Bruno Latour: Ökos aller Länder

Das Buch ist leicht: Es wiegt 129 Gramm. Es ist so schmal, dass man es gut in einem Jutebeutel verstauen könnte, wenn man etwa zu einer Demonstration oder einer Sitzblockade ginge. Die 93 Seiten sind mit großen Buchstaben bedruckt. Es ließe sich also in relativ kurzer Zeit lesen. Während einer 30-tägigen Präventivhaft in einem bayrischen Gefängnis könnte man es gleich mehrfach durchschauen und mit Notizen versehen.

Denn das Memorandum, ein ökologisches Manifest, das der im Oktober dieses Jahres verstorbene Soziologe und Philosoph Bruno Latour gemeinsam mit dem 32-jährigen Soziologen Nikolaj Schultz verfasste, hebt mit der gleichen absurden Situation an, die auch verschiedenste Klimaaktivisten derzeit umtreibt und zu ihren Aktionen motivieren dürfte. Fluten, Stürme und Brände zeigten sich schon in diesem Jahr in einer ungeahnten Häufigkeit und einem erschreckenden Ausmaß. Und am Horizont zeichnet sich ersichtlich ab, dass diese in Zukunft nicht weniger werden – im Gegenteil. Der Klimawandel fordert Leben, zwingt Menschen in die Flucht und kostet Geld. Verwunderlich ist also, dass auf dieses Wissen kaum ernstzunehmende Handlungen folgen. Während Politiker auf Klimakonferenzen tagen, steigt unaufhörlich der Meeresspiegel, dehnen sich die Wüsten aus und ersticken die Fische am Plastik. Oder um es mit Schultz und Latour zu sagen: „Fasst man die gegenwärtige Situation zusammen, kann man sagen, dass mittlerweile die ganze Welt verstanden hat, dass entscheidendes Handeln nötig wäre, um der Katastrophe Einhalt zu gebieten, es dafür aber an Mitteln, an Motivation, an Führung zum Handeln fehlt.“

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