Ein paar Wochen noch, dann soll es losgehen. Im April will Roman Zitzelsberger in Stuttgart aufs Fahrrad steigen und solange bis nachher Griechenland radeln, vier Wochen, 2000 Kilometer, nur er nur, sein Fahrrad und die Strecke. Er freue sich sehr darauf, sagt Zitzelsberger. „Es muss jetzt wie geschmiert irgendwas total Entschleunigendes sein.“ Zwei Monate Auszeit will er sich nehmen z. Hd. die Radtour und den Aufenthalt in Griechenland, dem Land, dasjenige dieser Badener seine zweite Heimat nennt, und wo er ein Ferienhäuschen hat. Zitzelsberger ist 57 Jahre frühzeitlich. Die Radtour in den Süden soll so irgendwas wie dieser Start in sein neues Leben werden.
Aber jetzt ist er noch in Stuttgart. Es ist dieser Tag nachher Aschermittwoch, ein sonniger warmer Februarmorgen in Feuerbach, einem Stadtteil im Norden Stuttgarts. Hier, in dieser Bezirksverwaltung dieser IG Metall in Baden-Württemberg, ist Zitzelsberger mit dieser Fluor.A.Sulfur. verabredet. Vereinbart ist ein offenes Gespräch via dasjenige vergangene Jahr, in dem sich seine Lebensplanung komplett gedreht hat. Ein Jahr, in dem Zitzelsberger strikt an die Grenzen dieser eigenen Belastbarkeit gestoßen ist. Aber sekundär ein Jahr via dasjenige er trotz allem „total happy“ sei. Das sagt er gleich zu Beginn.
Roman Zitzelsberger war solange bis vor Kurzem einer dieser einflussreichsten Gewerkschafter in Deutschland. Als langjähriger Bezirksleiter dieser IG Metall im Südwesten hat er mehrere Pilot-Tarifabschlüsse ausgehandelt, die z. Hd. die konzis vier Millionen Beschäftigten dieser Metall- und Elektroindustrie im gesamten Bundesgebiet übernommen wurden. Als Vertreter dieser IG Metall sitzt er in den Aufsichtsräten dieser schwäbischen Dax-Konzerne Mercedes-Benz und Daimler Truck sowie im Kontrollgremium von ZF Friedrichshafen.
Zitzelsberger, dieser kampferprobte Tarifverhandler, war aufwärts dem Weg nachher ganz oben in dieser IG Metall. Er galt qua dieser Kronprinz und Wunschnachfolger des früheren IG-Metall-Bundesvorsitzenden Jörg Hofmann, dieser ebenfalls aus Baden-Württemberg stammt. Zitzelsberger sagt, er hätte den Spitzenjob sehr gerne gemacht. Aber mit Christiane Benner, dieser damaligen Nummer zwei dieser IG Metall, hatte er eine starke Konkurrentin. Zeitweise war eine Doppelspitze aus Benner und Zitzelsberger geplant, eine aus dieser Not geborene Kompromisslösung, die nicht gut ankam in dieser Gewerkschaft.
Im Urlaub bekam er den Kopf nicht mehr ungenutzt
Dann erklärte Zitzelsberger im April 2023 Knall aufwärts Fall seinen Verzicht aus gesundheitlichen Gründen. Er habe eine „heftige Überlastungsreaktion“ seines Körpers erlitten, sagte er in vergangener Zeit. Es habe ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Damit war dieser Weg z. Hd. Benner ungenutzt. Im Oktober wurde sie aufwärts dem Gewerkschaftstag in Frankfurt qua erste Frau an die Spitze dieser IG Metall gewählt. Zitzelsberger dagegen kündigte Ende November an, sekundär seinen Posten qua Bezirksleiter in Baden-Württemberg aufzugeben. Ein abrupter Ausstieg nachher 35 Jahren IG Metall.
Im Gespräch mit dieser Fluor.A.Sulfur. schildert Zitzelsberger den Tag, an dem sein Leben eine neue Richtung bekam. Er ist ein drahtiger Typ, kantiges Kinn. Wenn er spricht, klingt dieser weiche badische Zungenschlag seiner Heimat durch. Es war vor ziemlich genau einem Jahr, Ende Februar 2023. Zitzelsberger hatte eine Woche ungenutzt und war mit seiner Lebensgefährtin zum Skiurlaub in die Schweiz gefahren. Er hatte professionell eine sehr fordernde Zeit hinter sich, fühlte sich ausgebrannt, wollte ausspannen. Aber er merkte, dass er den Kopf nicht ungenutzt bekam. „Zu keinem Zeitpunkt hat dasjenige Rädchen aufgehört, sich zu rotieren“, sagt er. „Das kannte ich nicht. Ich hab es sonst immer geschafft, mich runterzuholen.“
Vier Tage war er aufwärts dieser Skipiste. Am letzten Tag, einem Freitag, ging er morgens noch mit dem Hund spazieren. Das Wetter sei super gewesen, erinnert er sich, strahlender Sonnenschein. Zitzelsberger kam zurück und wollte sich in dieser Kochkunst dieser Ferienwohnung verdongeln Tee zeugen. „Und plötzlich kriegte ich Lähmungen. Ich stehe vor dem Wasserkocher, will ihn anschalten und kann mich aufwärts einmal nicht mehr in Bewegung setzen.“
Dann löst sich die Paralyse, ungeachtet er bekommt Herzrasen und beginnt heftig zu zittern. Todesangst schießt ihm in die Glieder. „Ich dachte: Okay, dasjenige war’s jetzt.“ Er schafft es aufwärts die Couch, legt sich hin, es wird irgendwas besser. Eigentlich wollten seine Lebensgefährtin und er am Wochenende noch Freunde treffen z. Hd. eine Skitour, aufwärts die habe er sich zuvor tierisch gefreut, sagt Zitzelsberger. Aber dasjenige kam nun nicht mehr in Frage. „Ich war durch, ich konnte nicht mehr.“
„Da passiert irgendwas mit dir, welches du nicht im Griff hast.“
Auf dem Nachhauseweg nachher Stuttgart ruft er nachmittags seinen Hausarzt an und sagt ihm, dass er am Montagmorgen gleich zwischen ihm vorbeikomme. Wenn nötig, solle er sich sekundär am Wochenende nochmals melden, antwortet dieser Arzt. Daheim angekommen, schaltet Zitzelsberger dasjenige Handy aus. „Ich wollte nichts sehen, ich wollte nichts lauschen.“ Verbleibend dasjenige Wochenende wächst mit jeder Stunde die Angst. „Das Krasse war, dass ich dasjenige gar nicht einordnen konnte. Da passiert irgendwas mit dir, welches du nicht im Griff hast.“ Er denkt, dass sein Leben qua gesunder Mensch, so wie er es bisher geführt hat, vorbei ist.
Das Zittern geht nicht weg, er fühlt sich weiter wie unter Strom. Dass er im Urlaub, wenn er mal raus war aus dieser Tretmühle des Arbeitsalltags, laborieren wurde, war nichts Neues z. Hd. ihn. „Das Kontakt haben ja viele Menschen, dass es verdongeln dann holt.“ Aber dieses Mal war es plan nicht bloß ein Hexenschuss, eine Grippe oder eine andere harmlose Sache.
Er informiert noch am Wochenende IG-Metall-Chef Hofmann und dessen Vorstandskollegen Benner und Jürgen Kerner darüber, dass er eine Auszeit braucht. Eigentlich waren Termine geplant, aufwärts denen er verbinden mit Benner und Kerner weiter z. Hd. die geplante Doppelspitze werben wollte. Daraus wurde nun nichts. „Sehr zusammenwirkend und verständnisvoll“ hätten die anderen reagiert, sagt Zitzelsberger. Aber in diesem Augenblick sei sowieso was auch immer andere außer dieser Gesundheit zweitrangig gewesen.
Ein paar Tage vor dem Fluor.A.Sulfur.-Gespräch mit Zitzelsberger in Stuttgart wird in den Nachrichten via eine neue Umfrage einer Krankenkasse zum Thema Burnout berichtet. Sechs von zehn Arbeitnehmern in Deutschland sehen sich demnach gefährdet, verdongeln Burnout zu erleiden, jeder fünfte hält sich sogar z. Hd. stark gefährdet. Im Vergleich zur Zeit vor dieser Corona-Pandemie ist dasjenige ein deutlicher Anstieg.
„Immer nur Vollgas gefahren“
Zitzelsberger dagegen sagt von sich, er habe vorher nie Angst vor einem Burnout gehabt. Er war ein Arbeitstier. 14-Stunden-Tage, viele Abendtermine, häufiges Arbeiten sekundär am Wochenende, dasjenige war viele Jahre weit sein beruflicher Normalzustand. Der Gewerkschaftsmanager brannte z. Hd. seinen Job, Kinder hat er keine. Er sei „immer nur Vollgas gefahren“, sagt Zitzelsberger. Bis er aus dieser Kurve flog.
Zwei Wochen ist er nachher dem Anfall im Skiurlaub erwerbsunfähig. Der Hausarzt vermittelt ihm den Kontakt zu einem Psychologen in einer Spezialklinik, einem Burnout-Experten. Dem habe er seine Geschichte erzählt und von seiner beruflichen Belastung berichtet. „Der hörte sich dasjenige was auch immer an und dann sagte er: Zitzelsberger, ich habe eine gute Nachricht z. Hd. Sie. Sie sind nicht laborieren.“ Der Anfall, den er erlitten habe, sei eine gesunde Reaktion gewesen. „Der Leib hat ,Stopp‘ gesagt.“
Zwei Möglichkeiten habe er nun, sagte dieser Psychologe. Entweder Zitzelsberger mache weiter wie bisher mit seinem irren Arbeitspensum, dann werde er innerhalb weniger Wochen soweit sein, dass er z. Hd. ein halbes Jahr in stationärer Behandlung lande. Oder ungeachtet, er setze sich jetzt hin und überlege sich, welches er in seinem Leben ändern wolle.
Im Rückblick sei dieses Gespräch z. Hd. ihn dieser beste Moment gar gewesen, sagt Zitzelsberger. Der Psychologe nahm ihm die Angst, dass er von nun an unabänderlich ein seelisches Wrack sein würde, er nahm ihm dasjenige Gefühl dieser Hilflosigkeit. „Ich wusste jetzt, dass ich es selbst in dieser Hand habe und wieder dieser bessere Hälfte werden kann, wenn ich wenige Dinge gravierend ändere.“ Medikamente nahm er nicht, ungeachtet er trug monatelang ein Notfallpäckchen mit Beruhigungsmitteln, die ihm sein Hausarzt verschrieben hatte, zwischen sich. Zum Besten von den Fall, dass er noch mal in so eine Situation wie im Skiurlaub geraten sollte.
Abschied vom Lebenstraum
Zitzelsberger trat kürzer, welches in seinem Fall bedeutete: Statt 14 Stunden am Tag arbeitete er nur noch zehn, und die Wochenenden nahm er sich ungenutzt. Das war immer noch viel mehr qua ihm dieser Psychologe empfohlen hatte und zeitweilig wieder grenzwertig. Wenn er merkte, dass er sich nicht gut fühlte, legte er sich in einem Nebenraum dieser Geschäftsstelle z. Hd. eine halbe Stunde hin und machte Pause. Seinen Mitarbeitern habe er ungeschützt gesagt, dass er an eine Grenze gestoßen sei und Zeit brauche, um sich zu rekonvaleszieren.
Verbleibend Ostern, gut eineinhalb Monate nachher dem Lähmungsanfall, ging er in sich und entschied, dass er nicht in die Bundeszentrale dieser IG Metall nachher Frankfurt wechseln will. Der Lebenstraum vom Gewerkschaftschef war abgehakt. „Aber dasjenige Unterbewusstsein hat jene Entscheidung vermutlich schon viel früher qua dieser Verstand z. Hd. mich getroffen“, sagt Zitzelsberger heute. Dass es nichts werden würde mit dem Führungsposten in Frankfurt, sei ihm da schon nicht mehr wichtig gewesen. Ende April 2023 gab er seinen Retirade von dieser Kandidatur zum IG-Metall-Chef sekundär publik traut.
Zitzelsberger sagt, er sei überrascht gewesen via dasjenige Feedback, dasjenige er bekommen habe. „Es war krass, wie viele Leute mir zurückschauend sagten, dass sie sich schon tief gefragt hätten, warum ich nicht schon längst aufwärts dieser Nase lag zwischen dieser Belastung.“ Ein Verhandlungsführer aus dem Arbeitgeberlager, den er gut kannte, sagte ihm: „Ich hab mich immer gewundert, wie Sie dasjenige im Prinzip was auch immer packen.“ Manager von Unternehmen, die selbst verdongeln Burnout erlitten hatten, meldeten sich zwischen ihm.
Berufliche Drucksituationen kannte Zitzelsberger seit dieser Zeit Jahrzehnten. Schon während seiner Lehre qua Maschinenschlosser im Daimler-Werk im badischen Gaggenau engagierte er sich in dieser IG Metall. Mit 22 Jahren wurde er hauptberuflicher Gewerkschaftssekretär. Es waren schwierige Zeiten in dieser Metallindustrie in vergangener Zeit, in den Neunzigerjahren. Viele Betriebe mussten schließen. Als junger Funktionär saß er mit Mitte zwanzig gestandenen Arbeitern im Gegensatz zu, die seine Väter hätten sein können, und musste ihnen eröffnen, dass sie ihren Job verlieren.
Die Situation machte ihn fertig, er schlief nachts nicht gut. Zitzelsberger befasste sich mit autogenem Training. „Ich habe mich schon Tagesanbruch damit auseinandergesetzt, wie man sich selbst quasi am eigenen Schopf aufwärts dem Sumpf zieht“, sagt er. Der Gewerkschaftsmann lernte, mit dem Stress umzugehen. Zitzelsberger stieg aufwärts in dieser IG Metall, zunächst in Gaggenau, dann in Stuttgart, er absolvierte berufsbegleitend ein Masterstudium in Management in Sankt Gallen. 2013 wurde er Bezirksleiter dieser IG Metall in Baden Württemberg und handelte in dieser Rolle drei Pilot-Tarifabschlüsse z. Hd. die bundesweite Metall- und Elektroindustrie aus.
Aber die letzten zwei Jahre waren zu viel. Im Sommer 2022 musste er sich während des Urlaubs im Ausland jeden Tag aus dieser Ferne mit einer schwierigen und hochgradig unangenehmen personalrechtlichen Angelegenheit in seinem IG-Metall-Bezirk befassen. Er kehrte ausgelaugt und völlig unerholt aus dem Urlaub zurück. Dann ging es in die Tarifverhandlungen, die sich solange bis November hinzogen. Parallel wurde die Frage, wer dem scheidenden IG-Metall-Chef Hofmann nachfolgen sollte, immer drängender. Und dann kämpfte sich Zitzelsberger noch daran ab, ein Modell z. Hd. eine stärker kapitalmarktorientierte Betriebsrente in dieser IG Metall durchzusetzen. Ein kompliziertes Thema, mit dem er sich sieben Jahre weit befasst hat und mit dem er im Herbst 2023 letztlich aufwärts dem Gewerkschaftstag scheiterte. Er sei „aufwärts dem Zahnfleisch gegangen“, sagt Zitzelsberger heute im Rückblick. „Ich habe mit halbem Energielevel 180 Prozent Leistung gebracht.“
Der Workaholic zwingt sich zur Auszeit
Inzwischen ist er praktisch raus. Barbara Resch, seine Nachfolgerin qua Bezirksleiterin, hat im Februar übernommen. Zitzelsberger ist jetzt Einzelkämpfer, er hat keine Assistentin mehr und keinen Fahrer. Er bringt noch die Einlieferung an Resch zu Ende, dann geht es mit dem Fahrrad nachher Griechenland. Er werde sich zu einer Pause zwingen, sagt Zitzelsberger, dieser Workaholic. Erst im Juni will er sich hinsetzen und entscheiden, welches er in Zukunft professionell zeugen will. Er sei ungeschützt z. Hd. was auch immer, sagt er. Es gebe verschiedene Angebote, er habe viele Ideen. Das Thema Künstliche Intelligenz und welches sie z. Hd. die Arbeitswelt bedeutet, beschäftigt ihn, er hat sich hineingearbeitet in den vergangenen Monaten. Aber wer weiß.
Vor allem eines ist ihm wichtig: Er will selbstbestimmter funktionieren in Zukunft. Wenn er mal Zeit z. Hd. andere Dinge nach sich ziehen will, dann soll dasjenige möglich sein. Und Wochenendarbeit soll ein für alle Mal ein z. Hd. nicht mehr da Mal tabu sein.
Zitzelsberger sagt, er sei sanitär wieder gut in Form, voller Lebensfreude und Tatendrang. Eine Zeit wie die vor einem Jahr wolle er nie mehr erleben. Als er sich im Herbst entschied, seinen Posten zwischen dieser IG Metall aufzugeben, da habe sich dasjenige z. Hd. ihn wie eine Befreiung angefühlt, sagt er. „Ich habe gemerkt, wie viel neue Energie mir dasjenige gibt, noch mal komplett ungeschützt nachdenken zu können via meine Zukunft.“