Die Geschichte des Käses ist alt. Sogar Mumien wurden damit begraben. Nun haben Forscher 3500 Jahre alte Kefir-Brocken aus China analysiert. Es zeigt sich: Die Menschen damals hatten ganz ähnliche Unverträglichkeiten wie heute.
Schon vor rund 3500 Jahren wurde auf dem Gebiet des heutigen Chinas Kefir hergestellt. Das zeigt die Analyse von Brocken, die an Kopf und Hals von Mumien gefunden wurden.
Die Ergebnisse bestätigen, dass sich das säuerliche Milchprodukt vom Nordkaukasus aus nach Europa und in andere Regionen ausbreitete, berichten Mumienforscher im Fachmagazin „Cell“. Zudem gab es offenbar eine weitere Verbreitungsroute von Xinjiang im westlichen China in andere ostasiatische Binnenregionen wie Tibet gegeben.
Uralte Verfahren, um Milch zu fermentieren
Die Fermentation von Milch kann bis 6000 bis 4000 Jahre vor Christus in Indien zurückverfolgt werden. Die Bevölkerung im Mittelmeerraum wiederum hat bereits 7000 Jahre vor Christus Käse produziert und konsumiert.
Das Team um Qiaomei Fu vom Institute of Vertebrate Paleontology and Paleoanthropology der Chinese Academy of Sciences in Peking untersuchte Bröckchen aus Kefirkäse, die sich an Kopf und Hals von Mumien einer Fundstätte im Tarimbecken in Xinjiang fanden, der autonomen Region der uigurischen Nationalität in der Volksrepublik.
„Lebensmittel wie Käse sind halten sich kaum einmal über Tausende von Jahren, was den Fund zu einer seltenen Gelegenheit machte“, erklärte Fu. Die Mumien mit den Milchprodukten waren vor zwei Jahrzehnten am Xiaohe-Gräberfeld in Xinjiang entdeckt worden.
Kefir ist ein dickflüssiges Sauermilchprodukt, das durch einen Gärungsprozess entsteht, an dem neben Milchsäurebakterien auch Hefen beteiligt sind. Genau wie aus Milch lässt sich daraus auch Käse herstellen.
Eine Untersuchung von 2021 hat erbracht, dass die Menschen, die den Xiaohe-Bestattungsplatz angelegt haben, laktoseintolerant waren, also keinen Milchzucker vertrugen. Die Herstellung eines Milchprodukts, bei dem ein Großteil dieser Laktose verbraucht wird, habe es den Menschen ermöglicht, Milch als Nahrungsmittel zu nutzen, ohne dabei Verdauungsprobleme zu bekommen, merken Fu und Kollegen an. Außerdem sei Kefir haltbarer als Rohmilch.
Laut Analyse stammt die Milch für den Kefirkäse in zwei untersuchten Proben von Kühen, in einer weiteren Probe von Ziegen. Die damaligen Kefirhersteller könnten also Kuh- und Ziegenmilch gemischt haben, wie es heute bei der Herstellung von Käse in Griechenland und im Mittleren Osten praktiziert wird.
Widerstandsfähiger und verträglicher
Die Forscher fanden zudem das Erbgut zahlreicher Mikroorganismen, vor allem Bakterien und Pilze. Sie untersuchten das Genom des Bakteriums Lactobacillus kefiranofaciens, das auch in heutigem Kefir vorkommt, und verglichen es mit heute verwendeten Bakterienkulturen. Diese haben sich demnach im Laufe der Geschichte angepasst, sind heute besser gewappnet gegen antibiotisch wirkende Gifte. Anpassungen bei der Wand der Bakterienzelle führten wahrscheinlich dazu, dass sie verträglicher für den menschlichen Darm wurden. Hier könnte der Mensch durch Auswahl besser verträglicher Stämme die evolutionäre Entwicklung beeinflusst haben, heißt es in der Studie.
Probiotische Bakterien wie einige Lactobacillus-Arten werden als Darmbewohner mit gesundheitlichen Vorteilen in Verbindung gebracht. Sie beeinflussen unter anderem das Immunsystem und können das Risiko von Infektionen und Entzündungen verringern. Die Zahl der Mikroben in fermentierten Lebensmitteln dürften nach Schätzungen der Forscher 10.000-mal höher liegen als in frischen.
dpa/gra
Source: welt.de