Ende gut – alles gut? Die letzte Sitzung des Bundesrates in diesem Jahr endete mit einer frohen Botschaft aus Sicht der Steuerzahler. Obwohl die Ampel-Koalition im November platzte, gab es kurz einen parteiübergreifenden Kraftakt zur Entlastung der Steuerzahler und Eltern. Der anziehende Wahlkampf sorgte beim eingedampften Steuerfortentwicklungsgesetz für den großen Schulterschluss. FDP und Union sorgten im Bundestag für die Mehrheit, die SPD und Grüne allein nicht haben. Der Bundesrat zog mit, verkürzte die Beratungsfrist und sorgte noch vor Weihnachten für Klarheit.
So kann die geplante Korrektur der Einkommensteuer pünktlich in Kraft treten. Doch für viele Arbeitnehmer wird der Blick auf den ersten Gehaltszettel im neuen Jahr gleichwohl eine Enttäuschung bereithalten. Obwohl der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer von 11.784 Euro auf 12.096 Euro steigt und die anderen Eckwerte des Steuertarifs um 2,6 Prozent erhöht werden (bis auf die sogenannte Reichensteuer), wird unten beim Entgeltnachweis ein kleinerer Betrag als zuvor stehen – falls es nicht zu Neujahr eine Gehaltserhöhung geben sollte.
Denn: Die Sozialversicherungen werden teurer. Auch wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Last teilen, ist das Ergebnis in den meisten Fällen ein kleineres Nettoeinkommen. Das zeigen Berechnungen des Bundes der Steuerzahler für die F.A.Z.
Zusatzbeitrag steigt
Vor wenigen Tagen hat die Techniker Krankenkasse eine unerwartet kräftige Erhöhung ihres Zusatzbeitrags angekündigt (von 1,2 auf 2,45 Prozent). Ihre angestellten Mitglieder müssen damit einen Anstieg um 0,625 Prozentpunkte tragen. Die „TK“ ist die größte Kasse im Land. Ihr Schritt könnte richtungsweisend sein. Deswegen hat ihn der Bund der Steuerzahler seinen Berechnungen zugrunde gelegt. Zudem berücksichtigt er die steigenden Beiträge in der sozialen Pflegeversicherung. Zum 1. Januar steigen sie um 0,2 Prozentpunkte: für Eltern auf 3,6 Prozent, für Kinderlose sogar auf 4,2 Prozent.
Eindeutig ist die Sache bei den kinderlosen Singles. Bei ihnen steht in der Tabelle des Steuerzahlerbundes durch die Bank ein Minus vor der jeweiligen Zahl. Das heißt, sie werden netto weniger verdienen. Bis zu einem Bruttoeinkommen von 5000 Euro im Monat ist die Mehrbelastung überschaubar: Sie bewegt sich zwischen 51 und 122 Euro im Jahr. Danach steigt die Mehrbelastung sprunghaft an auf in der Spitze 377 Euro. Bei noch höheren Einkommen sinkt sie wieder: auf 241 Euro bei 7000 Euro brutto.
Die in die Höhe schießende Belastung hat ihre Ursache in den erhöhten Beitragsbemessungsgrenzen. In der gesetzlichen Krankenversicherung steigt sie nach Silvester auf jährlich 66.150 Euro (5512,50 Euro im Monat). Zum Vergleich: Dieses Jahr sind es 62.100 Euro. Die Beitragsbemessungsgrenze ist das Bruttoeinkommen, bis zu dem Beiträge in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung erhoben werden.
Einige Eltern können auf ein Mehr hoffen
Auch für die gesetzliche Rente und die Arbeitslosenversicherung werden die Grenzwerte nach oben geschoben – erstmals einheitlich in ganz Deutschland auf 96.600 Euro im Jahr (8050 Euro im Monat). 2024 verlief die Grenze in den jüngeren Bundesländern noch bei 89.400 Euro, sonst bei 90.600 Euro. Das heißt, in den fünf östlichen Bundesländern ist der Beitragsschock für sehr gut verdienende Arbeitnehmer noch etwas höher als im Westen. Da der Steuerzahlerbund die Veränderungen nur für Bruttoeinkommen bis 7000 Euro berechnete, sieht man bei ihm diesen Effekt nicht.
Eltern leiden wie Kinderlose unter steigenden Sozialbeiträgen und höheren Beitragsbemessungsgrenzen. Doch bei ihnen schlagen das aufgestockte Kindergeld (fünf Euro im Monat mehr) und der angepasste Kinderfreibetrag (plus 60 Euro im Jahr) zu Buche – neben der Korrektur des Steuertarifs, von der alle profitieren. Das führt dazu, dass es einige Eltern trotz teurer werdender Sozialversicherungen unter dem Strich auf ein kleines Mehr hoffen können.
Nach den Berechnungen des Steuerzahlerbundes gilt das für ein Alleinverdienerehepaar mit zwei Kindern, das zwischen 36.000 und 54.000 Euro im Jahr verdient. Mit geringerem Bruttoeinkommen zahlen die Familien schon heute keine Steuern, deshalb schlagen dort die höheren Sozialbeiträgen hart durch. Bei den sehr hohen Einkommen springt die Belastung aus denselbem Grund wie bei den Singles in die Höhe: wegen der neuen Beitragsbemessungsgrenzen.
Für den Bund der Steuerzahler ist das Ergebnis mehr als ernüchternd. Die Steueränderungen entlasteten die Bürger nicht wirklich, sondern dienten nur dazu, Belastungen durch die Inflation zu vermeiden, sagte Präsident Reiner Holznagel der F.A.Z. „Die steigenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung heben diesen Ausgleich nicht nur weitgehend auf, sondern führen bei vielen Menschen sogar zu einem spürbaren Rückgang des verfügbaren Einkommens.“ Ambitionierte steuerpolitische Reformen seien dringend erforderlich, um die Konjunktur zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu sichern, mahnte Holznagel.