Brandmauer und Parteiverbot: Das schärfste Schwert ist keine Option im Meinungskampf

Jedes „Nie wieder“ verhallt, wenn der Adressat nicht (mehr) weiß, was genau nie wiederkehren soll. Auch das Gebot, aufzustehen, und das Verbot, sich mit anderen gemeinzumachen, bedarf der Begründung – der Bürger ist ja (hoffentlich) keine Marionette, die man zu Leibesübungen und Kontaktverboten bewegen muss. Gerade vor dem Hinterherlaufen und Folgen wird ja aus guten Gründen immer wieder gewarnt – eine Lehre aus der Geschichte auch das.

Der aufgeklärte Bürger

Der aufgeklärte Bürger eines bewährten demokratischen Rechtsstaats sollte deshalb nicht mit hohlen Formeln abgespeist werden. Auch Brandmauern müssen begründet werden. Die Etikettierung des anderen als Ex­tremist reicht nicht. Vor allem dann nicht, wenn das ein umfassendes Verbot jeglichen Zusammenwirkens rechtfertigen soll. Entscheidend ist das Gemeinwohl.

Tatsächlich ist mit Feinden unserer Ordnung kein Staat zu machen, schon begrifflich nicht. Doch muss immer wieder dargelegt werden, worin diese Feindschaft besteht. Das gilt auch für das gern im Munde geführte Parteiverbot. Das ist das schärfste, letzte Schwert und keine normale Option im Meinungskampf. Auch längliche Berichte des Verfassungsschutzes über Extremismus, sei er nun ungesichert, gesichert oder entsichert, taugen nicht als Antragsschriften in einem Verbotsverfahren.

Der mantrahaft wiederholte stolze Hinweis auf selbst errichtete Brandmauern und das freudige Wedeln mit einem Verbotsantrag mögen der moralischen Selbsterhöhung dienen, erhöhen aber offensichtlich nicht automatisch die eigenen Zustimmungswerte. Sich auf die Schulter zu klopfen, ist noch keine Politik.

Wer freilich unsere freiheitliche Grundordnung bekämpft, muss das auch spüren – das muss man jedem unter die Nase reiben. Die Möglichkeit eines Verbots, eines Verhaltens oder einer Gruppierung, ist demokratisch gewollt. Auch in einer freiheitlichen Ordnung hat niemand einen Persilschein für deren Abschaffung. Wer in freier Auseinandersetzung nicht mehr weiterkommt, muss das überzeugend begründen – und für die Folgen geradestehen.

Source: faz.net