Die EU will KI mit einer Ampel regulieren: Verbot, Kontrolle, Freigabe. Doch wer überwacht die Einhaltung? Betriebsräte und Gerichte stehen vor großen Herausforderungen – besonders bei Machtfragen. Klar ist: Die Debatte hat erst begonnen
Wie kann Künstliche Intelligenz reguliert werden? Und von wem? Das ist eine der wichtigsten Fragen unserer Zeit. Das scheint die EU-Kommission schon vor längerer Zeit erkannt zu haben und hatte eine Verordnung zum Thema in Auftrag gegeben, die am 1. August 2024 in Kraft getreten ist. Ziel waren einheitliche Regeln für alle KI-Eigentümer in der EU. Für den Einsatz von KI-Anwendungen wurde unter anderem eine Ampel entwickelt: Rot, also verboten, sind zum Beispiel KI-Systeme zur Emotionserkennung am Arbeitsplatz, wie sie in Callcentern zum Einsatz kommen (könnten). Gelb bedeutet, dass Anwendungen stark reguliert werden müssen, Grün attestiert Unbedenklichkeit.
Doch wer kümmert sich um die richtige Einschätzung von Anwendungen und die Einhaltung der Ampel? „Wenn es Betriebsräte gibt, was leider in zu wenigen Betrieben der Fall ist, dann können sie sich auch mit darum kümmern, dass Arbeitgeber die Regeln einhalten“, erklärt Johanna Wenckebach, die als Juristin im Vorstand der Gewerkschaft IG Metall arbeitet. Und wenn der Betriebsrat sich gegenüber seinem Arbeitgeber nicht durchsetzen kann? Dann werden „Streitigkeiten aus den Betrieben über die Reichweite von Mitbestimmungsrechten in Bezug auf Künstliche Intelligenz vor den Arbeitsgerichten landen“, so Wenckebach. „Gerade im Arbeitsrecht wird die Auslegung durch die Gerichte prägend und wichtig sein.“ Doch hier kommt das nächste Problem ins Spiel: „Von Diskriminierung betroffene Menschen klagen selten. Es wird wahnsinnig schwierig, zu beweisen, dass diskriminierende Datensätze zu diskriminierenden Entscheidungen beim Einsatz von KI führen.“
Tarifverträge für die Tech-Branche
KI wird die Arbeitswelt also vor allem als Macht- und Eigentumsfrage weiterbeschäftigen. Das zeigt auch diese Verordnung wieder deutlich. Gewerkschaften stehen vor der Herausforderung, ihre Betriebsräte zu schulen und ihren Mitgliedern den Rücken zu stärken bei den Auseinandersetzungen mit den KI-Eigentümern und -Verwendern. Wenn Gewerkschaften genug Macht aufbauen, können auch Tarifverträge regulierend wirken, doch die sind gerade in der Tech-Branche selten. Der Politik käme die Rolle zu, Kontrollinstanzen zu schaffen und die Mitbestimmung zu stärken, also die Gründung von Betriebsräten zu erleichtern und sie vor allem mit mehr Rechten auszustatten.
„Vor allem bei Datenschutz, Personalplanung, Qualifizierung und Weiterbildung brauchen wir mehr Mitbestimmung“, sagt Wenckebach. „Nichts davon regelt die KI-Verordnung.“
Placeholder image-1
Politik von unten
Nina Scholz schreibt in ihrer Kolumne Politik von unten unter anderem über Arbeitskämpfe und die so genannte Gig-Economy