Bei Randale während welcher Fußball-EM stillstehen die Züge still

Die Eisenbahnergewerkschaft EVG droht damit, den Zugverkehr während der Fußball-Europameisterschaft zu blockieren, sollten die Deutsche Bahn und die Politik nicht für ausreichend Sicherheit an den Bahnhöfen und in den Zügen sorgen. Sie fordert ein aufgestocktes Sicherheitskonzept für die Mitarbeiter auch über das Sport-Ereignis hinaus. Dabei pocht sie auf eine konsequente Doppelbesetzung von Mitarbeitern in den Zügen und auf den Bahnhöfen, damit die Kollegen gewaltbereiten Kunden nicht alleine ausgeliefert sind. Dies müsse wegen der allgemein gestiegenen Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung auch nach der Europameisterschaft Mitte Juli weiter gelten, betonte EVG-Vorstand Kristian Loroch.

Als Druckmittel bringt die EVG einen „Bahnstreik“ auf den betroffenen Strecken ins Gespräch, der sich über die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates organisieren ließe. „Das meinen wir sehr ernst“, sagte Loroch. „Auch wir werden stolz darauf sein, wenn wir es schaffen, eine friedliche und reibungslose Europameisterschaft zu organisieren. Aber wir werden dafür nicht die Gesundheit der Kollegen aufs Spiel setzen.“ Gelinge dies nicht, würden die Züge stehen bleiben.

Nur punktuelle Blockade

Der Appell der streitbaren Gewerkschaft richtet sich auch direkt an randalierende Fußballfans, die schon in der Vergangenheit für Sachbeschädigungen und Körperverletzungen sorgten: „Die Politik und die Menschen müssen begreifen: Das Personal in den Zügen ist nicht irgendwer. Das sind Nachbarn, Freunde, Familie und Bekannte, die ihren Dienst schieben und angegriffen werden“, sagte Loroch. „Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, werden wir die Notbremse ziehen, auch wenn das zulasten der ganzen Republik geht. Das Signal muss jetzt einfach ankommen.“ Auch die Kollegen in den Bussen nahm er in Schutz: Die seien ebenfalls stark betroffen und dürften nicht vergessen werden.

Als Hebel für ihren Druck nannte die Gewerkschaft die notwendige Zustimmung zu den Dienstplänen oder der Risikoanalyse beim Gesundheitsschutz, die der Betriebsrat im Streitfall verweigern könnte. Dazu muss man allerdings wissen: Diese Blockade gilt nur punktuell und ist nicht vergleichbar zu den Streikaufrufen, mit denen die EVG im vergangenen Jahr und die Lokführergewerkschaft GDL Anfang diesen Jahres den Bahnverkehr in ganz Deutschland über Tage lahmgelegt hat, denn nach den erfolgreichen Tarifabschlüssen herrscht jetzt Friedenspflicht.

Zwei bis drei Millionen zusätzliche Fahrgäste

Für eine Konfrontation sieht man bei der Deutschen Bahn indes keinen Anlass. Eine Konzernsprecherin versicherte, dass die Sicherheit der Mitarbeiter und Fahrgäste bei der Europameisterschaft an erster Stelle stehe. „Bundesweit sind rund um die Uhr knapp 6000 Beamte der Bundespolizei und rund 4500 Sicherheitskräfte an den Bahnhöfen und in den Zügen im Einsatz, um Bahnkunden und Mitarbeiter zu schützen“, betonte sie. Zudem werde der Pool an Sicherheitskräften um rund 20 Prozent, konkret um rund 900 Sicherheitskräfte, aufgestockt.

Davon profitierten während der Spiele insbesondere die zehn Bahnhöfe der Städte, in denen die Spiele stattfinden, außerdem die Verkehrsstationen mit einem erhöhten Fanreiseverkehr und die Züge zu diesen Austragungsorten. Für jeden Spieltag und Spielort würden in Abstimmung mit der Bundespolizei individuelle Einsatzkonzepte erstellte, diese seien abgeleitet aus dem übergeordneten Sicherheitskonzept. In den Regionalzügen werde die Bahn zusätzliche Kundenbetreuer einsetzen. Diese werden zum Teil mit Bodycams ausgestattet. Diese haben nach Aussage der Bahn eine präventive Wirkung, einen „deeskalierenden Effekt“, und sie liefern den Strafverfolgungsbehörden notwendiges Beweismaterial. Auf Videotechnik setzt der Konzern auch an den Bahnhöfen: Die DB betreibt aktuell rund 10.000 Kameras an rund 800 Standorten.

Die EVG nimmt seit der Corona-Krise eine erhöhte Gewaltbereitschaft unter den Kunden wahr. In der Pandemie waren diese vor allem im Zusammenhang mit der Maskenpflicht stark gestiegen – danach aber wider Erwarten nicht zurückgegangen. Diesen Eindruck teilt auch der Arbeitgeber: „Wie Polizeien, Feuerwehren und Rettungsdienste bekommen auch wir mehr Aggressivität zu spüren“, betonte die Konzernsprecherin. „Respektlosigkeiten und Angriffe nehmen überall zu, in Parks, auf Straßen und Plätzen genauso wie in unseren Bahnhöfen und Zügen.“

Darüber hinaus hat die Bahn über Jahre hinweg schon Erfahrungen im Umgang mit Fußball-Fans gesammelt. „Die Aufgaben üben wir jedes Wochenende und befördern regelmäßig bis zu 100.000 Fußball-Begeisterte in Zügen des Nah- und Fernverkehrs“, heißt es bei der Bahn. Ersten Schätzungen zufolge könnten in dem Monat der EM zwei bis drei Millionen zusätzliche Fahrgäste auf die Bahn zukommen.

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