Partei erstmals eine ausführliche
programmatische Verortung für die anstehenden Ost-Wahlkämpfe vor, im September
wird ja auch in Thüringen und Brandenburg gewählt, und das BSW tritt erstmals
an. Angesichts dessen ist einiges zu diskutieren, könnte man meinen, so kennt
man es jedenfalls von früheren Delegiertentreffen junger Parteien, deren
Programmatik bisher nicht gefestigt, die also noch auf der Suche nach ihrer
Identität sind.
Doch über das Wahlprogramm mit dem Titel „Sachsens Zukunft:
friedlich, vernünftig, gerecht“ gibt es an diesem Tag de facto gar keine
Debatte, die Vorschläge des Parteivorstandes werden fast ohne Änderungsanträge
angenommen. Nach 20 Minuten ist alles vorbei – seltsam irgendwie, wo sich das
BSW doch laut Wahlprogramm für mehr Basisdemokratie einsetzt. Aber dazu später
mehr.
Hochzufrieden mit diesem reibungslosen Ablauf
ist jedenfalls die Landesvorsitzende des Bündnisses, Sabine Zimmermann. „Wir
werden die sächsische Regierung, den sächsischen Landtag verändern“, ruft die
Ex-Bundestagsabgeordnete der Linken und nun BSW-Spitzenkandidatin für die sächsische
Landtagswahl. Was das BSW beflügelt: In Sachsen liegt das Bündnis in Umfragen zwischen acht und elf
Prozent, und der Plan des Landesverbandes, der hier so hartnäckig
abgearbeitet wird, sieht eben auch vor, nach dem 1. September nicht nur im
Dresdner Landtag zu sitzen, sondern auch das Land mitzuregieren.
Klingt hochgegriffen, könnte aber tatsächlich
passieren, sollte der bisherige CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer nach
der Wahl auf Suche nach Koalitionspartnern gehen müssen. Ein Bündnis mit der in
Umfragen starken AfD in Sachsen hat Kretschmer ausgeschlossen, aber SPD und
Grüne könnten so schwach abschneiden, dass die CDU am BSW nicht vorbeikäme.
Kretschmer werde das Programm „heute Abend sicher auch lesen“, verkündet
Zimmermann mit einem gewissen Stolz in der Stimme (CDU-Vizechefin Karin Prien schloss eine Zusammenarbeit mit dem BSW auf Landesebene zuletzt nicht aus). Und tatsächlich könnte Kretschmer im Bereich Migration und Schulpolitik auch einige Überschneidungen
darin finden. Links will das BSW ja schon seit seiner Gründung nicht mehr sein.
Ein paar klassische linke Positionen haben es
dennoch in das Papier geschafft, zum Beispiel Forderungen nach Einführung einer
Vermögenssteuer und eine Steuerfreiheit für kleine Renten, zudem die Geißelung einer
vermeintlichen „Zwei-Klassenmedizin“.
„Vielversprechende Signale“ aus der Dresdner Staatskanzlei
Das allererste Kapitel aber widmet das BSW
ihrem aktuellen Wahlkampfschlager, dem Frieden. In der Ukraine brauche es dringend
einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen „ohne Vorbedingungen“ – dass
der Krieg durch die Invasion Russlands begonnen hat und die Ukraine sich gegen
einen Angreifer verteidigt, spielt in den Augen des BSW weiterhin eine
untergeordnete Rolle. Auch auf Sachsen hat das Bündnis die Friedenspolitik
runtergebrochen: Die „immer stärkere Nutzung der Flughäfen Leipzig und Dresden“
und die Entsendung sächsischer Soldaten an die Nato-Ostflanke nach Litauen sehe
man „mit tiefer Sorge“. Aber wie soll Landespolitik das verhindern? Daran
wird auch nichts ändern, dass das BSW beim Thema Ukraine-Kritik aus der
Dresdner Staatskanzlei „vielversprechende Signale“ vernommen haben will. Ministerpräsident
Kretschmer hat sich ebenfalls für einen Waffenstillstand in der Ukraine
eingesetzt – steht damit aber in seiner CDU alleine.
Leider sei nun mal der Bundes-CDU nicht zu
trauen, heißt es beim BSW daher. „Auch wenn der Ministerpräsident Kretschmer hier in Sachsen die
Friedenstaube spielt, wissen wir doch alle, dass der Falke Merz in Berlin letztlich
die Strippen zieht und den Taurus liefern will“, sagt Zimmermann dazu in ihrer Rede. Das
BSW will angeblich keine Versprechen machen, die es nicht halten kann, denn
nichts enttäusche die Wähler mehr, heißt es dazu: „Wir haben hier eine hohe
Verantwortung.“ Denn obwohl es die Wahlplakate „Krieg oder Frieden?“
suggerieren: Den Krieg in der Ukraine wird das BSW sicher nicht im Alleingang und
vermutlich auch nicht von Sachsen aus beenden können.
Und wieder einmal macht das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) seinem
Ruf als straff organisierte Top-Down-Partei alle Ehre. In einer ehemaligen Schiffswerft
in Dresden-Laubegast beraten am Samstagmittag 53 Mitglieder des BSW Sachsen
über ihr Programm für die sächsische Landtagswahl am 1. September. Die 49
Seiten enthalten einige erstaunliche Feststellungen: Das BSW kritisiert, dass
„auf sächsischen Straßen“ Waffen Richtung Ukraine transportiert werden. Die
Partei bemängelt die „zunehmende Ausländerkriminalität“ in Sachsen und
Grundschüler, die angeblich nicht mehr lesen und schreiben können. Schuld daran
sei die Digitalisierung, also Tablets und Smartphones im Klassenzimmer, findet
das BSW.