Ampelstreit: Christian Lindner fordert Kehrtwende in Wirtschafts- und Finanzpolitik

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plädiert in einem 18-seitigen Grundsatzpapier für ein Umsteuern der deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik. Dazu distanziert sich er in Teilen deutlich von der gemeinsamen Politik der Ampelregierung in den vergangenen drei Jahren. Der FDP-Chef spricht sich in dem Papier für eine „Wirtschaftswende mit einer teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen“ aus, um „Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden“. 

Lindner legt das Konzept mitten in dem von ihm geforderten „Herbst der Entscheidungen“ in der Bundesregierung vor. Das Schreiben, das ZEIT ONLINE vorliegt, enthält mehrere Forderungen, die in der Ampelkoalition umstritten sind. 

Der Minister fordert in seinem Papier unter anderem die Abschaffung des Solidaritätszuschlags „als Sofortmaßnahme“. Dieser solle „in einem ersten Schritt im Jahr 2025 um 2,5 Prozentpunkte auf drei Prozent abgesenkt werden“, 2027 könne er dann vollständig entfallen. Parallel solle die Körperschaftssteuer 2025 um zwei Prozentpunkte reduziert und in weiteren Schritten 2027 und 2029 zusätzlich gesenkt werden, fordert Lindner. 

Linder will mehr beim Bundeshaushalt sparen

Neue Gesetzesvorhaben sollten zudem entweder ganz entfallen oder, wo dies nicht möglich sei, so ausgestaltet sein, dass Bürokratie und Regulierung durch das Vorhaben sinken und keinesfalls steigen. Genannt werden in diesem Zusammenhang zum Beispiel Pläne von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für ein Tariftreuegesetz sowie das Lieferkettengesetz.

Des Weiteren fordert Lindner in seinem Papier ein Ende des deutschen Alleingangs beim Erreichen der Klimaziele. Die politisch forcierte Dekarbonisierung führe zu stark steigenden Energiekosten. „Es hilft dem Klimaschutz nicht, wenn Deutschland als vermeintlicher globaler Vorreiter möglichst schnell und folglich mit vermeidbaren wirtschaftlichen Schäden und politischen Verwerfungen versucht, seine Volkswirtschaft klimaneutral aufzustellen.“ Nationale Ziele müssten durch europäische Klimaziele ersetzt werden, schreibt der Bundesfinanzminister.

Angesichts der Einbußen bei der Steuerschätzung verlangt Lindner für den Bundeshaushalt 2025 weitere Einsparungen. Die Einnahmebasis habe sich um elf Milliarden Euro verringert. Gleichzeitig erhöhten sich aber die Ausgaben für das Bürgergeld und die Kosten der Unterkunft sowie für die Förderung der erneuerbaren Energie weiter. Der höhere Verschuldungsspielraum durch die Anpassung der sogenannten Konjunkturkomponente der Schuldenbremse müsse ausschließlich verwendet werden, um Mindereinnahmen auszugleichen, schreibt der Bundesfinanzminister.

Zahlreiche Alleingänge der Koalitionäre

Lindner hatte nach Spiegel-Informationen sein Papier dem Kanzleramt vorgelegt, bevor es am Freitagnachmittag veröffentlicht wurde. Der Inhalt des Grundsatzpapiers von Linder könnte einen neuen Streit in der Ampelkoalition auslösen. Erst vor anderthalb Wochen hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einem Papier einen milliardenschweren, schuldenfinanzierten Staatsfonds vorgeschlagen, um Investitionen von Firmen zu fördern. Die FDP lehnt dies unter Verweis auf die Schuldenbremse ab.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte unterdessen in einem Alleingang zu einem Industriegipfel eingeladen, zu dem weder Habeck noch Lindner eingeladen wurden. Die FDP-Fraktion veranstaltete eine Art Gegengipfel mit Verbänden des Mittelstands. Ab der kommenden Woche sind weitere separate Gipfeltreffen geplant. Am 4. November trifft sich die FDP-Fraktion mit Wirtschaftsvertretern. Am 15. November folgt dann ein weiteres Wirtschaftstreffen mit dem Kanzler.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plädiert in einem 18-seitigen Grundsatzpapier für ein Umsteuern der deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik. Dazu distanziert sich er in Teilen deutlich von der gemeinsamen Politik der Ampelregierung in den vergangenen drei Jahren. Der FDP-Chef spricht sich in dem Papier für eine „Wirtschaftswende mit einer teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen“ aus, um „Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden“. 

Lindner legt das Konzept mitten in dem von ihm geforderten „Herbst der Entscheidungen“ in der Bundesregierung vor. Das Schreiben, das ZEIT ONLINE vorliegt, enthält mehrere Forderungen, die in der Ampelkoalition umstritten sind. 

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