Antony Blinken: USA lehnen langfristige israelische Besatzung des Gazastreifens ab – WELT

US-Außenminister Blinken betont, dass die USA eine langfristige israelische Besatzung des Gazastreifens nicht zulassen wollen und wirft der Hamas vor, bei den Verhandlungen einen Rückzieher zu machen. Israels Ministerpräsident Netanjahu beharrt auf der Kontrolle über den Philadelphi-Korridor.

Die USA sind nach Angaben von Außenminister Antony Blinken gegen eine dauerhafte Präsenz Israels im Gazastreifen. Washington lehne eine „langfristige“ israelische Besatzung im Gazastreifen ab, sagte Blinken am Dienstag vor seinem Rückflug nach Washington in Doha. Gleichzeitig mahnte er, dass „Zeit von entscheidender Bedeutung“ bei den Verhandlungen um eine Waffenruhe sei.

Blinken war am Dienstag zunächst nach Ägypten gereist, wo er unter anderem mit Präsident Abdel Fattah al-Sisi zusammentraf. In der ägyptischen Hauptstadt Kairo sollen im Laufe der Woche die am Freitag in der katarischen Hauptstadt Doha unterbrochenen Gespräche wiederaufgenommen werden. Von Kairo reiste Blinken nach Doha, um den katarischen Staatschef Scheich Tamim bin Hamad al-Thani zu treffen.

„Maximalistische Äußerungen sind nicht konstruktiv“, so Blinken

Während US-Außenminister Antony Blinken in den Vermittlerländern Ägypten und Katar über das angestrebte Abkommen sprach, warf ein Mitglied seiner Delegation Israel überzogene Forderungen vor.

Das Delegationsmitglied, das nicht namentlich genannt werden wollte, bezog sich auf Berichte, wonach der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei den Verhandlungen verlange, die Kontrolle über den sogenannten Philadelphi-Korridor an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten zu behalten. „Maximalistische Äußerungen wie diese sind nicht konstruktiv, um eine Waffenruhe-Vereinbarung über die Ziellinie zu bringen“, sagte der mit Blinken reisende hochrangige US-Vertreter.

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Nach einem Gespräch mit Netanjahu sagte Blinken am Montag, dieser habe ihm bei einem „sehr konstruktiven Treffen“ bestätigt, den Kompromissvorschlag akzeptieren zu wollen. Nun sei es an der Hamas, dem Vorschlag zuzustimmen.

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Nach den Worten von US-Präsident Joe Biden rückt die Palästinenserorganisation jedoch von einem Abkommen mit Israel ab. „Israel sagt, sie können eine Lösung finden (…), Hamas macht nun einen Rückzieher“, sagte Biden.

Hamas weist Joe Bidens Äußerung als „irreführenden Behauptungen“ zurück

Die Hamas wies diese Äußerungen als „irreführenden Behauptungen“ zurück. Damit gäben die USA Israel „grünes Licht“ dafür, den Krieg weiterzuführen, hieß es in einer Erklärung. In Wirklichkeit sei die Hamas sehr daran interessiert, ein Abkommen für eine Waffenruhe zu erreichen.

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Die Dringlichkeit einer Vereinbarung machte die Bergung von sechs getöteten israelischen Geiseln aus dem Gazastreifen deutlich. Die Körper der bereits zuvor für tot erklärten Israelis seien aus dem Gebiet von Chan Junis zurückgeführt worden, teilte die israelische Armee mit.

Demnach handelte es sich um Jagev Buchschtab, Alexander Dancyg, Joram Metzger, Nadav Popplewell, Chaim Perry sowie Avraham Munder. Die Bergung erfolgte demnach bei einem gemeinsamen Einsatz mit dem Inlandsgeheimdienst Schin Bet.

Familien der Hinterbliebenen üben Druck auf Israels Regierung aus

Die Familien der noch im Gazastreifen festgehaltenen Menschen forderten die israelische Regierung erneut auf, ihre Angehörigen im Rahmen eines mit der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas geschlossenen Abkommens zurück nach Israel zu bringen. Die israelische Regierung müsse „alles in ihrer Macht Stehende“ für ein entsprechendes Abkommen tun, erklärte das Forum der Geiselfamilien.

Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge 1198 Menschen getötet und 251 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Gegenseitige Angriffe

Am Dienstag feuerte die Hisbollah-Miliz israelischen Angaben zufolge „etwa 55 Geschosse“ auf die von Israel annektierten Golanhöhen und den Norden Israels ab. Berichte über Verletzte gab es nicht. Allerdings brach an mehreren Orten Feuer aus. Das libanesische Gesundheitsministerium erklärte, bei israelischen Luftangriffen seien im Süden des Libanon vier Personen getötet worden.

Bei den Angriffen auf das Dorf Dhayra seien zwei weitere Menschen verletzt worden, erklärte das Ministerium am Dienstag. Ob es sich um Kämpfer oder Zivilisten handelte, wurde nicht mitgeteilt.

Das israelische Militär teilte mit, die Luftwaffe habe Raketenwerfer und zahlreiche Militärstrukturen der Hisbollah im Süden des Libanon getroffen.

Angriff auch im Landesinneren des Libanon

Bei Luftangriffen im Landesinneren des Libanon ist nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums mindestens ein Mensch getötet worden. Sechzehn weitere wurden demnach bei den Angriffen kurz nach Mitternacht (Ortszeit) verletzt.

Libanesischen Sicherheitskreisen zufolge trafen die Luftschläge die Bekaa-Ebene nahe der Stadt Baalbek im Nordosten des Landes. Die Gegend gilt als Hochburg der schiitischen Hisbollah-Miliz.

Verteidigungsminster – Israel verlagert Aufmerksamkeit von Gaza nach Libanon

Israel verlagert seine Aufmerksamkeit nach Angaben von Verteidigungsminister Joav Galant vom Gazastreifen auf die Grenze mit dem Libanon. Bei einer Reise durch den Norden Israels sagte Galant am Dienstag, das Land habe seine Aktivitäten im Gazastreifen zurückgeschraubt und wende sich zunehmend den Kämpfern der Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon zu. Es handele sich um eine graduelle Verlagerung: „Wir haben noch immer eine Reihe von Missionen im Süden.“

AP/AFP/lk

Source: welt.de

7. Oktober 2023)Antony J.BenjaminBidenBlinkenGaza-StreifenIsrael (Hamas-Angriff auf IsraelIsrael-PolitikJoseph (Sohn/geb.1969)NetanjahuNewsteamtexttospeech