Audio-Streaming: Spotifys große Werbepläne

Mehr als 90 Prozent des Umsatzes von Spotify stammen aus Abo-Einnahmen: So ließ sich das Zahlenwerk des Musikstreaming-Marktführers jahrelang überschreiben. Den allergrößten Teil des Geschäfts machen die Schweden nach wie vor mit zahlenden Nutzern. Doch der Werbesektor gewinnt zusehends an Bedeutung. 13 Prozent (385 Millionen Euro) der rund drei Milliarden Euro Umsatz im jüngsten Quartal steuerte er bei. Dass die schwierige ökonomische Großwetterlage den Werbemarkt nicht kaltlässt, spürt freilich auch Spotify.

Mit 19 Prozent ließ das Wachstum zuletzt im Vergleich mit dem Wert aus dem zweiten Quartal deutlich nach (plus 31 Prozent). Gerade in Europa habe die Krise ihre Wirkung gezeigt, hieß es zur Vorlage der Zahlen. Zudem wurde das schwächere Werbewachstum als ein Grund für die unter der eigenen Prognose liegende Brutto-Marge angeführt. Die Aktie steht ohnehin seit Wochen nicht allzu gut da. Entsprechend hatte Spotify-Chef Daniel Ek nicht zuletzt nochmals betont, dass 2022 ein „Investment-Jahr“ sei. Im Gespräch mit der F.A.Z. schlägt Werbechef Lee Brown in eine ähnliche Kerbe: „Unsere Investments im Bereich Werbung sind langfristig gedacht – auch was Neueinstellungen angeht.“ Das Segment solle perspektivisch 20 bis 30 Prozent des globalen Gesamtumsatzes von Spotify ausmachen, „daher lassen wir uns nicht durch kurzfristige Schwankungen von dieser Strategie abbringen“.

Spotify Technology SA

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Ein ambitioniertes Ziel, von denen es bei Spotify einige gibt. Auf dem Kapitalmarkttag im Mai hatten die Schweden beispielsweise das Erreichen von mehr als einer Milliarde Nutzer in 2030 oder eine Brutto-Marge von 40 Prozent in Aussicht gestellt. Stand Ende September dieses Jahres sind es 456 Millionen, die Brutto-Marge lag im dritten Quartal bei 24,7 Prozent – viel zu tun also. Das Werbegeschäft ist für Spotify auf dem Weg zu diesen Hausmarken ein besonderer Bereich, hängt es doch eng mit der Hunderte Millionen teuren Wette auf den Podcast-Markt zusammen. Hohe Summen, um prominente Podcast-Hosts mit ihren Sendungen exklusiv auf Spotify anbieten zu können, sind da nur ein Teil. Der Dienst hat in den vergangenen Monaten und Jahren auch zahlreiche Übernahmen im Rahmen seiner „Audio first“-Strategie getätigt. Anfang dieses Jahres wurde etwa der Kauf der Unternehmen Podsights und Chartable bekannt gegeben, mit denen die Werbevermarktung und die laufende Analyse von ausgespielten Anzeigen weiter verbessert werden sollen.

Daniel Ek : Bild: Bloomberg

„Gerade der Bereich Podcasts wächst weiterhin stark, und wir sehen ein großes Interesse von Werbekunden“, sagt Brown. Zwar hören auch Nutzer der Gratis-Version zwischen Musikstücken Werbeanzeigen. Doch der Bereich Podcasts ist reizvoller für Werbekunden. Denn hier können Anzeigen fast natürlich in den Fluss eines Podcasts eingebunden werden. Zudem können zahlende Spotify-Nutzer zwar werbefrei Musik hören. Podcast-Werbung wird aber auch ihnen eingespielt. Die Anzeigen erreichen also potentiell deutlich mehr Nutzer. Für Spotify wiederum sind Werbeeinnahmen aus der Podcast-Vermarktung ebenfalls besonders attraktiv, da der Dienst so unabhängiger von der Musikindustrie wird. An diese fließen rund zwei Drittel der Einnahmen der Streamingdienste. Ein höherer Podcast-Konsum lohnt sich für Spotify also gleich doppelt.

„Global betrachtet, konkurrieren wir mit Google, Amazon und Apple um Werbekunden und Hörer“, sagt Brown – „und natürlich gibt es starke lokale Player etwa aus dem Radio-Bereich.“ Die Vermarktung von Digital Audio in Europa sei noch nicht so weit entwickelt wie auf dem US-Markt, sagt er. „Es gab hier aber eben auch nie große digitale Radios wie Pandora.“

Gerade Deutschland hole jedoch sehr gut auf. Doch die „klassische“ Konkurrenz schläft nicht. „Radio ist in Deutschland immer noch ein wichtiger Player, wenn es um Audio-Werbung geht“, sagt Yves Brunschwiler, verantwortlich für das Werbegeschäft in Central Europe. Immerhin nutzten 63 Prozent der Deutschen Musik-Streaming regelmäßig, „davon hören 48 Prozent mit Spotify – Tendenz steigend“. Gerade in der jungen Zielgruppe gewönnen Podcasts an Bedeutung.

Ein grundsätzlicher Optimismus

An Potential mangelt es ohnehin nicht. Laut einer Studie des Werbeverbands Interactive Advertising Bureau dürfte der Umsatz mit Podcast-Werbung bis Ende 2023 in Europa auf 1,5 Milliarden Euro anwachsen. Mögliche Auswirkungen der aktuellen Krise waren hier zwar noch nicht eingepreist. Den grundsätzlichen Optimismus der Schweden trübt diese aber ja ohnehin nicht.

Digitale Audioangebote böten ein „persönliches und personalisiertes Audioerlebnis“, sagt Brunschwiler. „Das bedeutet gleichzeitig, dass wir Werbetreibenden dabei helfen können in unserer App, die passgenaue Zielgruppe im richtigen Moment anzusprechen, und wir geben Einblicke in die Performance der Werbeformate, die in traditionellen, linearen Kanälen wie dem Radio nicht möglich sind.“ Dafür werde das Angebot sukzessive weiter ausgebaut.

Bislang noch nicht für eine sicherlich begehrte Werbevermarktung genutzt wurde dagegen die alljährliche „Wrapped“-Kampagne. Zum Jahresende können Spotify-Nutzer, aber auch Musiker und Podcaster, hier ihren Jahresrückblick in den sozialen Medien teilen. Man ermuntere Werbekunden natürlich, ebenfalls ihre Wrapped-Kacheln zu posten, sagt Lee Brown, aber: „Es ist vor allem eine reichweitenstarke Kampagne, um die Marke Spotify selbst zu stärken.“ Schließlich sollten die Nutzer- und Abonnenten-Zahlen noch lange weiter wachsen.

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