Börsenwoche: Zum Besten von die Umstände hält sich dieser Dax noch ganz wacker

Es ist gerade mal neun Wochen her, da haben einige Analysten dem Dax zum Jahresende mehr als 26.000 Zähler zugetraut. Nun ist das Jahr noch nicht vorbei. Aber zum Zeitpunkt der F.A.Z.-Umfrage von 19 Finanzmarktteilnehmern stand der deutsche Leitindex bei knapp mehr als 24.000 Punkten. Passiert ist seitdem wenig, im Gegenteil. Das deutsche Börsenbarometer rutschte Ende August unter die Marke von 24.000 Zählern und konnte diese seitdem auch nicht mehr überwinden. Regelmäßig prallt der Leitindex unter der 21-Tage-Linie ab. Erst ihr nachhaltiges Überwinden gibt Luft nach oben – zumindest charttechnisch.

Ist also alles trist am deutschen Aktienmarkt? Nein, meint Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank: „Der Dax hat 2025 bisher knapp 19 Prozent zugelegt. Lethargie sieht für mich anders aus. Zugegeben, seit Juni geht es seitwärts, aber die Performance kann sich meiner Meinung nach sehen lassen.“

Vielleicht sind Anleger mit der gegenwärtigen Seitwärtsbewegung an der deutschen Aktienbörse ja auch noch recht gut bedient. Denn an schlechten Nachrichten hat es auch in der zurückliegenden Börsenwoche nicht gemangelt. Da war die Gewinnwarnung von Porsche und seiner Konzernmutter Volkswagen. Die erfolgte zwar am Freitag der vergangenen Woche, aber erst nach Börsenschluss, konnte also erst am Montag an den Märkten eingepreist werden. Seitdem verlor das Papier von Deutschlands größtem Autohersteller rund drei Prozent, auch wenn einige Verluste vom Wochenbeginn wieder wettgemacht werden konnten. Dass der nicht börsennotierte Automobilzulieferer Bosch am Donnerstag den Abbau weiterer 13.000 Arbeitsplätze ankündigte, zeigt deutlich, in welch schwierigem Fahrwasser Deutschlands Schlüsselindustrie unterwegs ist.

Und dann noch wieder Trump

Und auch den Leuchtturm im Dax, den Softwarekonzern SAP , hat es in der zurückliegenden Woche nicht verschont. Die EU-Kommission wirft dem Walldorfer Unternehmen vor, seine Vormachtstellung beim Wartungs- und Kundenservice ausgenutzt zu haben. Sollten sich die Anschuldigungen beweisen lassen, droht eine Milliardenstrafe. Auch am Freitag ging es für den Aktienkurs leicht bergab. Und als hätten die deutschen Unternehmen nicht schon selbst Schwierigkeiten genug, schlug auch US-Präsident Donald Trump per Post in den sozialen Medien in der Nacht zu Freitag noch mal ins Kontor.

Er hat Zölle von 100 Prozent auf Arzneimittelimporte in die Vereinigten Staaten ab 1. Oktober angekündigt. Vermeiden könnten sie die Pharmakonzerne nur, wenn sie Produktionsstätten in den USA aufbauten. Sollte es dazu kommen, wäre es durchaus ein harter Schlag für europäische und insbesondere deutsche Arzneimittelhersteller. Denn die USA sind für die hiesigen Pharmafirmen der wichtigste Exportmarkt.

Auf der anderen Seite des Atlantiks lassen sich Medikamente zudem noch zu höheren Preisen verkaufen. Zwar zog der Aktienkurs von Merck am Freitag zunächst an, drehte dann aber ins Minus, auf Wochensicht steht ein Minus von rund zwei Prozent. Glimpflicher ging Trumps erneute Zolldrohung für das Papier von Bayer aus. Es reagierte am Freitag nur minimal, und auf Wochensicht beträgt das Minus rund ein Prozent.

Was muss jetzt aber passieren, damit der Dax so wie noch vor ein paar Monaten von einem Rekordhoch zum nächsten eilt? So ganz haben das die Unternehmen nicht selbst in der Hand. „Deutsche Aktien wurden zum Jahresstart insbesondere durch die Reform der Schuldenbremse und den Aussichten auf Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur befeuert. Diese Erwartungen sind nun eingepreist“, sagt Chefanlagestratege Stephan. Damit die Rally weitergehe, müssten die angekündigten Maßnahmen auch zügig umgesetzt werden. Bisher berichteten nur wenige Unternehmen von positiven Effekten. Ob sie überhaupt eintreten oder es nur ein „Herbst der Reförmchen“ wird, lässt sich noch nicht abschließend vorhersagen.

Aber nur nach Berlin schauen können die Unternehmenslenker in Deutschland nun auch nicht. Die Analysten des Family-Office HQ Trust wollen nämlich auch Fakten sehen: „Entscheidend für die weitere Richtung des Dax wird sein, ob die aktuell eingepreisten Gewinnerwartungen für 2026, die von einem Gewinnwachstum von 15 Prozent ausgehen, auch tatsächlich realisiert werden können.“ Sollten die Unternehmen nicht nur bestätigen, sondern noch einen zusätzlichen Wachstumspfad aufzeigen, hätten die Kurse weiteres Potential nach oben, glaubt man bei HQ Trust.

Aber das ist eben auch nicht ausgemachte Sache. Denn bliebe die Gewinnentwicklung hinter den Erwartungen zurück, drohe eine Korrektur, weil die Bewertungen auf diesem Niveau nur wenig Puffer böten. Und natürlich spielt auch die US-Notenbank noch eine Rolle. „Sollten die Inflationszahlen erneut nach oben überraschen oder die US-Notenbank doch länger an hohen Zinsen festhalten, steigt die Gefahr einer Neubewertung am Aktienmarkt – und das nicht nur in den USA, sondern weltweit“, so die Fachleute von HQ Trust.

Source: faz.net