BASF stellt sich uff harte Zeiten ein: Die Strategie des neuen Chefs

Der Chemiekonzern BASF soll unter Führung des neuen Vorstandsvorsitzenden Markus Kamieth umgebaut werden und wieder zur alten Ertragsstärke zurückfinden. Neben Veränderungen des Portfolios kündigte Kamieth auf der lange erwarteten Strategiekonferenz weitere Investition in Asien an. Dort hat der Konzern sieben Länder auserkoren, in denen in den nächsten Jahren das größte Wachstum der Chemikalienproduktion stattfinden werde, allen voran China. An den Perspektiven des Landes ließ Kamieth keinen Zweifel. Der Bau des neuen Großstandortes dort laufe nach Plan.

Das Pflanzenschutzgeschäft könne mittelfristig an die Börse kommen. Den Ausbau der Batteriegeschäfte legt der Vorstand vorerst auf Eis. Die Investitionen im Konzern sollen in den kommenden Jahren wieder zurückgefahren werden, die Aktionäre müssen sich auf niedrigere Dividenden gefasst machen. Neuerliche Sparprogramme oder gar einen Kahlschlag für den defizitären Standort Ludwigshafen soll es nicht geben, allerdings weitere Teile der Produktion geschlossen werden. Ludwigshafen, der größte Chemiestandort der Welt, sei und bleibe wettbewerbsfähig, die Verbundproduktion schaffe beim grünen Umbau sogar Vorteile, sagte Vorstandsmitglied und Standortleiterin Katja Scharpwinkel.

Bei Gewerkschaft und Betriebsrat kamen die Pläne am Donnerstag nicht gut an. Kosten sparen reiche als Konzept für eine erfolgreiche Zukunft nicht aus, hieß es. Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Chemiegewerkschaft IGBCE und selbst Aufsichtsratsmitglied des Konzerns sagte, Anlagen abbauen, Stellen streichen und eine Transformation in Trippelschritten genüge für den größten Chemiekonzern der Welt nicht als Konzept.

„Standort Ludwigshafen wird schlanker, aber stärker sein“

Markus Kamieth hatte die Führung im Mai übernommen, nachdem sein Vorgänger Martin Brudermüller altersbedingt aus dem Konzern ausgeschieden war. Das Strategieupdate wurde seit längerem mit Spannung erwartet. Wegen der hohen Energiekosten und dem grünen Umbau steht die gesamte Chemieindustrie in Europa unter erheblichen Druck.

So stark die neue Strategie das Gesicht des Konzernes verändern dürfte, so vergleichsweise gering sind die bislang bekannten Einschnitte in Ludwigshafen. Die Mehrzahl der Anlagen in Ludwigshafen sei in ihren jeweiligen Märkten wettbewerbsfähig, sagte Scharpwinkel „Unsere Ergebnisse zeigen aber auch, dass einzelne Anlagen und Produktionslinien aufgrund von mangelnder Wettbewerbsfähigkeit oder struktureller Unterauslastung keine ausreichenden Erträge mehr erzielen“. Einige Anlagen hat der Konzern auch schon geschlossen, weitere Anpassungen würden geprüft, die bereits beschlossenen Sparmaßnahmen liefen weiter. „Der Standort Ludwigshafen wird schlanker, aber stärker sein.“

Kamieth sagte, die Geschäfte, die künftig eigenständig geführt würden, bedienten spezifische Branchen und sein weniger eng mit den integrierten Wertschöpfungsketten verbunden. „Zukünftig werden wir den vollen Wert dieser Geschäfte stärker herausstellen.“ In Summe sind es Segmente mit einem Umsatz von mehr als 25 Milliarden Euro – bei Gesamterlösen von zuletzt knapp 69 Milliarden Euro – die künftig eigenständig (stand alone) geführt werden sollen.

Abschied von den Pflanzenschutzsparten

Für sie sucht der Konzern Portfolio-Optionen, also mögliche Käufer oder Investoren. „In den kommenden Jahren wird sich BASF darauf fokussieren, die Kerngeschäfte zu stärken und profitabel wachsen zu lassen.“ Die Idee der Ausgründung ist nicht neu. Als Kamieths Vorgänger Martin Brudermüller Ende 2023 eine stärkere Verselbstständigung von Geschäften ankündigte, wies er den Eindruck von möglichen Verkäufen aber noch weit von sich. Nun zeigt sich, dass die Gedankenspiele deutlich weiter gehen.

Nicht mehr als Kerngeschäft zählt der Konzern künftig die Pflanzenschutzsparten: sie war mit zehn Milliarden Euro Umsatz und einem Ebitda von 2,27 Milliarden Euro im Vorjahr sogar der größte Gewinnbringer. Ebenfalls nicht mehr zum Kerngeschäft zählt Coating, das Geschäft mit Lacken (Umsatz 4,3 Milliarden Euro). Und das Geschäft mit Katalysatoren: dafür sucht der Konzern schon länger einen Partner. Wegen des Umbaus der globalen Autoindustrie hin zur Elektromobilität wachen die Geschäfte nicht mehr, im Vorjahr war der Umsatz um fünf Milliarden auf elf Milliarden sehr stark rückläufig. Kamieth sagte, die Geschäfte befänden sich vielleicht in der Phase des Sonnenuntergangs aber dieser Sonnenuntergang werde noch lange dauern.

Überraschenderweise ebenfalls nicht zum Kerngeschäft zählt BASF die im Aufbau befindlichen Aktivitäten rund um Batteriechemikalien für Elektroantriebe. Bislang galten Batteriechemikalie als einer der wichtigsten Wachstumstreiber. Jetzt sagte Kamieth, das Umfeld sei von hohen Markt- und Technologierisiken gekennzeichnet. Angesichts der jüngsten Marktentwicklung mindere der Konzern sein Risiko, in dem er sich auf die Auslastung der bestehenden Kapazitäten konzentriere und „Kooperationsmöglichkeiten“ entlang der gesamten Wertschöpfungsketten auslotet. BASF lege jetzt eine Auszeit an. Gerade in Europa sei der Aufbau einer Wertschöpfungskette für Batteriechemikalien schwierig, sagte Kamieth. BASF sei deshalb offen für Allianzen und Zusammenschlüsse.

Auch die Gewinnbeteiligung der Aktionäre will der Vorstand unter der neuen Führung deutlich verändern. Bisher galt die konstant hohe Ausschüttung von zuletzt etwa drei Milliarden Euro pro Jahr als wichtigstes Argument für eine Investition in die Aktie. Die Dividendenrendite war traditionell hoch, der Konzern hat die Dividende teils sogar aus der Substanz finanziert. Von 2025 bis 2028 will der Konzern zwar zwölf Milliarden Euro ausschütten, davon aber „nur“ zwei Milliarden Euro im Jahr als Dividende. Mindestens 2,25 Euro je Aktie sollen es sein, im Vorjahr waren es 3,40 Euro. Das Rest des Geldes will der Konzern für den Rückkauf von Aktien ausgeben, offenbar getragen von der Hoffnung, den schwachen Aktienkurs zu stützen. Spätestens 2027 will er damit beginnen. Als wichtigstes Finanzziel nennt BASF nun ein EBITDA vor Sondereinflüssen im Jahr 2028 zwischen zehn und zwölf Milliarden Euro, allerdings mit dem Hinweis auf „moderate bis gute ökonomische Rahmenbedingungen“.

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