Auktion in Köln: Der Betrachter ist mit im Bild

Seit 22 Jahren belegt Gerhard Richter den Spitzenplatz im „Kunstkompass“-Ranking des Wirtschaftsmagazins „Capital“, das die weltweit gefragtesten Künstler der Gegenwart auflistet. Dieses Jahr führt er außerdem die „Top 100“-Liste der einflussreichsten Menschen im Kunstbetrieb auf, die das „Monopol“-Magazin erstellt. Die umfassende Retrospektive des 93-Jährigen in der Fondation Louis Vuitton in Paris hat das Ihre dazu beigetragen.

Bei dem Kölner Auktionshaus Van kommen am 3. Dezember acht Editionen aus dem Œuvre Richters zum Aufruf – darunter die Farbfotografie „Mustangs“ aus dem Jahr 2005. Für sie reproduzierte er sein in Öl ausgeführtes Fotomalerei „Mustang-Staffel“ von 1964 mit amerikanischen Jagdflugzeugen im Bild als Farbfotografie und ließ es hinter stark spiegelndes Glas aufziehen, sodass der Betrachter selbst Teil des Motivs wird. Das 88 mal 150 Zentimeter große, auf mehreren Ebenen selbstreflexive Bild soll 120.000 bis 180.000 Euro einspielen (Auflage von 48).

Farbfotografie hinter stark spiegelndem Glas: Gerhard Richter, „Mustangs“, 2005, Auflage von 48, Taxe 120.000 bis 180.000 EuroVan Ham

Bei seiner 1984 in Rakeltechnik entstandenen Edition „Goldberg-Variationen“ verwendete Richter als Bildträger die Schallplatte, die der kanadische Pianist Glenn Gould 1982 mit Johann Sebastian Bachs „Goldberg-Variationen“ eingespielt hat. Das erste Exemplar der Auflage kommt erstmals auf den Kunstmarkt und ist auf 40.000 bis 60.000 Euro taxiert (Auflage von 100). Andy Warhol belegt hinter Joseph Beuys Platz zwei beim Ranking der verstorbenen Künstler im „Kunstkompass“: Der Großmeister der Pop-Art ist beim „Evening Sale“ unter anderem mit dem Porträt „Beautiful Lady“ einer deutschen Geschäftsfrau aus dem Jahr 1984 vertreten. Es befand sich bisher in Besitz der Dargestellten (Taxe 300.000 bis 500.000 Euro).

Mit einer Schätzung von 400.000 bis 600.000 Euro versehen, ist Peter Doigs 1996 gemaltes „Camp Forestia“ das teuerste Los der 65 Positionen umfassenden Offerte: Das geheimnisvoll wirkende Ölgemälde des Schotten behandelt das wiederkehrende Motiv eines Hauses, das sich im Wasser spiegelt – gut erkennbar an der ebenfalls angebotenen Ölstudie zum Werk (250.000/350.000). Beide Arbeiten stammen aus der Sammlung der Bremer Landesbank.

Auf dem Lande: Max Pechsteins Ölbild „Dorfhäuser“ von 1921, Taxe 300.000 bis 500.000 EuroVan Ham

In eine Straße mit eng aneinandergereihten Dorfhäusern führt Max Pechstein den Betrachter. Den Maler zog es immer wieder aus Berlin nach Leba ins ländliche Pommern, wo er die unberührte Landschaft und das einfache, vermeintlich friedvolle Leben suchte. Nach fast 100 Jahren wird das Werk erstmals wieder auf dem Kunstmarkt angeboten – aus einer bedeutenden Sammlung mit klassischer Moderne in Südamerika. Aus dem Besitz kommen auch Alexej Jawlenskys „Blick auf Murnau“ (200.000/300.000) und Pechsteins Südseebild „Der Jüngling“ von 1917 (220.000/320.000).

Skulpturales ist ebenfalls vertreten, allen voran Yves Kleins „Éponge bleue“ – 1959 gefertigt in dem patentierten „International Klein Blue“ (350.000/500.000). Knapp dreißig Jahre zuvor entstand Ernst Barlachs berühmte Skulptur „Der singende Mann“. Bei der offerierten Bronze handelt es sich um den ersten Lebzeitguss von 1930, der zudem eine besondere Oberfläche aufweist; mehr Modellation und eine ins Rötliche changierende Patina lassen die 49 Zentimeter hohe Figur besonders plastisch wirken (Exemplar von 10; 200.000/300.000).

Wie ein Unheilsbote blickt die Maske auf Felix Nussbaums Stillleben von 1935. Der jüdische Künstler wurde in der NS-Zeit verfolgt und lebte im Exil in Ostende, wo das Ölgemälde entstand – bevor er 1944 in Auschwitz ermordet wurde (100.000/150.000). Die Erwartungen für Van Hams Auktionen moderner und zeitgenössischer Kunst am 3. und 4. Dezember belaufen sich auf 13,5 Millionen Euro. Dazu zählen auch die Sammlungsverkäufe der Galerie Thomas.

Source: faz.net