Bankhaus Metzler: Gerhard Wiesheu schürt mit Umstrukturierungen Unruhe

Darf eine Bank mit Emotionen rechnen?“ lautet der Schriftzug auf einer Werbeanzeige des Bankhauses Metzler. „Wir sind so frei“, geht der Anzeigentext weiter und ruft die Kunden auf, in der Bank den „Finanzexperten mit gesundem Menschenverstand und geschulter Menschenkenntnis“ zu begegnen oder diese zu kontaktieren.

Passend dazu klingt, was Gerhard Wiesheu sagt. Bisher eine Art „Außenminister“ der Bank mit viel diplomatischem Verkäufergen ausgestattet, ist Wiesheu vor einem Jahr auf Emmerich Müller als Vorstandssprecher gefolgt. Im November 2023 sagte Wiesheu in seinem ersten Interview in der neuen Rolle der F.A.Z.: „Wir verfügen in den vier Geschäftsfeldern Asset-Management, Capital Markets, Corporate Finance und Private Banking über eine starke Ausgangsbasis, um unsere Kunden bei ihren vielfältigen Herausforderungen zur Seite zu stehen und zu begleiten.“ Doch was stabil und gut klingt, ist nicht die ganze Wahrheit zum Zustand des Bankhauses.

Hohe Kosten, wenig Effizienz

Zwar verraten die wenigen Geschäftszahlen, die das Bankhaus einmal im Jahr Mitte Mai bekannt gibt, nicht allzu viel. Doch die zuletzt für das Jahr 2022 veröffentlichten Geschäftszahlen zeigen, dass die Ausgaben stärker zulegten als die Erträge. Um einen Euro zu verdienen, musste Metzler mehr als 90 Cent aufwenden – kein Zeichen hoher Effizienz. So war es nicht ganz erstaunlich, dass Wiesheu in dem F.A.Z.-Interview auch einen Stellenabbau um 10 Prozent in den nächsten Jahren ankündigte.

Seither ist ungewohnte Unruhe spürbar. Die Bank, die sich sechs Vorstandsmitglieder leistet, kürzt nun die Zahl der Leiter von Bereichen ohne Kundenverantwortung von dreizehn auf elf. Zudem sind die betroffenen bisherigen Bereiche Kommunikation und Personal nicht mehr Chefsache, sondern werden als Abteilungen dem Ressort von Compliance-Vorstand Stefanie Buchmann zugeschlagen. Das macht natürlich was mit den Leuten: Die Leiterin Kommunikation ist schnell ausgeschieden, der Leiter Personal sollte mühsam mit mehr Gehalt zum Bleiben bewegt werden, erzählen Kenner der Bank. Inzwischen wurde intern per Hausmitteilung Mitte März verkündet: Der Personalchef geht, dem Vernehmen nach wechselt er zur Helaba. Metzler muss offenbar nun auch mit den Emotionen der eigenen Mitarbeiter rechnen.

Die Metzler-Bank ist in Frankfurt eine Institution. Ursprünglich als Tuchhandelshaus gegründet, feiert sie in diesem Jahr ihr 350-jähriges Firmenjubiläum als Deutschlands ältestes Bankhaus in ununterbrochenem Familienbesitz. Doch als ihre einzige Stärke gilt heute das Private Banking, also die Geldanlage in Aktien, Anleihen und Cash – wie es bei Metzler heißt. Keine Zertifikate, keine Fonds und damit auch keine mehr oder weniger versteckten Gebühren für die Kunden – nahezu alle Provisionen gehen an Metzler selbst. Dieses Geschäft ist offenbar für die Bank hochprofitabel, auch wenn Konkurrent Hauck Aufhäuser Lampe inzwischen mehr Kundenvermögen verwaltet.

Erfahrener Mann an der Spitze

Gerhard Wiesheu war 22 Jahre lang Partner und Vorstandsmitglied der Bank, bevor er vor einem Jahr Vorstandssprecher wurde. Zuvor als Verantwortlicher für das Auslandsgeschäft trat er wie ein Außenminister auf. Fließend auf Japanisch führte Wiesheu manche Wirtschaftsdelegation auf Staatsbesuch in Asien an. Diplomatisch ist er auch zu den Kunden, die er freundlichst einwickelt und mit seinem Programm von Nebenaktivitäten vom Präsidenten des Lobbyverbandes Main Finance bis hin zu den Freunden Bayreuths zu beeindrucken weiß.

Gerhard WiesheuFrank Röth

Weniger klar ist für Beobachter, ob das Asset-Management, also das Fondsgeschäft, für das Wiesheu lange eigentlich vorrangig zuständig war, zukunftsträchtig ist. Beobachter bezweifeln, dass es die kritische Masse besitzt. Diese Zweifel werden noch übertüncht vom Erfolg des Pensionsmanagements, wo Metzler einen überaus guten Lauf hat und Mandate etwa von der LBBW gewann. Aber im Fondsgeschäft fehlt es an Alleinstellungsmerkmalen und Fokus, wie sie etwa die auf deutsche mittelständige Aktien konzentrierte Fondsgesellschaft Lupus Alpha praktiziert. „Metzler macht vieles okay bis gut, aber nichts sehr gut“, heißt es von Leuten, die dem Bankhaus nichts Böses wollen.

Mit dem Wechsel auf den Vorstandsvorsitz ist Wiesheu aus der Sicht mancher Kenner der Bank ein weiterer Coup gelungen: Er hat den Bereich Asset-Management mit seiner zweifelhaften Zukunft abgegeben und stattdessen den überaus rentablen Bereich Private Banking übernommen. Im Geschäftsfeld Asset-Management muss sich nun ausgerechnet Franz von Metzler bewähren. Der Sohn von Patriarch Friedrich von Metzler rückte 2023 in den Vorstand auf. Es gilt als nahezu ausgemacht, dass der 62 Jahre alte Wiesheu in ein paar Jahren die Führung der Bank an den 38 Jahre alten Franz übergibt. Bis dahin aber stellt Wiesheu die Weichen für sich.

Bank sucht modernen Stil

Dabei wäre es nach Ansicht von Beobachtern wichtig, dass das Bankhaus Metzler gerade im Private Banking einen moderneren Stil findet. Vorfahrin Emma Metzler war bekannt für ihre Salons, bei denen zahlreiche bekannte Persönlichkeiten ein- und ausgingen, etwa Otto von Bismarck. Er nannte Emmas fleißige Netzwerkerei „metzlern“. Heute ist in vielen Fällen gerade in der Erbengeneration digitale Kommunikation angesagt. Elena von Metzler, die rund zwei Jahre jüngere Schwester von Franz, bewegt sich überaus sicher in sozialen Medien, spricht gerade junge Frauen an und arbeitet neben ihrer Tätigkeit als Aufsichtsrätin im Private Banking des Bankhauses. Elena ist ein Pfund für die Bank.

Elena und Franz von Metzler, 36 und 38 Jahre alt, haben im Bankhaus Metzler einflussreiche Positionen inne: Franz ist Mitglied des Vorstands und Elena Mitglied des Aufsichtsrats. Den Geschwistern gehören zusammen 80 Prozent der Bankanteile.Wolfgang Stahr

Ihr Bruder Franz hat einen Großteil seiner Karriere im Fondsgeschäft verbracht. Es wirkt daher durchaus konsequent, dass er nun auch in der eigenen Bank im Vorstand die Verantwortung im Vorstand dafür trägt. Aber es wäre wohl für jeden auch eine Bürde. Der Kostendruck ist hoch durch den Trend zu ETFs und Auslagerungen. Es ist schwer zu erkennen, wie Franz von Metzler in diesem Geschäftsfeld punkten will.

Möglicherweise wird er gezwungen sein, im Fondsgeschäft eines Tages die Weichen stärker auf Spezialisierung und möglicherweise Teilverkäufe zu stellen. Auf Dauer erscheint es plausibel, dass Franz später das Private Banking von Wiesheu übernimmt. Als junger Familienunternehmer könnte er glaubwürdig die Erbengeneration und erst recht auch junge Gründer emotional für das Bankhaus begeistern. Bis dahin heißt es durchmetzlern.

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